Verdacht auf Steuerbetrug: Offenbar Razzien bei „Flugärzten“ in ganz Deutschland
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Ein Stethoskop liegt auf dem Tisch in einem Untersuchungszimmer (Symbolbild).
© Quelle: Christian Charisius/dpa/Symbolbi
Berlin. Gegen zwölf deutsche Ärztinnen und Ärzte wird wegen des Verdachts auf Steuerbetrug ermittelt. Die sogenannten „Flugärzte“ sollen gegen hohe Honorare als freischaffende Gutachter und Gutachterinnen für ein Schweizer Unternehmen gearbeitet haben. Die Einkommenssteuer sei am Fiskus vorbei geschleust worden. Bereits Anfang April habe es daraufhin bundesweit Durchsuchungen der Steuerfahndung gegeben. Das berichten das Recherchenetzwerk „Correctiv“ und die SRF-Sendung „Kassensturz“.
Dem Bericht zufolge könnten die Beschuldigten vorgetäuscht haben, eine Praxis in der Schweiz zu betreiben, um so die Einkommenssteuer zu hinterziehen. Es soll sich jedoch nur um eine Briefkastenfirma gehandelt haben. Den Journalisten und Journalistinnen lägen Fotos von der Adresse in Zürich vor. An einem Briefkasten seien die Namen der Medizinerinnen und Mediziner mit selbst gedrucktem Klebeband befestigt. In dem Fall soll es laut Ermittlerkreisen um „sehr, sehr hohe Einkünfte“ gehen. Die Behörden gehen weiter davon aus, dass es an der angegebenen Adresse „keinen regulären Praxisbetrieb“ gebe.
Weiter heißt es, dass sich das Finanzamt Ulm, das in dem Fall die Ermittlungen leite, auf Anfrage nicht geäußert habe. Auch die Schweizer Firma, für die die Medizinerinnen und Mediziner gearbeitet haben sollen, gab kein Statement ab.
Umstrittene Gutachterfirma
Die Firma aus Zürich arbeitet offenbar hauptsächlich mit deutschen Medizinern und Medizinerinnen, sogenannten „Flugärzten“ zusammen. Deren Aufgabe sei es, Gutachten im Auftrag der staatlichen Schweizer Sozialversicherung zu erstellen. Das Unternehmen gilt als umstritten. Laut den Recherchen des „Correctiv“- und des SFR-Teams habe es Ungereimtheiten bei den medizinischen Gutachten gegeben.
„In mehreren Fällen bleiben Befunde offenbar unberücksichtigt, bereits diagnostizierte Krankheitsbilder werden nicht abgeklärt, und zum Teil dokumentieren Ärzte Untersuchungen, die sie nie durchgeführt zu haben scheinen“, heißt es in dem Bericht. Für die geschädigten Schwerkranken seien die Folgen verheerend, sie stünden „in Folge von wohl fehlerhaften Gutachten vor dem Nichts“. Mithilfe der Gutachten werde so über die Auszahlung der Invalidenrente entschieden.
Die Schweizer Firma weißt die Vorwürfe unterdessen von sich und habe eine Anwaltskanzlei eingeschaltet, heißt es in dem Bericht weiter. Zu konkreten Fällen wollte sich das Unternehmen aufgrund des „Patientengeheimnisses“ nicht äußern. In der Schweiz laufen jedoch unterdessen mehrere Strafverfahren gegen das Unternehmen und einige Ärzte und Ärztinnen wegen Urkundenfälschung und falsch erstellter Gesundheitszeugnisse.
Zur Rercherche
Correctiv ist eine gemeinnützige und unabhängige Redaktion, die vor allem an investigativen Geschichten arbeitet. Im Rahmen einer Kooperation hat Correctiv dem RND die Geschichte vorab zur Verfügung gestellt.
RND/ag