„Die Feuerwehr ist bei uns immer schneller, als es jedes Flugzeug sein könnte“
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Ein Löschflugzeug wirft Wasser ab in der Nähe des griechischen Dorfes Krestena südlich des antiken Olympia, etwa 320 Kilometer südwestlich von Athen (Symbolfoto).
© Quelle: Giannis Spyrounis/ilialive.gr vi
Hannover. Die Waldbrände der vergangenen Wochen haben in der Ampelkoalition eine Kontroverse über die im Koalitionsvertrag vereinbarten Investitionen in den Bevölkerungsschutz ausgelöst. Die FDP plädiert für die Anschaffung von Löschflugzeugen und fordert von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) generell mehr Engagement beim Ausbau der Ressourcen für die Waldbrandbekämpfung.
Aber sind solche Flugzeuge wirklich ein zielführendes Mittel?
Ulrich Cimolino, Vorsitzender des Arbeitskreises Waldbrand im Deutschen Feuerwehrverband, zweifelt daran. „Die Feuerwehr ist bei uns normalerweise immer schneller, als es jedes Flugzeug sein könnte“, sagt er im Interview mit dem „Spiegel“. Das liege daran, dass „wir bei uns durch das System der Freiwilligen Feuerwehren in zehn oder längstens 20 Minuten selbst in die abgelegensten Winkel jeder Gemeinde kommen“, während Eingreifzeiten in südeuropäischen Ländern „teils im Bereich von mehreren Stunden“ lägen.
Windsysteme und Vegetation
Auch sonst seien die Unterschiede zwischen Deutschland und Ländern wie Kroatien, in denen fliegende Löschtanker tatsächlich zum Einsatz kommen, gewaltig. Auf der einen Seite liege das an den Windsystemen, die die Flammen im Mittelmeerraum unter Umständen mit Geschwindigkeiten von mehr als 100 km/h anfachen.
„Die Vegetation ist zudem noch anders und behindert die Löscharbeiten; in der italienischen Macchia etwa kommt am Boden niemand durch. Eukalyptusplantagen sind vor allem, aber nicht mehr nur, in Spanien und Portugal ein großes Problem. Eukalyptus ist stark ölhaltig und für eine Pflanze leicht entzündlich mit schnellem Abbrand. Diese Probleme haben wir bei uns nicht“, betont Cimolino, der seit 1993 für die Feuerwehr Düsseldorf arbeitet.
Waldbrände lodern in Brandenburg und Sachsen
Bereits am Montag mussten Einwohner von Kölsa, Kölsa-Siedlung und Rehberg ihre Häuser verlassen – rund 300 Menschen seien in Sicherheit gebracht worden.
© Quelle: dpa
Deshalb gelangt er zu dem Schluss: „Ich glaube nicht wirklich an den Nutzen von Löschflugzeugen.“ In nassen Jahren brauche man sie nicht, in trockenen habe man „immer eines zu wenig“. Zudem gebe es seit mindestens 20 Jahren die Möglichkeit, Hilfe bei der EU zu suchen und sich „Flieger aus der europäischen Zusammenarbeit in der Gefahrenabwehr“ schicken zu lassen. „Das machen wir aber nicht“, sagt Cimolino. „Weil offenbar der Bedarf faktisch nicht da ist.“
Besser Hubschrauber als Flugzeuge
Sinnvoller seien Löschhubschrauber, bekräftigt der Experte. „Mit einem Hubschrauber kann man dem Gelände und dem Feuersaum viel besser folgen als mit einem Flugzeug, um Wasser abzuwerfen. Außerdem kann man Wasser in einen Behälter in unzugängliches Gebiet fliegen, aber auch Personal und Ausrüstung transportieren. Zudem lassen sich, wenn nötig, mit dem Hubschrauber auch Menschen retten.“
Löschflugzeuge in öffentlicher Hand gibt es in Deutschland nicht. Brauchen Länder und Kommunen bei Vegetationsbränden Unterstützung aus der Luft, bitten sie um Amtshilfe, damit die Bundeswehr oder die Bundespolizei genau solche Hubschrauber mit Wasserbehältern schicken. Beispielsweise hat die Bundespolizei im vergangenen Juni nach eigenen Angaben mit zehn ihrer Hubschrauber in Sachsen und Brandenburg über 235.000 Liter Wasser abgeworfen.
Die nordrhein-westfälische Polizeifliegerstaffel sei zwar als eine der wenigen in Deutschland mit anhängbaren Außenlastbehältern zur Waldbrandbekämpfung ausgestattet, teilt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) auf Nachfrage mit. Doch auch hier gelte, wenn die Hubschrauber für polizeiliche Aufgaben benötigt würden, könnten sie nicht für die Brandbekämpfung angefordert werden.
RND/tdi/dpa
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