Was Boab-Bäume erzählen: Forscher wollen Rätsel der Schnitzereien lösen

Ihre Botschaften sind zum Teil viele Hundert Jahre alt: Australische Forscher nehmen die Rinde der Boab-Bäume genau unter die Lupe.

Ihre Botschaften sind zum Teil viele Hundert Jahre alt: Australische Forscher nehmen die Rinde der Boab-Bäume genau unter die Lupe.

Bisher wurde den Schnitzereien in alten Boab-Bäumen im Nordwesten Australiens wenig Beachtung geschenkt. Doch australische Forscher hoffen nun, mithilfe der Schnitzereien verlorene Geschichten der Ureinwohner zu finden und zu dokumentieren. Auch die ersten Seefahrer und Forscher, die nach Australien kamen, hinterließen Spuren im Holz, die historisch von großem Interesse sind.

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So stachen die Boab-Bäume mit ihren extrem wuchtigen Stämmen bereits dem in Australien geborenen Entdecker Phillip Parker King ins Auge, der 1820 die Küste der Kimberley-Region in Westaustralien kartierte und dabei beinahe mit seinem Schiff sank. King, der damals schrieb, die Bäume sähen aus, als hätten sie Gicht, war einer, der seine Spuren in den ungewöhnlichen Pflanzen hinterlassen hat.

So ließ er seine Crew nach der Reparatur seines Schiffes die Worte „HMC Mermaid 1820“ – den Namen seines Schiffes sowie die Jahreszahl – in den Stamm eines Boabs ritzen, der damals bereits 300 Jahre alt gewesen sein soll. Denn die Bäume, die einem durch ihre grotesk geschwollenen Stämme schon aus der Ferne ins Auge stechen, können mehrere Hundert Jahre alt werden. Bizarr mutet auch an, dass sie den Großteil des Jahres über kein Laub tragen, kurz vor der Regenzeit jedoch große, duftende, cremefarbene Blüten tragen.

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Expedition in die Kimberley-Region

Archäologen verschiedener australischer Universitäten reisen nun im Rahmen einer Expedition in die Kimberley-Region in Westaustralien, um die dortigen Schnitzereien zu studieren, zu fotografieren und zu archivieren. Sue O’Connor, eine Archäologin an der Australischen Nationaluniversität in Canberra, sagte, das Projekt werde das erste systematische Archiv geschnitzter Boab-Bäume liefern. Modernste Technologie soll zum Einsatz kommen, um genaue 3-D-Aufzeichnungen der Markierungen zu erfassen. „Wir wissen viel über die Felskunst in Höhlen und Felsunterschlupfen, aber fast nichts über die Schnitzereien in Bäumen“, sagte die Professorin. Da viele der geschnitzten Bäume bereits viele Hundert Jahre alt seien, bestehe eine gewisse Dringlichkeit, Aufzeichnungen zu erstellen, „bevor diese bemerkenswerten, historischen Bäume sterben“.

Einige der Bäume sind sogar bis zu 1500 Jahre alt und gehören damit zu den ältesten lebenden Organismen in Australien. Für die australischen Ureinwohner, die Aborigines, haben Boab-Bäume zudem eine mythologische Bedeutung. Sie gelten „als geschätzte Individuen mit einzigartigen Persönlichkeiten“, wie es in einer wissenschaftlichen Abhandlung über die Bäume im Fachmagazin „The Conversa­tion“ heißt. Einige Bäume seien den Ureinwohnern sogar heilig.

Lebensmittel für Ureinwohner

Die Aborigines nutzten die Bäume beispielsweise, um die Knochen ihrer Vorfahren aufzubewahren. Das Fruchtfleisch wie auch die Samen des Baumes waren zudem wichtige Lebensmittel für die Ureinwohner. Auch die frischen Blätter des Baumes sowie die Wurzeln der jungen Bäume sind essbar, während ausgewachsene Baumwurzeln zu Schnüren verarbeitet wurden. Die Bäume haben für die lokalen Ureinwohner bis heute eine große Bedeutung, da sie „als Landschafts- und Ortsmarkierungen fungieren und beliebte Campingplätze sind“, wie Melissa Marshall erklärte, eine Archäologin der University of Notre Dame in Sydney, die ebenfalls an dem Forschungsprojekt beteiligt ist.

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Parallel zur Dokumentation der indigenen als auch der nicht indigenen Schnitzereien auf den Boabs wird das Forscherteam bisher unveröffentlichte Manuskripte, Tagebücher, Briefe, Missionsaufzeichnungen und Zeitungen sowie veröffentlichte historische und an­thropologische Literatur über die Kimberley-Region auswerten, um die Schnitzereien in den jeweils richtigen Kontext zu setzen.

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