Copyright-Streit um Aborigines-Flagge endet: Sie ist nun australisches Gemeingut
Hier wird die Flagge der Aborigines bei einer Veranstaltung in Sydney gezeigt.
© Quelle: Barbara Barkhausen
Der Copyright-Streit um die Flagge der australischen Aborigines ist endlich beigelegt: Die australische Regierung hat das Urheberrecht gekauft, um die Flagge endlich zum Allgemeingut zu machen.
Die Flagge der Aborigines hat ein markantes Design und ist von Weitem sichtbar, wenn sie mit ihrem charakteristischen schwarz-roten Hintergrund und dem gelben Kreis im Wind weht. Die australischen Ureinwohner und Ureinwohnerinnen sind stolz auf ihre Symbolkraft, die indigene Politikerin Linda Burney ließ sich die Flagge sogar auf ihren Oberarm tätowieren. Auf Twitter schrieb sie einst: „Die Flagge der Aborigines ist ein Symbol, das verbindet.“
Aborigines-Fahne nun eine der offiziellen australischen Flaggen
Früher war die Flagge ein Zeichen des Protests, doch heute ist sie eine der offiziellen australischen Flaggen. Sie steht für sämtliche indigenen Völker im Land, nur die Bewohner und Bewohnerinnen der Torres-Strait-Inseln haben eine eigene Flagge. Bisher war jedoch nur wenigen Menschen bewusst, dass die Flagge urheberrechtlich geschützt war. Dies bedeutete, wer die Flagge nutzen wollte, um sie auf Kleidung oder anderen Waren zu reproduzieren, musste dies teuer bezahlen – selbst indigene Unternehmen und Organisationen.
Der Entwurf der Flagge wurde erstmals 1971 zum Nationalen Tag der Aborigines in Adelaide vorgestellt. Ein Jahr später kam das Design in der Aboriginal Tent Embassy zum Einsatz, in der Aborigines-Vertreter und -Vertreterinnen vor dem Parlamentsgebäude in Canberra für indigene Rechte kämpften. Zur offiziellen Flagge der australischen Ureinwohner und Ureinwohnerinnen wurde das Design aber erst 1995. Zwei weitere Jahre dauerte es, bis ein australisches Bundesgericht entschieden hatte, wer der wahre Künstler hinter dem Design ist. Das Urheberrecht wurde schließlich dem indigenen Künstler Harold Thomas zugesprochen. In einem aktuellen Meinungsstück im „Sydney Morning Herald“ schrieb Thomas, dass er die Flagge einst „als Symbol für Einheit und Stolz“ geschaffen habe.
Symbol wurde „als Geisel gehalten“
Doch in den vergangenen Jahren gab es immer wieder Streitigkeiten um das Copyright der Flagge. Einige Sportveranstaltungen beispielsweise erhielten von der Firma, die es zeitweise gemietet hatte, eine Unterlassungserklärung, nachdem sie das Flaggendesign auf ihren Trikots verwendet hatten. Auch das kleine indigene Modelabel Clothing the Gap, das Gewinne in die Gesundheitsförderung von Aborigines-Gemeinden steckt, wurde angemahnt. Empört über die rechtliche Bedrohung startete die Inhaberin der Firma 2020 eine Kampagne mit dem Titel „Free the Flag“ oder übersetzt „Befreit die Flagge“. Die indigene Politikerin Linda Burney sagte damals sogar, das Symbol werde „als Geisel gehalten“.
Die Situation ist nun gelöst worden, indem die australische Regierung laut lokaler Medienberichte mehr als 20 Millionen australische Dollar oder umgerechnet 12,6 Millionen Euro für das Copyright der Flagge bezahlt hat. Damit kann die Flagge von jedem – ohne Angst vor rechtlichen Konsequenzen – reproduziert werden. „Jetzt, da das Commonwealth das Urheberrecht besitzt, gehört es allen, und niemand kann es wegnehmen“, sagte Ken Wyatt, Australiens Minister für die indigene Bevölkerung.
Ureinwohner hinterfragen das Timing
Einige australische Ureinwohner und Ureinwohnerinnen hinterfragten jedoch den Zeitpunkt des Kaufes. Denn am Mittwoch begeht Australien seinen Nationalfeiertag. Der Tag ist seit Langem umstritten, da er die Ankunft der „Ersten Flotte“ aus Großbritannien im Jahr 1788 markiert. Vor allem viele indigene Australier und Australierinnen sprechen deswegen eher vom „Invasion Day“ – also dem Tag, an dem ihr Land von den Briten eingenommen wurde.
Die indigene Künstlerin Rachael Sarra warf dem australischen Premierminister Scott Morrison dann auch in einem Post auf Instagram vor, mit dem Schritt von dem ablenken zu wollen, weswegen die Ureinwohner und Ureinwohnerinnen jedes Jahr wieder protestieren würden. „Das Urheberrecht gehört derselben Regierung, die unser Land weggenommen und davon profitiert hat, und derselben Regierung, die unsere Kinder weggenommen hat“, schrieb Sarra und wies damit auf die sogenannten gestohlenen Generationen hin, die von der australischen Regierung im vergangenen Jahrhundert über Jahrzehnte hinweg gewaltsam aus ihren Elternhäusern entfernt und in Waisenhäuser und Institutionen gebracht worden waren.