Gendern in der Schule: Was empfiehlt der Rat für deutsche Rechtschreibung?
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Ein Mädchen liegt auf einem Teppich in seinem Kinderzimmer und erledigt seine Hausaufgaben im Fach Deutsch (Symboldbild).
© Quelle: Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa
Hannover. In Dresden war es an einigen Schulen bereits Alltag: Gendersternchen und Co. Doch inzwischen hat das sächsische Kultusministerium das Lehren der geschlechtergerechten Sprache in Form von Sonderzeichen wie Gendersternchen oder Doppelpunkt gestoppt, wie aus einem Schreiben an die Schulleitungen hervorgeht.
Der Grund sei, dass Sonderzeichen „im Wortinneren (weder) die Kriterien für eine gendergerechte Schreibung” erfüllen noch dem aktuellen amtlichen Regelwerk entsprechen würden, wie die „Dresdner Neuen Nachrichten” (DNN) aus dem Schreiben zitieren. Das Regelwerk bildet die Grundlage der deutschen Rechtschreibung und wird regelmäßig vom Rat für deutsche Rechtschreibung aktualisiert. Andere geschlechtsbezogene Mittel wie die Paarform „Schülerinnen und Schüler“ oder geschlechtsneutrale Formulierungen wie „Lehrkräfte” seien laut Kultusministerium aber denkbar, heißt es.
Nun stellt sich die Frage, wie Kinder am besten geschlechtergerechte Sprache lernen sollen?
Auf die Frage des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND) hin, ob es Überlegungen zur Aufnahme geschlechtergerechter Formen in das Regelwerk gebe, verwies die Leiterin der Geschäftsstelle des Rates für deutsche Rechtschreibung, Sabine Krome, auf die zuletzt herausgegebene Empfehlung des Rates vom 26. März dieses Jahres. In dem fünfseitigen Papier werden die Entwicklung und Bewertung des Themas „Geschlechtergerechte Schreibung“ in der Beobachtung des Schreibgebrauchs von 2018 bis 2020 thematisiert und Kriterien für geschlechtergerechte Sprache aufgeführt, die der Rat bereits am 16. November 2018 definiert hat.
Kriterien für geschlechtergerechte Schreibung
Unter anderem sollten geschlechtergerechte Texte „vorlesbar sein (mit Blick auf die Altersentwicklung der Bevölkerung und die Tendenz in den Medien, Texte in vorlesbarer Form zur Verfügung zu stellen)“, „übertragbar sein im Hinblick auf deutschsprachige Länder mit mehreren Amts- und Minderheitensprachen“ und „für die Lesenden bzw. Hörenden die Möglichkeit zur Konzentration auf die wesentlichen Sachverhalte und Kerninformationen sicherstellen“. Allein bei diesen Kriterien ergeben sich laut Krome „Spezialprobleme“.
Der Rat empfiehlt ausdrücklich, „keine verkürzten Formen zu benutzen“, allerdings müssten diese aufgrund ihrer häufigen Anwendung beobachtet werden. Vor allem müsse beobachtet werden, auf welche Art und Weise diese eingebürgert würden, sagt Krome. „Das Thema ist komplex, weil es so viele Folgewirkungen hat. Man kann nicht einfach irgendwelche Sternchen oder Doppelpunkte setzen. Da verändert sich die gesamte Grammatik und Orthografie.“
Erneute Beratungen im März 2022
Da die Brisanz des Themas aber seit geraumer Zeit bestehe und der Rat immer wieder zu einer erneuten Stellungnahme gedrängt werde, werde das Thema in der nächsten Frühjahrssitzung im März 2022 nochmals aufgegriffen werden, sagt die Geschäftsstellenleitung. Dort würden „ein Statuspapier mit der Entwicklung des vergangenen Jahres erstellt“ und eine Strategie entworfen, wie mit dem Thema „geschlechtergerechte Sprache“ weiterhin verfahren werden solle, so Krome.
Krome betont aber, dass, selbst wenn neue Regelungen in das amtliche Regelwerk mit aufgenommen würden, die Umsetzung „das eigentliche Problem“ sei. Diese liege nicht mehr in der Verantwortung des Rates, sondern bei Schulen und Behörden. „Wir erhalten Hunderte Fragen pro Woche, wie geschlechtergerechte Sprache anhand konkreter Textbeispiele umgesetzt werden soll“, sagt Krome. „Wenn man sich dann mit diesen Texten beschäftigt, sieht man erst, wo genau die Probleme liegen.“
Ganz besondere Probleme
Da sich Schülerinnen und Schüler „im Lernprozess befänden, ergeben sich darüber hinaus weitere Probleme“. Dies sei wirklich schwierig, betont Krome. Zudem stelle die Anwendung von geschlechterneutraler Sprache mittels Sonderzeichen Menschen mit Migrationshintergrund oder Nichtmuttersprachlerinnen und -sprachler vor besondere Herausforderungen. Es sei zunächst einmal wichtig, sich auf das Wesentliche konzentrieren zu können, so Krome.
Bis zur nächsten Sitzung im März würden voraussichtlich keine neuen Empfehlungen herausgegeben, so die Geschäftsstellenleiterin.
RND/mhs