Polizist kniet minutenlang auf Hals eines Mannes in Münchner S-Bahnhof

Polizeibeamte gehen durch einen Bahnhof (Symbolbild).

Polizeibeamte gehen durch einen Bahnhof (Symbolbild).

München. Die Staatsanwaltschaft München I prüft einen Einsatz der Bundespolizei in einer Münchner S-Bahn-Station vom Februar 2020. Das Nachrichtenmagazin „Focus“ hatte am Montag ein Video des Einsatzes veröffentlicht. Darin ist zu sehen, wie ein Polizist auf Kopf- und Halsregion eines um Hilfe rufenden Mannes kniet. „Das Vorgehen von der Polizei wird von uns überprüft“, sagte die Sprecherin der Behörde, Anne Leiding, der Deutschen Presse-Agentur. Es handle sich um Vorermittlungen, um zu klären, ob ein Verfahren eingeleitet wird.

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Im Video ist zu sehen, wie ein Mann von mehreren Polizistinnen und Polizisten umstellt ist. Die Einsatzkräfte fordern ihn auf, sich auszuweisen, der Mann antwortet aufgeregt auf Französisch. Laut „Focus“ soll dem eine Ticketkontrolle vorangegangen sein, bei der der Mann ein gültiges, mit einer handschriftlichen Notiz versehendes Ticket dabei hatte. Der Fahrkartenkontrolleur, der das Ticket zunächst nicht anerkannt haben soll, habe die Bundespolizei verständigt. Die Polizistinnen und Polizisten fixieren ihn im Laufe des Videos am Boden. Der Mann wehrt sich. Später liegt er gefesselt auf dem Boden, während ein Polizist minutenlang das Knie in den Halsbereich des Mannes drückt. Der Mann schreit immer wieder „Hilfe“ und „aide-moi“ (helft mir) auf Französisch. „Ich konnte mich nicht mehr bewegen und mir wurde schlecht. Ein Mann kniete auf meinem Hals. Ich hatte wirklich Todesangst“, zitiert „Focus“ einen 53-Jährigen, bei dem es sich um den Mann auf dem Video handeln soll.

Anwalt: Reaktion der Beamten war unverhältnismäßig

Die Bundespolizei bestätigt auf Anfrage des RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND), dass es einen solchen Vorfall an dem Münchner S-Bahnhof Isartor gegeben hat.

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„Obwohl mein Mandant ein gültiges Ticket hatte, riefen die offenbar ungeschulten S-Bahn-Kontrolleure die Bundespolizei und meldeten eine ‚aggressive Person‘. Für die Beamten war der Bahnsteig damit von vornherein ein Tatort und mein Mandant ein Täter. So wurde er auch behandelt“, zitiert der „Focus“ den Anwalt des Mannes. Die Polizistinnen und Polizisten hätten mit einer Unverhältnismäßigkeit reagiert, die er noch nie erlebt habe. Auf RND-Anfrage äußerte er sich bislang nicht.

Polizei klagt Passagier an

Auf die Frage, warum die Polizei den Mann mit einem Knie am Hals fixiert hat, antwortet die Behörde mit dem Hinweis auf ein laufendes Verfahren nicht. Denn das das Video der Bodycam ist Beweismittel in einem Gerichtsprozess. Doch steht im Zentrum des Verfahrens nicht die Frage, ob die Reaktion der Beamtinnen und Beamten angemessen war. Vielmehr wurde der im Video zu sehende Mann angeklagt.

Bei der Staatsanwaltschaft München I heißt es auf Anfrage, dass schon im August 2020 Anklage gegen den am S-Bahnhof Isartor festgehaltenen Mann erhoben wurde. Er sei wegen Körperverletzung, Beleidigung und tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte angeklagt worden. Wie das Amtsgericht München dem RedaktionsNetzwerk München (RND) auf Nachfrage mitteilt, ist das Verfahren für den 13. August angesetzt.

Das Video erinnert an den Fall George Floyd

„Wir wissen nicht, wie die Aufzeichnungen einer Bodycam, die im Zuge eines Verfahrens gezeigt werden soll, in den Medien gelandet ist“, sagt die Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft.

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Das Video erinnert auf den ersten Blick - auch wenn die Folgen nicht zu vergleichen sind - an den tödlichen Polizeieinsatz gegen George Floyd in den USA, der eine Welle des Entsetzens und große Proteste ausgelöst hatte.

RND/dpa/nis/goe

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