Polizist erschießt Mann in Michigan

Initiative Schwarze Menschen: Gewalt gegen Schwarze „systematisches Problem“

Aktivisten demonstrieren für Patrick Lyoya.

Aktivisten demonstrieren für Patrick Lyoya.

Der gewaltsame Tod des 26-jährigen Schwarzen Patrick Lyoya hat in den USA für großes Entsetzen gesorgt. Der Mann war in der Stadt Grand Rapids im Bundesstaat Michigan von der Polizei aufgrund von Unregelmäßigkeiten an seinem Nummernschild angehalten worden. Lyoya versuchte zu flüchten, geriet mit einem weißen Polizisten in eine körperliche Auseinandersetzung, der dem 26-Jährigen schließlich in den Kopf schoss, während dieser am Boden lag.

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Bilder der Polizei zeigen, wie der 26-jährige Mann wehrlos auf dem Boden liegt.

Bilder der Polizei zeigen, wie der 26-jährige Mann wehrlos auf dem Boden liegt.

Auch in Deutschland löst die Tat Entsetzen aus. „Ich bin fassungslos und sprachlos, dass sich solche Vorkommnisse immer wieder wiederholen“, sagte Tahir Della, Sprecher der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland, gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Der Vorfall sei überhaupt nicht erklärbar. „Der Mann liegt am Boden, ist fixiert, der Polizist hat sein Knie auf ihm und schießt ihm dann von hinten in den Kopf“, so Della bestürzt. „Die Hemmschwelle ist sehr niedrig, das zeigt, wie tief sitzend die Gewalt insbesondere gegen schwarze Männer ist.“ Für den Polizisten habe es in der Situation überhaupt keine von Lyoya ausgehende Gefahr gegeben.

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Nach Bekanntwerden der Vorfälle kam es in der rund 200.000 Einwohner zählenden Stadt zu Protesten, Demonstrierende äußerten mit lauten Sprechchören und Bannern mit der Aufschrift „Black Lives Matter“ ihren Unmut.

Wie aktiv ist „Black Lives Matter“ noch?

Zuletzt war es allerdings wieder etwas ruhiger geworden um die Bewegung, die ihre Wurzeln bereits im Sommer 2013 hat. Die Bewegung begann nach dem Freispruch von George Zimmermann am 13. Juli 2013, der den 17-jährigen Highschoolschüler Tryvon Martin erschossen hatte. „Die Thematik hat immer eine Konjunktur, in der sich viele Leute damit beschäftigen. Irgendwann verschwindet das Thema wieder“, erläutert Della. Es sei daher auch nicht zu erwarten gewesen, dass die Proteste jahrelang weitergingen. „Der Bedarf, sich damit zu beschäftigen, wird scheinbar irgendwann wieder niedriger“, bemängelt Della. Das sei die große Schwierigkeit. „Es handelt sich um ein systematisches Problem, aber man will sich nicht systematisch damit beschäftigen“, betont der Sprecher.

Die aktuellen Protestbilder aus den USA erinnern, wenn auch in weitaus kleinerer Form, an die Proteste nach dem Tod von George Floyd, der am 25. Mai 2020 ebenfalls bei einem Polizeieinsatz getötet wurde. Über viele Tage hinweg gingen Menschen damals unter dem Motto „Black Lives Matter“ auf die Straße, demonstrierten gegen Polizeigewalt und strukturellen Rassismus. Dabei kam es teilweise zu schweren Ausschreitungen.

Mehr als 20 Menschen starben dabei, während der Proteste kam es zu weiteren Fällen von Polizeigewalt, unter anderem auch gegen Journalisten. 40 Städte in den USA verhängten als Folge der Ausschreitungen eine Ausgangssperre, 23 Bundesstaaten setzten die Nationalgarde zur Unterstützung der Polizei ein. Die Proteste beschränkten sich allerdings nicht nur auf die USA selbst, sondern breiteten sich über weite Teile der Welt aus. Auch beispielsweise in Deutschland, Österreich, Großbritannien und Frankreich gingen viele Menschen unter den Mottos „Black Lives Matter“ und „No Justice, No Peace“ auf die Straßen.

Knapp ein Jahr nach dem Vorfall war der Ex-Polizist Derek Chauvin schuldig gesprochen und zu einer Haftstrafe von 22 Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Drei weitere beteiligte Ex-Polizisten waren zudem im Februar wegen unterlassener Hilfeleistung verurteilt worden. Ihnen drohen jeweils Haftstrafen.

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„Auch wir als Gesellschaft wären gut beraten, das Thema institutionellen Rassismus in Deutschland intensiver zu behandeln.“

Tahir Della,

Sprecher der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland

Dass die Debatte über Rassismus und rassistische Polizeiarbeit häufig nur auf die USA bezogen wird, hält Della, trotz der schrecklichen Vorkommnisse, für falsch. „Auch wir als Gesellschaft wären gut beraten, das Thema institutionellen Rassismus in Deutschland intensiver zu behandeln“, so Della. Auch hier gebe es aus der Vergangenheit, beispielsweise mit dem NSU, zahlreiche Beispiele, bei denen auch die deutschen Sicherheitsbehörden einiges aufzuarbeiten hätten. „Auch in Deutschland ist Rassismus ein tiefsitzendes Problem. Das wird aber nicht so adressiert. Denn es ist allen klar, dass dies weitreichende Folgen in der Aufarbeitung haben würde“, analysiert Della. Dennoch müsse es zu einem anhaltenden Diskurs kommen, auch das Selbstverständnis der Sicherheitsbehörden müsse sich ändern. „Es geschieht im Nachgang solcher Taten zu wenig. Es muss gezeigt werden, dass die Aufarbeitung klare Konsequenzen hat“, fordert Della.

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