Adieu Atemschutz – so schön und skurril haben Menschen ihre Corona-Masken gestaltet
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Auf hoffentlich Nimmerwiedersehen.
© Quelle: picture alliance / CHROMORANGE
Drei Jahre lang begleiteten sie uns, wurden in den Jackentaschen zerknüllt, sie hingen an jedem verfügbaren Haken in der Wohnung, baumelten an Tausenden Handgelenken, lagen vergessen und plattgefahren auf der Straße. Und nun, ab dem 2. Februar, fällt bundesweit die Maskenpflicht. Dabei waren die Corona-Masken ja viel mehr als einfach ein bisschen was vor dem Mund. Sie waren Schutz vor der virenlastigen Welt da draußen, aber sie waren auch Stoff für Zorn und Streit. Sie polarisierten: Wer in der Bahn keine Maske trug, fiel auf, galt unverkennbar und sofort als Maskenverweigerer.
Supermarkt, Discos, Kinos, Bars, Konzerte: Nun fällt eher der- oder diejenige auf, der oder die eine Maske trägt. Die Mehrheit zeigt wieder das bare Gesicht. Aber die Maske, die hat in ihren drei Covid-Jahren eine wahre Evolution hingelegt. Ganz am Anfang, nach Beginn der Isolation, wird am 15. April 2020 „dringend“ empfohlen, in Bus und Bahn sowie beim Einkaufen Maske zu tragen. Doch Maske, das war da noch ein recht dehnbarer Begriff: liebevoll handgenäht oder einfach ein Schal vor dem Mund? Ein Kinderhut oder BH-Schalen?
Es war die wilde Zeit der Mundbedeckung: Kreativität und Einfallsreichtum waren gefragt. Man mummte sich mit den Dingen ein, die gerade zur Hand waren, denn medizinische Produkte waren rar. Und war die Beziehung zur Maske nicht auch gerade deswegen schon fast eine persönliche? Man hatte nur ein paar, sie waren Ausdruck der eigenen Individualität, behelfsmäßig zusammengeschustert.
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Covid Bling – wo Aussehen mehr zählt als Funktion
Doch auf den Markt ist Verlass und er antwortete: Mit der Zeit kamen nicht nur bunte Stoffmasken auf den Markt. Männliche Politiker zeigten sich gern mit schwarzer Maske, vielleicht erinnerte das ja an einen Hollywood-Bösewicht. Andere zogen knallbunt vor. Die Maske war Ergänzung des Outfits. Bei Geschäftsterminen wurde sie mit Firmenlogos seriös. Leopardenprint war ebenso angesagt wie Glitzergold. Andere versuchten ihr Lächeln zurück ins Gesicht zu drucken – doch sahen sie damit meist eher aus wie Comicfiguren. Mit dem Abflauen der Fallzahlen und der Öffnung von Grenzen und Gesellschaft im Sommer 2020 gab es wieder wunderbare Gelegenheiten, sich irgendwo zu zeigen. Und die Maske bekam einen absurden entfernten Cousin: Es war die Sternstunde der Visiere, die einem das Aussehen eines Schülers im Chemieunterrichts verliehen.
Manchmal ging es eher um Aussehen als um Funktionstüchtigkeit. Billie Eilish beispielsweise machte es bereits im Januar 2020 vor und trug giftgrün glimmernden Tüll über der Nase. Die Modebranche brachte Designerstücke heraus – und ja, irgendwann machte einer den Damian Hirst und klebte ganz viele Diamanten auf eine Maske – mit auswechselbarem N99-Filter. Isaac Levy, der Inhaber des israelischen Schmuckunternehmens Yvel, glaubt, dass das Stück mit 1,3 Millionen Euro die teuerste Maske der Welt sei. Der Beginn einer neuen Ära: Covid Bling.
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Billie Eilish mit transparenter Tüllmaske.
© Quelle: picture alliance / AdMedia /MediaPunch
Den Menschen stand die Individualität ins Gesicht geschrieben – bis zum Januar 2021. Die Bundesländer setzten nun auf OP- und FFP2-Masken. Die Stoffmasken verschwanden in den letzten Ecken der Kramskisten, fristeten ab jetzt ein schmachvolles Dasein – gemeinsam mit benutzten Taschentüchern in den löchrigen Taschen der alten Übergangsjacken. Medizinisch ist der neue Standard. Weiß die FFP2-, hellbau die medizinische Maske. Die morgendliche Bahnfahrt: aus ästhetischer Sicht ein plötzlich nahezu steriles Erlebnis.
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Stichwort: Covid Bling. Isaac Levy, Besitzer der Schmuckfirma Yvel, und die wahrscheinlich teuerste Maske der Welt.
© Quelle: picture alliance / ASSOCIATED PRESS
Vom sterilen OP-Utensil zum Technikwunder
Das Erlebnis beim Aufsetzen ist ein ganz anderes. Der Geruch pudrig, fast trocken. Die Maske ist sperriger. Manchem großen Mann biegt sie die Ohren nach vorne. Manche Frauen schneiden sich unten ein Stück raus, damit sie sich halbwegs ans Gesicht anpasst. Dafür hängt kein nasses Stück Stoff der vor der Nase. Andere umgehen den Sinn der Maske gänzlich und lassen die Nase raushängen.
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Und doch, ganz langsam, kommt die Individualität zurück. Denn das Farbenspektrum wird erweitert. Apotheken legen fröhliche Atemschutz-Regenbögen aus. Auch das bei Politikern sehr beliebte Schwarz ist wieder zu haben. Und nun haben Erfinder auch lang genug getüftelt, um Technikwunder auf FFP2-Niveau zu entwickeln, ganz nach Deichkind-Geschmack: LED unterm Schrank, LED unterm Bett, LED auf der Maske. Leider geil. Oder dieser absurde Helm, in dem man sich vom Konferenztisch gefühlt direkt auf den Mars hätte schießen können. Das Update hatte sogar einen Einsatz für Strohhalme, damit man nicht aufs laute nervenraubende Kaffeeschlürfen verzichten musste. Mutmaßlich für einen selbst unwahrscheinlich viel lauter unter der eigenen Plastikkuppel.
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Doch nun fällt die Maske. Das Wort Maskenverweigerer gehört der Vergangenheit an, weil es schlicht keine Atemschutzpflicht mehr gibt, die man verweigern könnte. Zu zwei Augen gesellen sich auch in den letzten Bastionen wie Arztpraxen und ÖPNV Nase und Mund. Die Ohren erhalten Erholung von ihrem zu gequetschten Blumenkohlköpfen verdammten Dasein. Adieu, ihr Masken der Vergangenheit, möget ihr nie wieder kommen müssen.