Prozess um Pfleger Niels Högel

Patientenmörder sagt als Zeuge aus – Befangenheitsantrag gegen Vorsitzenden Richter

Zwei Angeklagte (r, 2.v.r.) sitzen vor Prozessbeginn gegen Ex-Vorgesetzte des verurteilten früheren Krankenpflegers Niels Högel im Gerichtssaal im Landgericht Oldenburg.

Zwei Angeklagte (r, 2.v.r.) sitzen vor Prozessbeginn gegen Ex-Vorgesetzte des verurteilten früheren Krankenpflegers Niels Högel im Gerichtssaal im Landgericht Oldenburg.

Oldenburg. Im Prozess gegen sieben ehemalige Vorgesetzte des Patientenmörders Niels Högel haben am Freitag deren Verteidiger einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter Sebastian Bührmann gestellt. Bührmann habe bei der Befragung des Zeugen Högel seine Überzeugung deutlich gemacht, Högel habe im Klinikum Oldenburg getötet. Damit sei der Richter voreingenommen.

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Bührmann selbst hatte zum Prozessauftakt am 17. Februar betont, dass „alle Uhren auf null zurückgestellt werden“. Zwar sei Högel für seine Taten rechtskräftig verurteilt, doch spiele das für den neuen Prozess keine Rolle. „Wir müssen in diesem Verfahren erneut offen ermitteln, ob und wen Högel getötet hat“, sagte er. Und auch, welche Rolle die Angeklagten dabei spielten.

Verurteilter Högel muss als Zeuge aussagen

Högel steht gegen seine früheren Vorgesetzten als Zeuge vor Gericht. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft hätten sie die Mordtaten Högels mit an „Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ verhindern können. Allen Angeklagten sei von bestimmten Zeitpunkten an klar gewesen, dass von Högel eine Gefahr für die Patienten ausgehe. Zur Verhandlung stehen drei Tötungsdelikte in einer Klinik in Oldenburg und fünf in Delmenhorst.

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Für das Verfahren sind bis November 42 Verhandlungstage angesetzt. Der Vorsitzende Richter heißt wie bei allen Högel-Prozessen seit 2008 Sebastian Bührmann

Der Vorsitzende Richter Sebastian Bührmann

Auf der Intensivstation im Oldenburger Klinikum herrschte laut dem Zeugen Högel zum Zeitpunkt der Morde eine Atmosphäre des allgemeinen Misstrauens und der Verunsicherung. Der 45-Jährige verwies auf Schuldzuweisungen und Anweisungen von Ärzten. In einem Fall habe ein Arzt ihm gesagt, dass auf der Intensivstation Dinge passierten, die er sich bald nicht mehr erklären könne.

Der Arzt habe auch zu Überraschung der Pfleger bei einer Krisensituation mit einem Patienten den sofortigen Austausch alle sogenannten Perfusorspritzen und die Lagerung der alten angeordnet. Högel ermordete auf der Station zahlreiche wehrlose Patienten, indem er ihnen nicht verordnete Medikamente mit Spritzen injizierte.

Insgesamt acht ehemalige Vorgesetzte des Patientenmörders Niels Högel müssen sich ab dem 17. Februar vor dem Oldenburger Landgericht verantworten.

Der verurteilte Patientenmörder Niels Högel muss in einem neuen Prozess als Zeuge aussagen (Archivfoto).

Er ließ sich im Dezember 2001 intern auf die Anästhesiestation versetzen, wobei eine Pflegerin, mit der auch zuvor eine Beziehung hatte, ihm ein gutes Zeugnis ausstellte. Darin attestierte sie ihm eine hohe Einsatzbereitschaft und einen einfühlsamen und fürsorglichen Umgang mit Patienten. Ihm wurde später auch ein gutes Zeugnis zum Wechsel aus der Klinik ausgestellt.

Vorwurf gegen Ex-Vorgesetzte: Beihilfe zum Totschlag durch Unterlassen

Das Oldenburger Landgericht will klären, ob die Ex-Vorgesetzten gegebenenfalls eine Mitschuld durch Unterlassen trifft. Ihnen wird in unterschiedlichem Umfang Beihilfe zum Totschlag beziehungsweise versuchten Totschlag jeweils durch Unterlassen vorgeworfen. Högel mordete in der Zeit von 2000 bis 2005 in den Kliniken Oldenburg und Delmenhorst und wurde 2019 wegen 85-fachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt.

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Auf der Anklagebank sitzen drei Ärzte, drei leitende Pflegerinnen und Pfleger und einen Ex-Klinik-Geschäftsführer der Kliniken Oldenburg und Delmenhorst. Ihnen wird Beihilfe zur Tötung durch Unterlassen vorgeworfen. Der Ex-Krankenpfleger Högel war am 6. Juni 2019 vom Oldenburger Landgericht zu einer lebenslangen Haft wegen 85 Morden verurteilt worden. Bereits 2015 war er wegen weiterer Tötungen verurteilt worden. Er hatte Patienten mit Medikamenten vergiftet, um sie anschließend reanimieren zu können. So wollte er als Lebensretter glänzen.

Über den Befangenheitsantrag wird zu einem späteren Zeitpunkt entschieden. Der Prozess wird am 7. April fortgesetzt.

RND/dpa/epd

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