Katastrophenschutz wird ausgebaut

Kommunen bauen Sirenen-Warnsysteme nach Flut aus - Ufer in Ahrweiler neu befestigt

In Rheinlandpfalz werden derzeit neue Alarmsirenen montiert (Symbolbild).

In Rheinlandpfalz werden derzeit neue Alarmsirenen montiert (Symbolbild).

Mainz/Trier/Koblenz. Nach der verheerenden Flut im Sommer 2021 wollen Kommunen in Rheinland-Pfalz die Bevölkerung bei Katastrophen künftig mit Sirenen besser warnen können. In Mainz beispielsweise ist die Anschaffung von 36 modernen elektronischen Sirenen vorgesehen: Nach der Ausschreibung laufe in diesen Tagen das Vergabeverfahren, sagte der Sprecher der Stadt. „Ziel ist es, künftig mit den Sirenen jeden Winkel des Stadtgebietes erreichen zu können.“ Mit dem Aufbau solle noch in diesem Jahr begonnen werden.

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In Koblenz sollen alle neuen Sirenen am 8. Dezember - dem bundesweiten Warntag - startklar sein, wie der Sprecher der Stadt sagte. Die 16 neuen Hochleistungssirenen funktionierten schon seit vergangenem Oktober - 30 weitere seien gerade im Bau. Nach der Flutkatastrophe vor einem Jahr sei in Koblenz der Ausbau des Warnsystems beschleunigt worden, sagte er.

Bundesweit nur wenige Sirenenbauer

Klar sei, dass die vom Bund und Land bereitgestellten acht Millionen Euro für den Ausbau des Sirenensystems in Rheinland-Pfalz nicht ausreichten, teilte der Städtetag Rheinland-Pfalz der Deutschen Presse-Agentur mit. Die meisten kreisfreien Städte hätten bereits Anträge auf Fördergelder gestellt und Bewilligungsbescheide erhalten. Die Auszahlung erfolge aber erst, wenn die jeweilige Stadt die Auftragserteilung an einen Sirenenbauer nachweisen könne.

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Da es bundesweit nur wenige Sirenenbauer gebe, sei „mit einem verzögerten Fördermittelabfluss mangels Auftragserteilung“ zu rechnen, teilte der Städtetag weiter mit. Ob die Sirenenbauer zusätzlich unter Materialengpässen litten, sei nicht bekannt. Ein größeres Problem sei auch der Fachkräftemangel, hieß es aus Koblenz. Die Stadt rechnet mit Gesamtkosten von rund 800.000 Euro, der Zuschuss belaufe sich auf 120.000 Euro.

In Ludwigshafen geht die Umrüstung der bestehenden Warnsirenen auch voran: Bislang wurden elf der 22 geplanten Standorte für elektrische Sirenen mit den neuen Modellen ausgestattet, teilte die Stadt mit. Vorgesehen sei, das Projekt bis Jahresende anzuschließen. Nach der Umrüstung würden in Ludwigshafen 28 moderne Warnsirenen installiert sein, um die Bevölkerung im Fall der Fälle schnell auf Gefahren hinweisen zu können.

Sechs Sirenenstandorte entlang des BASF-Werksgeländes waren in der Vergangenheit bereits entsprechend umgerüstet worden, wie die Stadt schrieb. Die neue Sirenen könnten künftig über verschiedene Wege angesteuert werden und aufgrund einer Batteriepufferung auch bei einem Stromausfall mehrere Tage im Standby-Modus einsatzfähig sein - und dann auch weiter mit Signaltönen warnen.

Trier: 55 Sirenen bis Ende 2024 geplant

In Trier soll ein Sirenennetz bis Ende 2024 gebaut werden. Nach dem Beschluss des Stadtrates von Dezember 2021 sind insgesamt 55 Sirenen geplant: elf in 2022, 22 in 2023 und nochmal 22 in 2024. Die Sirenen sollen auf Gebäuden oder Grundstücken der Stadtverwaltung oder der Stadtwerke Trier aufgestellt werden. Die Kosten beliefen sich inklusive Errichtung und Mehrwertsteuer auf 1,1 Millionen Euro. Fördermittel in Höhe von knapp 110.000 Euro seien bewilligt.

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Nach Ansicht der Trierer könnte der Zeitplan aber noch ins Wanken kommen. Denn nicht nur das Hochwasser, sondern auch der Ukraine-Krieg habe dazu geführt, dass auch Kommunen „sehr daran gelegen“ sei, „die vorhandenen Sirenennetze zu erweitern oder neu zu installieren“, hieß es in einem Papier aus dem Rathaus. Der Markt, der vorher nur eine Nische gewesen sei, stehe nun vor der Aufgabe, „außergewöhnlich viele Kunden bedienen zu müssen“. Lieferprobleme vor allem bei elektronischen Bauteilen verschärften die Lage.

Azubis befestigen nach Flutkatastrophe das Ahrufer neu

Während die Planungen um den Ausbau des Sirenennetztes fortschreiten, haben junge Menschen aus ganz Deutschland Uferbereiche im Ahr-Flutgebiet neu gestaltet. Lebende Weidenruten zwischen Holzpflöcken statt Betonsteine: Mehr als 100 angehende Wasserbauer in Bad Neuenahr-Ahrweiler befestigten die Ufer des Flusses naturnah neu. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sprach am Dienstag von einem beeindruckenden freiwilligen Projekt von Auszubildenden der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV). Die rheinland-pfälzische Regierungschefin Malu Dreyer (SPD) sagte, es sei schön, wenn Werkstücke angehender Wasserbauer nicht aus Platzgründen wieder abgerissen würden, sondern als natürlicher und dauerhafter Hochwasserschutz dienten. Zu sehen sei ein „echtes Win-win-Ergebnis“.

Laut der WSV waren die Azubis von Dezember 2021 bis Juli 2022 aus ganz Deutschland jeweils für eine Arbeitswoche nach Bad Neuenahr-Ahrweiler gekommen, um auf rund 500 Metern Uferböschungen zu bepflanzen und Natursteinmauern zu setzen. Gemeinsam mit der Bundesanstalt für Gewässerkunde wurde hier auch ein Lehrpfad mit Schautafeln zu dem Projekt sowie zu den Pflanzen und Tieren an der Ahr angelegt. Die Uferbefestigung mit wurzelschlagenden und somit stabilisierenden Weidenruten zwischen senkrechten Holzpfählen war hier laut der WSV eine neue ingenieurtechnische Methode - bislang hätten Wasserbauer sie nur in Norddeutschland umgesetzt. Würden die Experten die Ahrufer nicht befestigen, könnte die Strömung etwa Flusskurven immer mehr ausspülen und bebaute Flächen in Gefahr bringen, hieß es.

Die parteilose Landrätin des Kreises Ahrweiler, Cornelia Weigand, sprach von einem „schönen Etappenziel“. Die angehenden Wasserbauer hätten sich hier beim insgesamt noch sehr lange dauernden Wiederaufbau „austoben“ können. Bundesverkehrsminister Wissing ergänzte zum Ahrtal: „Auch 14 Kilometer Schiene, 70 Kilometer Straße und über 100 Brücken werden so wiederaufgebaut, dass sie klimaresilienter und für künftige Extremwetterlagen besser gerüstet sind.“

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Kritiker etwa vom Naturschutzbund (Nabu) bemängeln, dass weiter ahraufwärts in anderen Kommunen das Flussbett nach der Flut teils begradigt, einige neu entstandene Nebenarme zugeschüttet und der Hochwasserschutz dort daher mit weniger Raum für die Ahr wieder verschlechtert worden sei.

Mindestens 134 Tote bei Hochwasser

Bei der Hochwasserkatastrophe nach extremem Starkregen waren in dem großenteils engen Flusstal mindestens 134 Menschen getötet, Tausende Häuser verwüstet sowie weithin Ufergestaltungen zerstört worden. An diesem Donnerstag und Freitag (14. und 15. Juli) jährt sich die Katastrophe erstmals

RND/dpa

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