Trauerzeremonie im Vatikan

Emeritierter Papst Benedikt XVI. beigesetzt: „Möge deine Freude vollkommen sein“

Der Petersplatz in Rom war zur Trauerfeier für den verstorbenen Papst Benedikt XVI. in Nebel gehüllt. Gut 50.000 Menschen haben laut Angaben des Vatikan an der Zeremonie teilgenommen.

Der Petersplatz in Rom war zur Trauerfeier für den verstorbenen Papst Benedikt XVI. in Nebel gehüllt. Gut 50.000 Menschen haben laut Angaben des Vatikan an der Zeremonie teilgenommen.

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Rom. „Benedikt, du treuer Freund des Bräutigams, möge deine Freude vollkommen sein, wenn du die Stimme des Herrn nun endgültig und für immer hörst“, sagte Franziskus in seiner Predigt während der Totenmesse auf dem Petersplatz in Rom. Dazu muss man wissen, dass Jesus in der katholischen Kirche oft als Bräutigam bezeichnet wird.

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„Auch wir, die wir fest mit den letzten Worten des Herrn und dem Zeugnis, das sein Leben geprägt hat, verbunden sind, möchten als kirchliche Gemeinschaft in seine Fußstapfen treten und unseren Bruder den Händen des Vaters anvertrauen“, sagte der Papst weiter. Und: „Wie im Evangelium die Frauen am Grab, so sind wir hier mit dem Wohlgeruch der Dankbarkeit und der Salbung der Hoffnung, um ihm noch einmal die Liebe zu erweisen, die nicht vergeht. Wir wollen dies mit derselben Salbung und Weisheit, mit demselben Feingefühl und derselben Hingabe tun, die er uns im Laufe der Jahre zu schenken wusste.“

Trauerfeier auf dem Petersplatz: Zehntausende nehmen Abschied von Benedikt XVI.
05.01.2023, Vatikan, Vatikanstadt: Papst Franziskus (oben M) sitzt hinter dem Sarg des verstorbenen emeritierten Papstes Benedikt XVI. während der öffentlichen Trauermesse für den emeritierten Papst Benedikt XVI. auf dem Petersplatz . Der emeritierte Papst Benedikt XVI. starb am 31.12.2022 im Alter von 95 Jahren im Vatikan. Foto: Michael Kappeler/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Unter den deutschen Gästen war die gesamte Staatsspitze anwesend. Dazu zählen Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundeskanzler Olaf Scholz.

Ansonsten ist Franziskus, der in seinem Rollstuhl zum Altar geschoben wurde, nicht näher auf das Leben und Wirken seines Vorgängers eingegangen – er hatte Benedikt XVI. bereits bei der Generalaudienz am Tag vor der Beerdigungsfeier als „großen Lehrmeister der Katechese“ gewürdigt: „Sein scharfes und feinfühliges Denken war nicht selbstbezogen, sondern kirchlich, weil er uns immer der Begegnung mit Jesus zuführen wollte. Der auferstandene und gekreuzigte Jesus – der lebendige Christus und unser Herr – war das Ziel, zu dem uns Papst Benedikt geführt hat, indem er uns an die Hand nahm. Er möge uns helfen, in Christus die Freude des Glaubens und die Hoffnung des Lebens wiederzuentdecken“, sagte Franziskus.

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Zur Trauerfeier ist der Petersplatz zunächst in Nebel gehüllt

Es war eine ganz und gar ungewöhnliche Zeremonie auf dem kühlen und nebligen Petersplatz: Noch nie zuvor in der zweitausendjährigen Geschichte der katholischen Kirche hat ein Papst einen Papst beerdigt. Doch abgesehen davon unterschied sich die Feier zumindest optisch kaum von früheren Papstbegräbnissen: Unzählige Staatsgäste waren angereist, darunter der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), und vor der Petersbasilika und auf dem Petersplatz hatten sich laut Angaben der italienischen Nachrichtenagentur Ansa nicht weniger als 130 Kardinäle und 300 Bischöfe versammelt.

Der Petersplatz, auf dem sich trotz des misslichen Wetters bereits in den frühen Morgenstunden die ersten Gläubigen und Pilger einfanden, war zu Beginn der Totenmesse praktisch voll besetzt. Laut Angaben des Vatikans nahmen 50.000 am Trauergottesdienst teil. Ein großes Sicherheitsaufgebot von tausend Beamten kontrollierten die Eingänge zur Piazza; die unmittelbar angrenzenden Straßen wurden zur „roten Zone“ erklärt und für jeglichen Verkehr gesperrt.

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Außerdem herrschte über dem Vatikan eine Flugverbotszone. Bereits in den letzten drei Tagen, als der Leichnam Benedikts XVI. im Petersdom aufgebahrt war, hatten rund 160.000 Menschen dem ehemaligen Papst die letzte Ehre erwiesen. Zu nennenswerten Zwischenfällen ist es während der ganzen fünf Tage dauernden Trauerfeierlichkeiten nicht gekommen.

Benedikts Vertrauter Bischof Gänswein sorgt für einen denkwürdigen Moment

Der Leichnam von Benedikt war schon am Vorabend der Trauermesse in einen Sarg aus Zypressenholz gelegt worden und war damit am Donnerstag nicht mehr zu sehen. Als der Sarg um 8.50 Uhr aus dem Petersdom ins Freie und vor den Altar vor der Kirche getragen wurde, brandete auf dem Petersplatz erstmals Applaus auf und, wie bei der Beerdigung von Johannes Paul II. im Jahr 2005, auch „Santo-Subito“-Rufe, also die Aufforderung an den amtierenden Papst, den Verstorbenen umgehend heiligzusprechen.

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Als die Träger den Sarg vor den Altar gelegt hatten, stand Benedikts langjähriger Vertrauter und Privatsekretär Georg Gänswein von seinem Platz auf, um mit einer besonderen Geste Abschied zu nehmen: Der Erzbischof beugte sich über den Sarg und küsste ihn.

Georg Gänswein, Kurienerzbischof und langjähriger Privatsekretär des verstorbenen emeritierten Papst Benedikt XVI., kniet an dessen Sarg vor Beginn der Trauermesse auf dem Petersplatz.

Georg Gänswein, Kurienerzbischof und langjähriger Privatsekretär des verstorbenen emeritierten Papst Benedikt XVI., kniet an dessen Sarg vor Beginn der Trauermesse auf dem Petersplatz.

Zuvor hatte Gänswein für einen Misston gesorgt: In einem Interview mit der katholischen „Morgenpost“, das am Montag publiziert wurde, hatte er erklärt, dass es Benedikt XVI. „Schmerzen im Herzen“ bereitet habe, als Franziskus die unter ihm erfolgten Erleichterungen zum Lesen der Alten Messe (also in lateinischer Sprache) wieder rückgängig gemacht habe. Mit dieser Aussage hat Gänswein quasi im Namen von Benedikt XVI. den Nachfolger kritisiert – etwas, was der emeritierte Papst selber während der ganzen neun Jahre nach seinem Amtsverzicht nie getan hatte.

Papst Franziskus gibt dem Sarg seines Vorgängers den letzten Segen

Benedikt XVI. hat kein böses Wort über Franziskus verloren, obwohl er vermutlich nicht mit jedem seiner Entscheide und jeder seiner Äußerungen einverstanden war. Die Aussage Gänsweins habe in der Kurie – zumindest unter den Anhängern von Franziskus – Irritationen ausgelöst, schrieben italienische Medien.

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Nach der von Franziskus geleiteten und vom italienischen Kardinaldekan Giovanni Battista Re zelebrierten Totenmesse haben die Träger den Sarg von Benedikt XVI. um 10.45 Uhr wieder auf ihre Schultern gehoben, um ihn in die Petersbasilika zu tragen. Dabei kam es zu einer berührenden Szene: Franziskus, der gestützt auf seinen Gehstock vor dem Eingang der Kirche stand, hielt die Prozession auf, legte seine Hände auf den Sarg und segnete ihn. Dabei deutete er auch eine Verneigung vor seinem Vorgänger an.

Papst Franziskus erteilt dem Sarg seines Vorgängers seinen Segen.

Papst Franziskus erteilt dem Sarg seines Vorgängers seinen Segen.

Anschliessend wurde Benedikt XVI. in der Krypta der Peterskirche beigesetzt. Seine letzte Ruhestätte fand Joseph Ratzinger, wie er es sich gewünscht hatte, im ehemaligen Grab von Johannes Paul II. Die sterblichen Überreste von Karol Wojtyla waren nach seiner Heiligsprechung durch Franziskus im Jahr 2014 in eine Seiten­kapelle des Petersdoms transferiert worden.

Benedikts Kampf gegen sexuellen Missbrauch: Wahrheit oder „Mythenbildung“?

Ins Grab des früheren Papstes wurde auch das sogenannte Rogitum gelegt, die offizielle lateinische Pontifikats-Urkunde mit den wichtigsten Angaben zum Leben des Verstorbenen. Der Vatikan hat am Donnerstag den Inhalt veröffentlicht.

In der Urkunde heisst es, Benedikt XVI. habe den Dialog mit den Anglikanern, den Juden und den Anhängern anderer Religionen gefördert, und als Theologe von anerkannter Autorität habe er ein reiches Erbe an Studien und Forschungen über die grundlegenden Wahrheiten des Glaubens hinterlassen. Weiter wird im Rogitum festgehalten, dass er „entschlossen gegen Verbrechen, die von Geistlichen an Minderjährigen oder schutz­bedürftigen Personen begangen wurden“, gekämpft habe, und dass er die Kirche immer wieder zu Umkehr, Gebet, Buße und Läuterung aufgerufen habe.

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Die Opfervereinigung Eckiger Tisch sieht dies anders: In einer vor der Trauerfeier veröffentlichten Presse­mitteilung hat sie die zur Beisetzung angereisten Delegationen aus Deutschland aufgefordert, sich auf die Seite der Missbrauchsopfer zu stellen. Sie sollten der „Mythenbildung“ über die Rolle des Verstorbenen in Bezug auf die Aufdeckung und Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt durch Kleriker der katholischen Kirche entgegentreten.

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