Zu großes Video schuld?

„Kann gut nachvollziehen, wenn Sie so richtig sauer auf uns sind“: NRW-Ministerin entschuldigt sich nach Abipanne

Die Abiturklausuren in Nordrhein-Westfalen mussten wegen einer technischen Panne auf Freitag verschoben werden (Symbolfoto).

Die Abiturklausuren in Nordrhein-Westfalen mussten wegen einer technischen Panne auf Freitag verschoben werden (Symbolfoto).

Artikel anhören • 6 Minuten

Es ist ein kurzes Video, das das nordrhein-westfälische Bildungsministerium am Mittwoch auf seinen Social-Media-Plattformen und der eigenen Website hochlädt. Ministerin Dorothee Feller bittet darin um Entschuldigung für die verschobenen Abiturklausuren und macht klar: Der Ärger von allen Seiten ist berechtigt. „Ich kann gut nachvollziehen, wenn Sie so richtig sauer auf uns sind, und ehrlich gesagt, ich bin auf uns selber auch sehr, sehr sauer und bewegt.“

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Wegen eines technischen Problems konnten am Vortag Schulen in NRW die Prüfungsklausuren gar nicht oder nur teilweise herunterladen. Bis zuletzt habe das Ministerium versucht, den Fehler zu beheben – ohne Erfolg. Die Klausuren für Biologie, Chemie, Ernährungslehre, Informatik, Physik, Technik (Grundkurs und Leistungskurs) mussten abgesagt werden. „Ich weiß, Sie hätten sich die Entscheidung teilweise früher gewünscht“, sagt Feller weiter. „Doch wir haben alles versucht, um es eben zu vermeiden, dass wir verschieben müssen.“ Bis zum Schluss habe man die Hoffnung gehabt, eine Lösung zu finden. Gegen 21 Uhr am Abend wurden die Schulen über die Verschiebung informiert.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

„Was für ein Abi-GAU der Schulministerin“

Vor und nach dem Statement der Ministerin hagelte es Kritik von allen Seiten. Die Schulpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Dilek Engin, sagte am Mittwoch: „Was für ein Abi-Super-GAU der Schulministerin. Wie konnte man gestern eine ganze Schullandschaft so lange im Unklaren darüber lassen, wie es nach den Download-Schwierigkeiten weitergeht? Über Stunden war die Ministerin abgetaucht. Das war wirklich katastrophales Kommunikationsverhalten von Frau Feller.“

Der Präsident des Lehrerverbandes NRW, Andreas Bartsch, kritisierte im Gespräch mit der „Rheinischen Post“, dass das Schulministerium den IT-Dienstleister gewechselt habe und viele Schulleiter darüber verärgert seien, dass es keinen Testlauf für den Download gegeben habe. Der Wechsel des Dienstleisters habe zudem ohne Beteiligung von Schulvertretern stattgefunden, der mehrfache Hinweis darauf, das System frühzeitig zu testen, sei ignoriert worden.

Dario Schramm, ehemaliger Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz, kritisierte die Kommunikation des Ministeriums. „Als Schüler oder Lehrer würde ich mich vor allem über die fehlende Empathie in der ganzen Kommunikation ärgern“, schrieb er auf Twitter.

Landesschüler*innenvertretung NRW: „Der Ausweichtermin ist eine Katastrophe“

Die Landesschüler*innenvertretung NRW kritisierte ebenfalls für die unzureichende Vorbereitung auf die anstehenden Abiturprüfungen. „Das nun verursachte Chaos ist ein weiterer Beleg dafür, dass das zentralisierte Abitur und der Privatisierungswahn der Landesregierung für zukünftige Abschlussprüfungen überwunden werden müssen“, sagte Phil Robin Weber aus dem Landesvorstand der Landesschüler*innenvertretung NRW dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. „Schon wieder müssen wir Schülerinnen und Schüler das Versagen der Landesregierung ausbaden.“

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Für die Abiturientinnen und Abiturienten bedeute der neue Prüfungstermin nicht nur mehr Stress durch fehlende Lernpausen oder mehr Belastung, sondern im Zweifelsfall auch eine schlechtere Note. Und ein weiteres Problem gibt es laut der Vertretung mit dem neuen Prüfungstermin: Der angekündigte ganztägige bundesweite Streik bei der Bahn sorge dafür, dass Schülerinnen und Schüler Angst hätten, die Prüfung am Freitag nicht oder nur verspätet antreten zu können. „Der Ausweichtermin ist eine Katastrophe, Frau Ministerin provoziert, mit dem Ausbleiben der Rahmenbedingungen die Zukunft junger Menschen zu verspielen, indem sie die Prüfungen mit einem noch höheren Stresslevel belegt“, fügt Weber hinzu.

„Das Bildungsministerium hatte ausreichend Zeit, das Verfahren zu erproben, stattdessen hat es sich auf externe Dienstleisterinnen und Dienstleister verlassen.“ Das Ministerium hätte rechtzeitig eigene, erprobte Plattformen und Verteilungssysteme etablieren müssen – schließlich gebe es in NRW seit 2007 das Zentralabitur, sagt Sebastian Dahlmann, ebenfalls aus dem Landesvorstand der LSV NRW.

Das Leben und wir

Der Ratgeber für Gesundheit, Wohlbefinden und die ganze Familie – jeden zweiten Donnerstag.

Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu.

Wiebke Maibaum, Generalsekretärin der Bundesschülerkonferenz, schließt sich der Kritik an: „Die frühzeitige Kommunikation über Fehlermeldungen wurde verschlafen. Der fehlgeschlagene Download sorgt nun für Unsicherheiten mit Blick auf die nächsten Prüfungen. Es muss schnellstmöglich eine Lösung für das technische Problem gefunden werden, damit noch bevorstehende Prüfungen nach Zeitplan stattfinden können. Mit der Verschiebung denken wir auch an viele muslimische Lernende, die am Freitag das Zuckerfest mit ihren Familien feiern.“

War ein Video schuld an der Panne?

Zur genauen Ursache der Panne machte Feller in ihrem Videostatement keine Angaben. Der WDR berichtet, dass für den technischen Fehler ein Video verantwortlich gewesen sein könnte. Die zu große Datenmenge könnte Schuld daran haben, dass der Download schwer bis gar nicht möglich gewesen sein könnte. Das vermutet Andreas Tempel, Leiter der Alexander-Coppel-Gesamtschule in Solingen, beim WDR. Die Filme sollten die Versuchsaufbauten für die Prüfungen in den Naturwissenschaften begleiten. Schulleitungen und Verbände hätten „vorab darauf hingewiesen, dass man das am besten testen sollte. Das ist unterblieben und wahrscheinlich ist es da jetzt bei stecken geblieben“, sagt Tempel.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Ministerin Feller versprach unterdessen eine umfassende Klärung der technischen Probleme und vor allem eine reibungslose Prüfung am kommenden Freitag. Ihr Haus sehe derzeit keinen Anlass, neue Aufgaben zu stellen. „Wir gehen davon aus, dass die Aufgaben nicht verbrannt sind“, sagte eine Fachreferentin des Ministeriums. Im Normalfall stehen die Abi-Klausuren am Vortag für die Schulen zum Download bereit.

Anzeige
Anzeige

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken