Innovative Fahrbahnbeläge sollen Asphalt vor Hitzeschäden schützen
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/CQ5VWHSJQRE7HP33IY7AB5L2QI.jpeg)
Konrad Mollenhauer, Fachgebietsleitung Bauingenieur- und Umweltingenieurwesen an der Universität Kassel, vermisst eine Kühlasphaltfläche mit Schlauchleitungen. Durch den Einsatz von Kühlasphalt können Schäden durch Hitze am Asphalt reduziert werden.
© Quelle: Swen Pförtner/dpa
Hitze belastet nicht nur viele Menschen, sondern auch Straßen. Beton etwa versuche sich auszudehnen, erklärt Dirk Kronewald vom Straßen- und Verkehrsmanagement Hessen Mobil. „Dadurch entstehen Spannungen in Betonfahrbahnen. Bei altem und/oder vorgeschädigtem Beton kann es dann zum Bruch, dem sogenannten Blow-up, kommen.“ Asphalt werde durch Hitze weich und verforme sich, wenn durch Lkw immer wieder große Lasten auf ihn einwirken. „Dann bilden sich mit der Zeit Spurrinnen.“ In diesen längs verlaufenden Fahrbahnvertiefungen könne sich Oberflächenwasser sammeln, es könne zu Aquaplaning kommen.
In Hessen wird deshalb an Alternativen zum herkömmlichen Asphalt gearbeitet. In Offenbach etwa existiert seit Mitte 2020 eine Teststrecke, in der der zum Patent angemeldete Straßenbelag „Klimaphalt“ verbaut ist. „Er besteht aus einem Straßenaufbau mit 60 Zentimetern Tiefe und einer hellen Oberfläche, die das Sonnenlicht besser reflektiert als dunkler Asphalt“, erklärt Pressesprecher Fabian El Cheikh.
Das Material, das der Offenbacher Tief- und Straßenbauunternehmer Lutz Weiler entwickelt hat, sei in der Lage, Wasser zu speichern, das unter Sonneneinstrahlung verdunste und so zur Abkühlung der Umgebung beitragen könne.
Feldversuch unter normalen Bedingungen
Auf der 150 Quadratmeter großen Testfläche fahren laut El Cheikh auch Linienbusse. Es sei also ein Feldversuch unter normalen Bedingungen im innerstädtischen Bereich. An der Teststrecke in der Oberen Grenzstraße seien für einen solchen Test gute Bedingungen gegeben: „Es ist nahezu den gesamten Tag über Sonneneinstrahlung auf den Asphalt möglich, es sind keine Leitungen und Rohre im Boden verlegt, und es besteht eine regelmäßige Belastung durch den Busverkehr.“
Begleitet wird der Versuch vom Institut Baucontrol für Baustoff-, Boden- und Umweltprüfungen in Bingen. Drei Jahre lang sollen unter anderem Erkenntnisse gesammelt werden, wie belastbar das Material ist und ob es im Sommer zu einer messbaren Abkühlung der Umgebung kommt. Ob der neue Straßenbelag in Offenbach weiter verwendet wird, hängt El Cheikh zufolge von diesen Ergebnissen ab. Zuletzt sei das auch eine Entscheidung der Politik, „da die Kosten für den Klimaphalt auch wegen des notwendigen und aufwendigen Straßenaufbaus höher sind als für eine normale Straßensanierung an der Oberfläche“.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/RHFIA6VSSBHBPAT6TSEOMXPSDU.jpeg)
Die Oberflächentemperatur von einer Kühlasphaltfläche wird mit einer Infrarotkamera auf einem Bildschirm angezeigt. Durch den Einsatz von Kühlasphalt können Schäden durch Hitze am Asphalt reduziert werden.
© Quelle: Swen Pförtner/dpa
Dissertation zum Thema Asphaltkühlung und Glatteisvermeidung
An der Uni Kassel wird aktuell im Rahmen einer Promotion an einem geothermischen System geforscht, mit dem Asphalt im Sommer gekühlt und zugleich im Winter Glättebildung verhindert werden kann. Dazu sind in der obersten Asphaltschicht Rohrleitungen eingebaut, durch die im Sommer kaltes Wasser fließt und so die Straße kühlt. „Die dabei gewonnene Wärmeenergie wird in einer Wärmetauschanlage gespeichert und im Winter wieder abgegeben“, erklärt Konrad Mollenhauer, Professor am Fachbereich Bauingenieur- und Umweltingenieurwesen und Betreuer der Doktorarbeit.
Die Grundidee sei nicht neu, aber in dem Kasseler Forschungsprojekt werde sie optimiert. „Es wird etwa untersucht, welchen Abstand die Leitungen optimalerweise haben sollten und welche Gesteinskörnung sich am besten eignet“, erläutert Mollenhauer. Bestenfalls sei mit dem System eine Kühlung des Asphalts um bis zu 20 Grad möglich. Getestet wird der Straßenbelag aktuell auf Probeflächen in Köln.
Bisher keine nennenswerten Hitzeschäden
Bislang halten die Straßen landes- wie bundesweit der Hitze großenteils stand. Frankfurts leitende Baudirektorin Michaela Kraft führt das auf die von der Stadt eingesetzten Asphaltmischungen zurück, die sich bewährt und als sehr robust gegenüber hohen Temperaturen erwiesen hätten. „Aufgehellten Asphalt haben wir schon an verschiedenen Stellen eingebaut.“ Er werde aber nur in Ausnahmefällen verwendet, da der Einbau mit deutlich höheren Kosten verbunden sei. „Konkrete Erfahrungswerte, inwiefern sich dieser in seiner Hitzebeständigkeit gegenüber herkömmlichem Asphalt unterscheidet, haben wir noch nicht.“
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/7AEZAOFJWBFENNGJWVAFZNUFFI.jpeg)
Eine durch Hitze verursachte Spurrinne ist auf einer Asphaltfläche zu sehen. Durch den Einsatz von Kühlasphalt können Schäden durch Hitze am Asphalt reduziert werden.
© Quelle: Swen Pförtner/dpa
Auch auf den Bundesautobahnen seien deutschlandweit aktuell keine Hitzeschäden aufgetreten, sagt Benedikt Dederichs, Pressesprecher der Autobahn GmbH des Bundes. Dennoch gelte: „Bei hohen Temperaturen sollte besonders aufmerksam gefahren werden.“
Denn bei hohen Temperaturen kann sich der Bitumen im Asphalt verflüssigen und durch die Straßendecke austreten. Dadurch wiederum können Autoreifen beschädigt oder sogar zerstört werden.
Ausfall von bis zu einem Drittel der Bitumenversorgung?
Apropos Bitumen (lateinisch für Erdpech): Da ein Großteil des Rohmaterials, das hauptsächlich aus Kohlenstoff und Wasserstoff besteht und meist durch Vakuumdestillation aus Erdöl gewonnen wird, aus Russland stammt, sind auch die Preise in den vergangenen Monaten merklich gestiegen. Zudem sind zentrale Raffinerien von Lieferungen aus Russland abhängig. Einige Experten befürchten deshalb einen Ausfall von bis zu einem Drittel der Bitumenversorgung.
Nach Angaben des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie (HDB) lag der Preis für in Deutschland großenteils aus russischen Rohstoffen produziertes Bitumen im Juni um 69,6 Prozent über dem Niveau von Juni 2021. Absolute Zahlen nennt das Statistische Bundesamt, von dem die Zahlen stammen, nicht. Die Preissteigerungen beim Bitumen, so der HDB, wirke sich mittlerweile auch auf den Preis für Asphalt aus, der nun um 30,2 Prozent über dem des Vorjahrs liege.
RND/dpa/dk
Laden Sie sich jetzt hier kostenfrei unsere neue RND-App für Android und iOS herunter