Prinz Harrys schwere Vorwürfe vor Gericht: Presse will meine Ehe mit Meghan zerstören
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/47CFNAVIABCGJLP74BIQLGS5ME.jpeg)
Prinz Harry, Herzog von Sussex, trifft vor dem High Court in London ein.
© Quelle: Kin Cheung/AP
London. In einer schriftlichen Zeugenaussage hat Prinz Harry der britischen Boulevardpresse und auch der Regierung schwere Vorwürfe gemacht. Dass er mit Ehefrau Herzogin Meghan und dem gemeinsamen Sohn Archie in die USA zog, sei „zu einem großen Teil (...) auf das ständige Eindringen, die Anstiftung zu Hass und Belästigung durch die Boulevardpresse in jeden Aspekt unseres Privatlebens zurückzuführen, was verheerende Auswirkungen hatte“, heißt es in dem Dokument, das der High Court in London am Dienstag veröffentlichte. „Wir waren auch sehr besorgt um die Sicherheit unseres Sohnes.“
Die britische Boulevardpresse hat nach Ansicht von Prinz Harry seine Beziehungen zerstört. Die „tabloid press“ wolle auch seine Ehe mit Herzogin Meghan zerbrechen, betonte der Sohn von König Charles III. in der Zeugenaussage. „Wann immer ich eine Beziehung einging, waren sie sehr daran interessiert, über die Einzelheiten zu berichten“, erklärte Harry. Zugleich habe die Presse versucht, die Beziehungen schnell zu beenden, indem sie Druck ausgeübt und Misstrauen gesät habe. „Dieses verquere Ziel wird bis heute verfolgt, obwohl ich inzwischen verheiratet bin.“ Er verstehe nicht, inwiefern private Details seiner Beziehungen im öffentlichen Interesse lägen.
Die illegalen Methoden der Reporter hätten „jeden Teil meines Lebens“ betroffen, heißt es in Harrys Stellungnahme weiter. „Es löste in meinen Beziehungen ein großes Maß an Paranoia aus. Ich wurde sofort misstrauisch gegenüber jedem, der in einer Geschichte über mich genannt wurde.“ Er habe das Gefühl gehabt, niemandem mehr trauen zu können.
Aussage unter Eid und Kreuzverhör
Harry sagt seit Dienstag unter Eid aus und wurde vom Anwalt des Verlags Mirror Group Newspapers (MGN) ins Kreuzverhör genommen - als erster Royal seit mehr als 130 Jahren. „Ich stand die meiste Zeit meines Lebens unter Beobachtung der Presse“, sagte der 38-Jährige. Sein Anwalt David Sherborne hatte am Vortag angekündigt, dass der 38-Jährige anders als erwartet erst am Dienstag am Prozess teilnehmen werde. Der Richter hatte dies kritisiert.
Prinz Harry im Zeugenstand im Prozess gegen Boulevardzeitung
Mit Prinz Harry tritt erstmals seit mehr als 130 Jahren ein Mitglied der Royal Family in den Zeugenstand.
© Quelle: dpa
In seiner schriftlichen Stellungnahme betonte Harry, die Boulevardpresse weise den Mitgliedern der Royal Family eine bestimmte Rolle zu. „Man startet als leere Leinwand, während sie herausfinden, was für ein Mensch man ist und welche Probleme und Versuchungen man möglicherweise hat“, sagte er. „Dann beginnen sie, einen dazu zu bewegen, die Rolle oder die Rollen zu spielen, die ihnen am besten gefallen und mit denen sie möglichst viele Zeitungen verkaufen.“ Man werde dann abgestempelt, in seinem Fall etwa als „Betrüger“, „minderjähriger Säufer“ oder „verantwortungsloser Drogenkonsument“.
Die Demokratie scheitert, wenn ihre Presse es versäumt, die Regierung zu kontrollieren und zur Rechenschaft zu ziehen, und sich stattdessen dafür entscheidet, mit ihr ins Bett zu gehen, damit sie den Status quo sichert.
Prinz Harry
Mit beispielloser Kritik hat Prinz Harry auch die britische Regierung angegriffen. Der Zustand von Presse und Regierung im Vereinigten Königreich befinde sich am „Tiefpunkt“, betonte er. „Die Demokratie scheitert, wenn ihre Presse es versäumt, die Regierung zu kontrollieren und zur Rechenschaft zu ziehen, und sich stattdessen dafür entscheidet, mit ihr ins Bett zu gehen, damit sie den Status quo sichert.“
Mitglieder der Royal Family äußern sich üblicherweise nicht über die Regierung oder die Politik und vermeiden jeden Anschein einer Parteinahme. Ein Regierungssprecher wollte sich nicht zu den Vorwürfen, die Harry nicht weiter ausführte, äußern und verwies darauf, dass der Prozess laufe.
Schon als Minderjähriger unter Beobachtung
Der 38-Jährige wirft den MGN-Blättern „Daily Mirror“, „Sunday Mirror“ und „People“ vor, ihn jahrelang illegal abgehört und bespitzelt zu haben - bereits als Minderjährigen. Insgesamt 33 Artikel nimmt der High Court in der britischen Hauptstadt unter die Lupe. Der erste stammt vom 16. September 1996. „Diana so traurig an Harrys großem Tag“, überschrieb der „Mirror“ einen Bericht, laut dem Mutter Prinzessin Diana nur wenig Zeit mit ihrem Sohn an dessen zwölften Geburtstag verbracht haben soll.
In einem anderen Artikel geht es um eine kleinere Operation Harrys nach einem Sportunfall an seiner Schule - medizinische Details inklusive. Immer wieder im Fokus: das Liebesleben des Prinzen. So berichtete „People“ im April 2009, Harry habe seine langjährige Freundin Chelsy Davy geradezu mit Nachrichten „bombardiert“, um sie zurückzugewinnen.
„Kein Aspekt im Leben des jungen Prinzen war sicher“
„Kein Aspekt im Leben des jungen Prinzen war sicher“, sagte Harrys Anwalt David Sherborne am Montag. Schule, Freunde und Familie seien Ziele der Presse gewesen auf der Jagd nach privaten Details und Skandalen. Dadurch sei Misstrauen gesät worden zwischen Harry und seinem älteren Bruder Prinz William, die Beziehung zu Chelsy Davy sei an der Öffentlichkeit zerbrochen. „Die Höhen und Tiefen und Besonderheiten ihrer Beziehung, der Anfang, die Trennungen und schließlich der Bruch wurden in den drei Blättern der Mirror Group offenbart und auseinandergenommen“, betonte Sherborne.
Prozess gegen „Mirror“-Verlag: Prinz Harry erzielt ersten Teilerfolg
Abgehörte Telefone und andere Bespitzelungsmethoden: Im Fall der Schadenersatzklage von Prinz Harry hat am Mittwoch ein Prozess am Londoner High Court begonnen.
© Quelle: dpa
„Methoden wie ein Spinnennetz“
Die Enthüllungen seien offensichtlich von „rechtswidrigen Aktivitäten“ getrieben worden. „Diese Methoden wirkten wie ein Spinnennetz um den Prinzen, in der Hoffnung, wertvolle Informationen abzufangen, nach denen sie mit illegalen Mitteln suchten und von denen einige zu Geschichten wurden“, kritisierte Sherborne. Mit Harrys Freund Guy Pelly sei dabei auch einer der engsten Vertrauten des Royals ins Visier der MGN-Zeitungen geraten.
Bei der zivilen Sammelklage werden exemplarisch die Fälle von mehreren Prominenten verhandelt. Im Vordergrund steht dabei, wie sehr die Führungsebene des Verlags in die Praktiken verwickelt war. MGN-Anwalt Andrew Green wies die Vorwürfe als „märchenhaft“ und „völlige Spekulation“ zurück. Der Prozess hatte am 10. Mai begonnen und soll bis Ende Juni beendet sein. Das Urteil wird aber erst später im Jahr erwartet. Erhalten Harry und die anderen Prominenten Recht, dürfte ihnen das Gericht Schadenersatz zuerkennen.
Harry war schon Montag erwartet worden
Eigentlich war erwartet worden, dass Harry bereits am Montag an dem Verfahren teilnimmt. Überraschend erschien der 38-Jährige aber nicht - zum offenkundigen Ärger des Richters. Er kritisierte, Zeugen müssten sich bereits einen Tag vor ihrer Aussage zur Verfügung halten.
Harry muss sich nun im Kreuzverhör den Fragen des Anwalts der Gegenseite stellen. Das Gericht genehmigte dem MGN-Vertreter Andrew Green einen halben Tag mehr für die Befragung. Das Verhör könne eine schmerzhafte Erfahrung für Harry werden, sagte der Medienanwalt Matthew Dando der BBC. Es stehe unglaublich viel auf dem Spiel, und die Vorlage von Beweisen sorge für zusätzliche Unsicherheit. Ziel sei, die Glaubwürdigkeit des Zeugen zu untergraben. „Es gibt kaum etwas, das tabu ist. Es könnte in alle Bereiche des persönlichen und privaten Lebens eindringen“, sagte Dando.
Harry will Presselandschaft reformieren
Für Harry gehören die Aussage und die Klagen gegen insgesamt drei Verlage von Boulevardmedien - in den anderen beiden Fällen steht ein Prozess noch aus - zu seinem erklärten Lebensziel, die Presselandschaft zu reformieren. Er wirft der „tabloid press“ seit langem vor, schuld am Unfalltod seiner Mutter Prinzessin Diana 1997 zu sein und sein eigenes Leben zerstört zu haben.
Prinz Harry kommt ohne Meghan zur Krönung von König Charles
Lange hat es Spekulationen gegeben: Kommen Prinz Harry und seine Frau zur Krönung von Charles III.? Jetzt ist klar, Prinz Harry wird ohne Meghan anreisen.
© Quelle: dpa
Zur Außendarstellung der Monarchie gehört, es nicht auf Prozesse ankommen zu lassen. Als bisher letztes Mitglied der königlichen Familie vor Gericht war Charles‘ Schwester Prinzessin Anne, die sich 2002 schuldig bekannte und eine Geldstrafe zahlen musste, nachdem einer ihrer Hunde zwei Kinder gebissen hatte. Zuletzt im Kreuzverhör stand ein Royal 1891 - der damalige Thronfolger Prinz Edward sagte in einem Verfahren um Schummeleien beim Kartenspiel aus.
Königshaus wird zunehmend kritisch gesehen
Vor allem unter jungen Menschen, die die Institution zunehmend kritisch sehen, könnte das Verfahren aber Harrys Beliebtheit steigern, sagte die Royals-Expertin Pauline Maclaran von der Londoner Universität Royal Holloway der BBC. Er gelte in dem Fall als Außenseiter. „Viele junge Leute sehen in ihm eine heldenhafte Figur, die gegen das Establishment kämpft“, sagte sie.
RND/dpa