Verfassungsbeschwerde

96 Stunden lang gefesselt: Sicherungsverwahrter klagt erfolgreich gegen Fesseln im Krankenhaus

Erst durch Fesseln konnte die Polizei in Stralsund eine aggressive Frau stoppen.

Ein Sicherungsverwahrter aus Nordrhein-Westfalen, der bei einem viertägigen Krankenhausaufenthalt nahezu ununterbrochen gefesselt war, hat sich dagegen erfolgreich in Karlsruhe gewehrt.

Karlsruhe. Ein Sicherungsverwahrter aus Nordrhein-Westfalen, der bei einem viertägigen Krankenhausaufenthalt nahezu ununterbrochen gefesselt war, hat sich dagegen erfolgreich in Karlsruhe gewehrt. Seine Verfassungsbeschwerde sei offensichtlich begründet, teilte das Bundesverfassungsgericht am Mittwoch mit. Der Mann sei in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt worden. (Az. 2 BvR 1719/21)

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Der Kläger war nach zehn Jahren Haft im Februar 2020 zur Sicherungsverwahrung in die Justizvollzugsanstalt (JVA) Werl gekommen. Gut ein halbes Jahr später musste der gesundheitlich beeinträchtigte Mann für eine Operation ins Universitätsklinikum Dortmund. Dort war er mit Ausnahme der Zeit in Vollnarkose 96 Stunden lang an den Händen oder an den Füßen gefesselt – bei der Voruntersuchung, im OP-Vorraum, beim Aufwachen und bei Spaziergängen mit zwei Bewaffneten.

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Mit Fußfessel an Bettrahmen fixiert

Der Mann war dagegen gerichtlich vorgegangen. Er habe wegen der Fesselung Schmerzen gehabt und nicht richtig schlafen können. Im Liegen habe er sich nicht drehen oder die Beine anwinkeln können, weil er mit einer Fußfessel an den Bettrahmen gefesselt war.

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Das Landgericht Arnsberg hatte die Fesselung für verhältnismäßig gehalten. Weil offen gewesen sei, wie lange die Sicherungsverwahrung dauern würde, sei eine gewisse Fluchtmotivation anzunehmen. Die Situation im Krankenhaus sei unvorhersehbar gewesen, und die JVA habe noch keine Erfahrung mit dem Mann bei Transporten gehabt.

Anders nun Karlsruhe: Nach Auffassung der Verfassungsrichterinnen und -richter hätte das Landgericht darauf achten müssen, ob sämtliche alternativen Maßnahmen ausgeschöpft wurden. So habe es hier nahegelegen, die Zahl der JVA-Beamten zu erhöhen, um zumindest zeitweise auf die Fesseln verzichten zu können. Und es hätte berücksichtigt werden müssen, dass das vorherige Verhalten des Mannes keinerlei Anlass für Beanstandungen gab und dass seine Erkrankungen einen Fluchtversuch auch erschwert hätten. Das Landgericht muss sich nun noch einmal mit dem Fall befassen und das beherzigen.

RND/dpa

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