Bundesregierung stockt Hilfen auf

Mehr als 600 Kinder im türkisch-syrischen Erdbebengebiet unbegleitet

Kinder gehen durch die Trümmer von Gebäuden im türkischen Kirikhan. (Symbolbild)

Kinder gehen durch die Trümmer von Gebäuden im türkischen Kirikhan. (Symbolbild)

Berlin. Nach den verheerenden Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet sind nach Regierungsangaben mehr als 600 Kinder im türkischen Teil der Region noch immer ohne Begleitung. 953 Kinder, die zuvor ebenfalls unbegleitet waren, seien inzwischen wieder mit ihren Familien vereint, teilte das Präsidialamt mit (Stand: Samstag, 18:20 Uhr). Von 247 Kindern fehlen den Angaben zufolge weiterhin Informationen über deren Identitäten.

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Allein in Syrien sind nach Angaben der Vereinten Nationen 8,8 Millionen Menschen von den Folgen der Erdbebenkatastrophe betroffen. „Die Mehrheit von ihnen benötigt voraussichtlich irgendeine Form von humanitärer Unterstützung“, schrieb die stellvertretende UN-Syrienbeauftragte Najat Rochdi am Sonntag bei Twitter. Die UN seien voll der Aufgabe verpflichtet, mehr zur Hilfe aller Syrer zu unternehmen.

In Syrien war die Lage für viele Menschen schon vor den Beben verheerend. Bombardements und Kämpfe im jahrelangen Bürgerkrieg, eine schwere Wirtschaftskrise und eine oft kaum vorhandene öffentliche Versorgung haben das Land zu einem Brennpunkt für humanitäre Helfer werden lassen. Laut UN benötigten schon vor den Erdbeben mehr als 15 Millionen Menschen irgendeine Form von Hilfe.

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Aktivisten und Helfer in den Rebellengebieten im Nordwesten Syriens hatten in den Tagen nach den Beben vom 6. Februar mangelnde Hilfe der UN beklagt. UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths hatte während eines Besuchs in der Region dann Versäumnisse bei der Hilfe für die Opfer im Nordwesten eingeräumt. Beobachter sahen dabei auch bürokratische Hürden der UN, deren Güter angesichts kaputter Straßen mit kleineren Fahrzeugen schneller hätten eintreffen können als mit den üblichen großen Lastwagen.

Bisher fuhren seit der Katastrophe mehr als 140 Lastwagen mit UN-Hilfsgütern aus der Türkei in den von Rebellen kontrollierten Nordwesten Syriens. Dort wurden mehr als 9000 Gebäude komplett oder teilweise zerstört, wodurch mindestens 11.000 Menschen ihr Zuhause verloren. Am dringendsten benötigten die Betroffenen laut UN jetzt unter anderem Unterkünfte wie Zelte.

US-Außenminister besucht Türkei nach Erdbeben

Rund zwei Wochen nach den verheerenden Erdbeben wird US-Außenminister Antony Blinken in der Türkei erwartet. Am Sonntag sollte er in der schwer betroffenen Provinz Hatay eintreffen und sich mit seinem türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu ein Bild der Lage machen, wie das State Department mitteilte.

Am Luftwaffenstützpunkt Incirlik sollte er außerdem den Bereich besuchen, an dem Hilfsgüter für den Transport vorbereitet werden. Außerdem war eine Begegnung mit betroffenen Familien sowie mit Such- und Rettungsteams geplant.

Es ist Blinkens erster Besuch in der Türkei seit seiner Amtsübernahme vor gut zwei Jahren. Am Nato-Flughafen Incirlik sind unter anderem Flugzeuge des US-Militärs stationiert. Diese hatten nach den Beben Ersthelfer in die betroffenen Gebiete in der Türkei transportiert. Über Incirlik kamen auch weitere Such- und Rettungsteams aus den USA in die Türkei. US-Hubschrauber halfen auch, in schwer erreichbare Gebiete zu kommen. Tonnenweise Hilfsgüter der Bundesregierung kamen ebenfalls über Incirlik in die Türkei.

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UN-Hilfe hat noch immer nicht alle Erdbebenopfer in Syrien erreicht

Fast zwei Wochen nach den schweren Erdbeben haben im Nordwesten Syriens noch immer nicht alle Menschen Nothilfe erhalten. „Wir stehen noch am Anfang und haben das Schlimmste noch nicht gesehen“, sagte der für Syrien zuständige UN-Nothilfekoordinator Muhannad Hadi der Deutschen Presse-Agentur. Bislang seien beispielsweise etwa 60.000 Menschen mit Wasser und rund 13.000 Erdbebenopfer mit Zelten versorgt worden. Nach UN-Angaben sind derzeit aber rund 40.000 Haushalte ohne Obdach.

Sollte die nötige Finanzierung, die die UN allein für Syrien mit 400 Millionen Dollar veranschlagt, nicht zustandekommen, könne auch künftig nicht allen geholfen werden, warnt Hadi.

Noch immer kommen demnach auch keine Hilfen aus den Regierungsgebieten in die von Rebellen kontrollierten Erdbebenregionen. Die UN will Hilfen eigentlich verstärkt auch über die inländischen Grenzen der Konfliktparteien in den von den Beben schwer getroffenen Nordwesten des Landes fließen lassen. „Wir waren noch nicht in der Lage das umzusetzen“, räumt der Nothilfekoordinator ein. Die Transporte der UN für die Rebellengebiete kommen demnach bislang ausschließlich über die Türkei. Syrien ist nach Jahren des Bürgerkriegs zersplittert in Gebiete unter verschiedener Kontrolle. Das erschwert die humanitäre Hilfe nach der Katastrophe deutlich.

Irakische Sicherheitskräfte bereiten auf einem Militärflugplatz in der Nähe des internationalen Flughafens Bagdad humanitäre Hilfsgüter vor, die mit einem Nothilfeflugzeug zu den Erdbebenopfern in Syrien transportiert werden sollen.

Irakische Sicherheitskräfte bereiten auf einem Militärflugplatz in der Nähe des internationalen Flughafens Bagdad humanitäre Hilfsgüter vor, die mit einem Nothilfeflugzeug zu den Erdbebenopfern in Syrien transportiert werden sollen.

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Die UN fürchten derweil zudem Gewalt gegen Frauen und Kinder, die derzeit im Freien schlafen oder in Notunterkünften keinen sicheren Zugang zu Toiletten haben. Hadi warnt, dass der Schutz für diese vulnerablen Gruppen in Nordwestsyrien dringend ausgebaut werden müsse. Etliche Kinder hätten ihre Angehörigen verloren.

Türkische Regierung bittet um Wohnraum für Erdbebenopfer

Die türkische Regierung ruft Immobilien-Besitzer zur Bereitstellung von Wohnraum für die Erdbebenopfer auf. Eigentümer von leerstehenden oder ungenutzten Wohnungen und Häusern können über eine eigens hierfür eingerichtete Internetseite ihren Wohnraum entweder kostenlos oder zu einem günstigen Mietpreis zur Verfügung stellen, wie Vize-Präsident Fuat Oktay im Staatssender TRT mitteilte. Voraussetzung für die wohltätige Hilfe ist, dass die Wohnung für mindestens drei Monate zur Verfügung gestellt wird.

Zelte stehen dich nebeneinander in einem behelfsmäßigen Lager im türkischen Kahramanmaras für die durch das Erdbeben obdachlos gewordenen Menschen.

Zelte stehen dich nebeneinander in einem behelfsmäßigen Lager im türkischen Kahramanmaras für die durch das Erdbeben obdachlos gewordenen Menschen.

Auch diejenigen, die keine ungenutzten Immobilien besitzen, haben demnach die Möglichkeit, Geld für die obdachlos gewordenen Opfer zu spenden. Das Geld soll den Angaben zufolge zur Finanzierung von Unterkünften verwendet werden.

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Laut Oktay sollen die örtlich zuständigen Behörden feststellen, ob die bereitgestellten Wohnungen und die Mietpreise angemessen sind. Bei der Zuteilung der Wohnungen sollen besonders bedürftige Menschen vorrangig behandelt werden, so etwa Menschen mit Behinderungen, Ältere oder chronisch Kranke.

Vize-Präsident Oktay warnte gleichzeitig davor, die durch die Erdbebenkatastrophe entstandene hilflose Lage der Betroffenen durch überhöhte Mieten auszunutzen. Er kündigte an, ein solche Praxis nicht zu dulden und Menschen entsprechend zur Rechenschaft zu ziehen.

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Bundesregierung stockt Hilfe für Erdbebenopfer auf

Die Bundesregierung hat den Opfern des schweren Erdbebens im Norden Syriens weitere Hilfen in Millionenhöhe zugesichert. „Auch wenn das Assad-Regime den Hilfsorganisationen einen Stein nach dem anderen in den Weg legt: Wir lassen die Menschen dort nicht allein“, sagte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) der „Bild am Sonntag“.

Es gehe um Mütter, Kinder und Großeltern, die seit über zehn Jahren Krieg erleben, teils mehrmals flüchten mussten und nun ihre Liebsten unter den Trümmern betrauern. „Ihnen fehlt jetzt selbst das Allernötigste zum Überleben: ein Dach über dem Kopf, sauberes Trinkwasser, etwas zu Essen und Medikamente. Deshalb erhöhen wir noch einmal unsere Hilfe für die Region um über 22 Millionen Euro.“

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Vor knapp zwei Wochen hat ein schweres Beben der Stärke 7,7 die Südosttürkei und den Norden Syriens erschüttert, Stunden später folgte ein Beben der Stärke 7,6. Die Zahl der bestätigten Toten in der Türkei und Syrien liegt bei mehr als 45.000. Zehntausende wurden zudem verletzt, Tausende gelten noch als vermisst. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte den Erdbebenopfern am Samstag die Solidarität Deutschlands versichert. Deutsche Hilfskräfte waren in der Region im Einsatz, die Luftwaffe unternahm Hilfsflüge.

RND/dpa

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