„Graffiti-Inge“ verwandelt Stromkästen zu Botschaftern guter Laune
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/I3T5L42X75AVXK5LOG4ZPJQXPI.jpeg)
Inge Hess steht vor dem Wohnhaus hinter einem von ihr mit Graffiti bemalten Müllbehälter. Graue Stromkästen lassen Inge Hess keine Ruhe. Geschrubbt und mit weißem Untergrund versehen sind sie für die Graffiti-Künstlerin eine unwiderstehliche Fläche. Die 80-Jährige verwandelt die unscheinbaren Objekte mit ihrer Spraydose in bunte Botschafter guter Laune.
© Quelle: Uwe Anspach/dpa
Leimen. Inge Hess aus Leimen in Baden-Württemberg sind hässliche Stromkästen ein Dorn im Auge. Gegen die Trübsal dieser grauen Boxen kämpft sie mit Sprühdosen und launigen Sprüchen. Die 80-Jährige Graffiti-Künstlerin teilt ihr Hobby vornehmlich mit jungen Männern. Deshalb ist sie völlig unverhofft zu einer Berühmtheit in der Stadt im Rhein-Neckar-Kreis geworden. Mittlerweile verbinden womöglich mehr Menschen die 27.000-Einwohner-Gemeinde mit der rüstigen Seniorin und ihrer ungewöhnlichen Freizeitbeschäftigung als mit dem ebenfalls aus Leimen stammenden Ex-Tennisstar Boris Becker. Der sitzt in einem britischen Gefängnis, während „Graffiti-Inge“ die ihr entgegengebrachte überregionale Aufmerksamkeit in Presse und Fernsehen kaum fassen kann.
20 Stromkästen hat „Graffiti-Inge“ bereits verschönert
Alles begann mit dem verwahrlosten Stromkasten gegenüber ihrem Eigenheim. Der Schandfleck nervte sie so, dass sie erst zu Schwamm und Putzmittel und dann zur Sprühdose griff. Andere Farben halten auf dem zum Teil faserigen Material nicht, erläutert sie. Auf den zunächst mit einer hellen Untergrundfarbe versehenen Flächen bringt sie mit Schablonen Motive des Illustrators und Kinderbuchautoren Janosch und des britischen Streetart-Künstlers Banksy auf. 20 Stromkästen im ihrem Umkreis hat sie bereits verschönert.
Im Rathaus wird das Engagement der Bürgerin gelobt. „Die leider überall anzutreffenden Schmierereien, die teils obszöne, beleidigende oder gar verfassungsfeindliche Inhalte zeigen, sind ein Schandfleck im kommunalen Erscheinungsbild“, meint Oberbürgermeister Hans Reinwald (CDU). Alles, das dazu beitrage, sie schnellstmöglich verschwinden oder besser gar nicht entstehen zu lassen, sei daher zu begrüßen.
Hess tut sich schwer damit, Graffiti-Sprayer per se in die Ecke von Straftätern zu stellen. Für das Ungestüme, das Unkonventionelle, ja zuweilen Brutale der gesprühten Bilder hat die Seniorin durchaus Verständnis: „Die jungen Leute brauchen doch ein Ventil“, meint sie.
RND/dpa