Stadien leer, dafür Opern voll – diese kuriosen Corona-Regeln gelten in manchen Regionen
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/6P433RZUFVHJFM6U5EHCGTBDA4.jpeg)
Ein Schild weist vor einer Ampel an einem Kaufhaus auf die geltende 2G-Regel hin.
© Quelle: Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa
Seit Ausbruch der Corona-Pandemie kämpft Deutschland immer wieder mit einem Flickenteppich, was die Regeln in den einzelnen Bundesländern angeht. Mal geht es um Kontaktbeschränkungen, mal um die Öffnung oder Schließung von Geschäften oder Kultureinrichtungen. Nicht immer sind alle Entscheidungen auf den ersten Blick nachvollziehbar, manche wirken auf ihre Art sogar sehr kurios: wenn zum Beispiel mehrere Tausend Musikliebhaber in einer Kulturstätte zusammensitzen dürfen, wenige Meter weiter aber eine Fußballmannschaft draußen vor leeren Rängen spielt. Ein kleiner Überblick:
Hamburg: Geisterspiele, aber fast voll besetzte Elbphilharmonie
Der Hamburger Senat hat am Dienstag beschlossen, alle Profisportereignisse ohne Zuschauer und Zuschauerinnen auf den Rängen stattfinden zu lassen. Das heißt, dass der HSV und St. Pauli sowie die Vereine der Hallensportarten ganz ohne Publikum auskommen müssen. Für Amateure gilt das allerdings nicht. Zu nicht professionellen Spielen dürfen weiter bis zu 1000 Personen kommen.
So weit zum Sport. Für die Kultur gelten in Hamburg andere Richtlinien – bis auf ein ausgereiftes Hygienekonzept (Mundschutzpflicht und künftig 2G plus) nämlich fast keine. In der Elbphilharmonie dürfen 2000 Menschen Platz nehmen. Insgesamt passen dort 2100 Menschen hinein, was eine erlaubte Auslastung von 95 Prozent bedeutet – in einem Innenraum.
Der Hamburger Senat begründet seine Entscheidung zu Geisterspielen damit, dass Profisportereignisse „überregionale Veranstaltungen“ seien, die zu Reiseverkehr führen würden. Dazu, dass in der Elbphilharmonie fast vor komplett gefüllten Zuschauerrängen gespielt werden darf, äußerte sich der Senat nicht.
Hannover: Tanzen verboten, Sex erlaubt
Discos, Clubs und Shishabars müssen wegen der niedersächsischen Corona-Regeln bis mindestens Mitte Januar geschlossen bleiben. Das gilt nicht für Swingerclubs, die sich in Hannover und der Region befinden – diese dürfen geöffnet bleiben.
Der Grund: Weil in Swingerclubs auch Essen und Getränke serviert werden, fallen sie unter die Corona-Regeln für Gastronomiebetriebe. Das bestätigt Christoph Borschel, Sprecher der Region Hannover, der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ (HAZ). In Swingerclubs gälten wie in Restaurants die 2G-plus-Regel und eine FFP2-Masken-Pflicht. Die Maske dürfe nur beim Essen abgenommen werden. Auch Tanzen ist verboten, Sex dafür erlaubt – allerdings nur mit Maske.
Schleswig-Holstein: Clubs weiterhin geöffnet
Über Weihnachten und Silvester durften Clubs in Schleswig-Holstein geöffnet bleiben und sind es auch jetzt noch – das war und ist in keinem anderen Bundesland der Republik so. Bis zum 28. Dezember war der Eintritt mit Maskenpflicht und 2G-plus-Regelung erlaubt. Erst ab da an durften die Clubs nur noch mit 50 Prozent Auslastung öffnen.
Das Nachbarland Hamburg machte seine Diskotheken beispielsweise schon am 22. Dezember dicht. Die Folge in Schleswig-Holstein: In mehreren Diskotheken unter anderem in Henstedt-Ulzburg, Bad Segeberg, Trittau und Kiel hatten sich an den Weihnachtstagen mehrere Besucher mit der Omikron-Variante des Coronavirus infiziert, Hunderte Feiernde mussten in Quarantäne, berichten die „Lübecker Nachrichten“ (LN).
Warum war das überhaupt möglich? Schleswig-Holstein habe den Beschluss der jüngsten Bund-Länder-Beratungen umgesetzt, sagte eine Sprecherin des Kieler Sozialministeriums den „LN“. Demnach konnten diejenigen Länder, die nach dem Auslaufen der epidemischen Lage von nationaler Tragweite von der Länderöffnungsklausel Gebrauch gemacht haben, Clubs und Diskotheken schließen und Tanzveranstaltungen verbieten. „Schleswig-Holstein gehörte mit dem seinerzeit bundesweit geringsten Infektionsgeschehen nicht dazu. Das Instrument der Schließung bestimmter Einrichtungen stand hier daher nach dem Bundesinfektionsschutzgesetz nicht zur Verfügung“, erklärte die Sprecherin.
Seit Dienstag reicht ein negativer Schnelltest nicht mehr aus. Nun muss ein höchstens 24 Stunden alter negativer PCR-Test vorgezeigt werden.
München: Media Markt will 2G-Regelung umgehen
Seit Anfang Dezember dürfen Menschen, die weder geimpft noch genesen sind, nicht mehr überall einkaufen, außer bei den sogenannten Grundversorgern (beispielsweise Supermärkte und Drogerien). Das gilt aber nicht für einen Media Markt in München – der heißt trotz der geltenden Regelung alle Personen willkommen. Über die Hintergründe äußerte sich die Pressestelle nicht, berichtet „Focus Online“.
„Ab sofort können Sie in unserem Markt ohne Vorlage eines Impfausweises oder negativen Corona-Tests einkaufen“, hieß es dem Bericht zufolge in einer E-Mail, die am Montagabend an Clubmitglieder des Unternehmens verschickt wurde. „Um Ihnen ein komfortables und sicheres Einkaufserlebnis zu gewährleisten, passen wir unser Hygienekonzept fortlaufend den aktuellen Gegebenheiten an.“
Die Mitarbeiter sprechen laut „Focus Online“ von einer Sondergenehmigung, die die zuständige Behörde allerdings dementiert. „Das Kreisverwaltungsreferat hat im Rahmen seiner regelmäßigen Kontrollen vor Ort festgestellt, dass in mehreren Filialen von Media Markt Kontrollen von 2G-Nachweisen nicht stattfinden.“ Auch bei Saturn in München seien Fälle entdeckt worden, obwohl die Filialen der beiden Unternehmen nach Infektionsschutzgesetz dazu verpflichtet sind. Das Kreisverwaltungsreferat prüfe nun, ob Bußgelder ausgesprochen werden.
Bayern: Spielwaren sind Grundversorgung
Ein weiteres Beispiel aus Bayern: Spielzeugläden in Bayern dienen genauso wie Buchhandlungen oder Blumenläden der Deckung des täglichen Bedarfs und unterliegen damit auch nicht der 2G-Regel. Das hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof Mitte Dezember entschieden.
Die Staatsregierung hatte als Ausnahmen von der 2G-Regel einerseits Läden der eindeutig notwendigen Grundversorgung wie Lebensmittelgeschäfte und Apotheken aufgezählt – andererseits aber auch Buch- und Blumenläden, Gartenmärkte und Weihnachtsbaumverkäufer, die eindeutig nicht zur täglich notwendigen Grundversorgung gehören. Für Kinder aber hätten Spielzeugläden – zumal in der Weihnachtszeit – mindestens die gleiche Bedeutung wie für Erwachsene Bücher, Schnittblumen und Gartengeräte, erklärten die Richterinnen und Richter nun. Wie wichtig und dringlich ein täglicher Bedarf sein müsse, damit das Geschäft nicht der 2G-Vorschrift unterliegt, sei weder dem Verordnungstext noch der Begründung zu entnehmen.
RND/nis mit dpa