Elfjähriger wird von Wasserfluten in Kanal gerissen und auf wundersame Art gerettet
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In diesen Schacht wurde der Junge durch die Wasserfluten gerissen.
© Quelle: privat
Melbourne. Australien kämpft seit Monaten immer wieder mit Überschwemmungen. Vor allem im Osten des Landes fallen aufgrund des Wetterphänomens La Niña ungewöhnlich hohe Niederschläge. Diese Wassermassen wären einem Elfjährigen in einem Stadtteil von Melbourne Ende der vergangenen Woche beinahe zum Verhängnis geworden. Der Junge war gemeinsam mit einem Freund mit dem Fahrrad unterwegs, als er über einen überschwemmten Abfluss fuhr und von der Strömung unter Wasser gesaugt wurde.
Das schnell fließende Wasser riss den Jungen mit sich und spülte ihn in einen offenen Kanal. Etwa zehn Meter riss das Wasser ihn durch das Rohr, als sein Fahrradhelm sich am Gitter eines Straßenabflusses verfing. Dem Junge gelang es, das Metallgitter von unten zu greifen und sich festzuhalten. Dabei musste er gleichzeitig gegen die starke Strömung ankämpfen und versuchen, den Kopf über Wasser zu halten.
Passant sieht den eingeschlossenen Jungen
Allein dies war schon ein kleines Wunder. Glücklicherweise wurde dann aber noch ein Passant auf den eingeschlossenen Jungen aufmerksam und rief um Hilfe. Diesen Notruf hörte ein Mitarbeiter des Rettungsdienstes SES, der bei Katastrophen ausrückt. Der Mann, der gerade nicht im Dienst war, eilte dem Kind zu Hilfe. Auch ein Polizist kam innerhalb kürzester Zeit hinzu. Dieser beschrieb später, wie unglaublich dramatisch die Situation war, die er vorfand: „Als wir ankamen, war der Junge vollständig unter Wasser und klammerte sich buchstäblich mit seinen Fingernägeln an den Rost, damit er nicht in den Untergrund gesaugt wurde“, sagte Peter Ivory. Die Kraft des Wassers sei „außergewöhnlich“ gewesen, meinte er.
Während der Mitarbeiter des Katastrophendienstes versuchte, die Schrauben, mit denen das Abflussgitter befestigt war, zu entfernen, sprach der Polizist beruhigend auf den Jungen ein: „Zu einem Zeitpunkt fragte er mich, ob er es schaffen werde und ich sagte ihm: ‚Klar, du wirst das schaffen, alles ist gut, halt dich nur weiter fest.‘“ Den Rettern gelang es schließlich, das Gitter aufzuhebeln und den Jungen aus dem wild abfließenden Sturmwasser zu ziehen.
Junge fragt nach Rettung nach seinen Schuhen
Der Elfjährige selbst war von seiner wundersamen Rettung ebenso überwältigt wie seine Retter. „Ich liebe euch alle“, soll er seinen Rettern laut einer Mitteilung der Victoria Police zugerufen haben. Später fragte er noch nach seinen fehlenden Schuhen. Letztere waren jedoch von den Wassermassen mitgerissen worden.
Die Rettungskräfte versorgten den Jungen vor Ort und brachten ihn später ins Krankenhaus, wo er sich am Wochenende von seinem Albtraum erholte. Körperlich ist der Elfjährige kaum verletzt, er kam mit einigen Kratzern davon. Sein Freund, der ebenfalls von seinem Fahrrad gespült worden war, schaffte es, sich aus eigener Kraft zu retten. Er blieb ebenfalls unverletzt.
Rettungsaktionen nach massiven Überschwemmungen in Melbourne
Tausende Menschen im Südosten Australiens waren aufgefordert, sich wegen massiver Überschwemmungen in Sicherheit zu bringen.
© Quelle: Reuters
Polizistin nennt Rettungsaktion „höchst erstaunlich“
Kristy Briffa von der Polizei in Melbourne beschrieb die Rettungsaktion als „höchst erstaunlich“. Es bestehe kein Zweifel daran, dass die schnelle Reaktion aller Beteiligten dem Kind das Leben gerettet habe. „Wir freuen uns sehr, dass diese Geschichte ein Happy End hat“, meinte sie. Das Erlebnis zeige erneut, wie heimtückisch und gefährlich Hochwasser sein könne. Der Polizist Peter Ivory, der an der Rettung beteiligt war, lobte vor allem den Passanten und den Mitarbeiter des Rettungsdienstes, der eingriff, obwohl er gerade nicht im Dienst war. „Sie sind die wirklichen Helden dieser Geschichte“, meinte er.
Vom Krankenhausbett aus berichtete der elfjährige Junge dem staatlichen australischen Sender ABC, dass er zwischenzeitlich Angst hatte, dass er sterben würde. „Als es mich runterzog, dachte ich: ‚Ich bin nicht bereit zu gehen, ich will nicht in den Himmel kommen‘, und deshalb habe ich versucht, rauszukommen.“ Außerdem sei ihm durch den Kopf gegangen, ob es seinem Freund gut gehe und was seine Eltern und die Schule über den Vorfall denken würden. Das Radfahren will er nach seinem Erlebnis trotzdem nicht aufgeben. Nur im Regen will er künftig nicht mehr unterwegs sein.
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Laut dem UN-Ausschuss für Menschenrechte hat Australien die Bewohner der Torres-Strait-Inseln nicht ausreichend vor den Folgen des Klimawandels geschützt.
© Quelle: Reuters
Drei La-Niña-Zyklen hintereinander
Der Osten Australiens kämpft gerade mit dem fünften großen Hochwasser in nur 19 Monaten. Extreme Regenfälle haben etliche Städte in den Bundesstaaten New South Wales, Victoria und Tasmanien überschwemmt. Meteorologinnen und Meteorologen prognostizieren, dass die ungewöhnlich hohen Niederschläge voraussichtlich bis 2023 andauern werden. In der Fünf-Millionen-Stadt Sydney wurden in diesem Jahr 2,40 Meter Regen registriert. Letzteres bedeutet laut eines Berichts des Fachmagazins „New Scientist“, dass sich eine Wassermenge von etwa drei Millionen olympischen Schwimmbecken auf die Stadt abgeregnet hat.
Verantwortlich für die vielen Niederschläge ist das Klimasystem La Niña, das im Pazifischen Ozean entsteht und Regen an die Ostküste Australiens bringt. Eine seltene Gruppierung von drei La-Niña-Zyklen hintereinander seit Ende 2020 hat die Situation nochmals intensiviert. Dazu beigetragen hat ein Phänomen namens Indischer-Ozean-Dipol (IOD): Dieser befindet sich in einer Phase, die ebenfalls mehr Regen nach Südostaustralien bringt. Auch der Klimawandel könnte laut der Wissenschaft eine Rolle spielen. Denn jedes zusätzliche Grad in der Atmosphäre bedeutet, dass diese zusätzliche 7 Prozent Feuchtigkeit aufnehmen kann, die sich dann auch wieder abregnet.