Der Tag im Überblick

50 Tage Krieg in der Ukraine: Warnungen aus Moskau, Forderungen aus Kiew, Zögern aus Berlin

Ein ukrainischer Soldat steht vor dem zerstörten Gebäude der Regierungsverwaltung in Mikolajiw.

Ein ukrainischer Soldat steht vor dem zerstörten Gebäude der Regierungsverwaltung in Mikolajiw.

Moskau/Kiew. 50 Tage nach Beginn des Kriegs gegen die Ukraine hat Russland den Westen vor den Folgen einer schärferen Konfrontation gewarnt. Kremlchef Wladimir Putin bezog dies am Donnerstag auf ein mögliches Energieembargo gegen Russland. Sein Vorgänger Dmitri Medwedew drohte für den Fall eines Nato-Beitritt Finnlands und Schwedens mit Stationierung von Atomwaffen im Ostseeraum. Im Kriegsgebiet konzentrierten sich die Gefechte auf die Ostukraine. In Deutschland wächst der Druck auf Kanzler Olaf Scholz (SPD), sich zur Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine durchzuringen.

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Diese Forderung kamen aus den Reihen der Koalitionspartner Grüne und FDP. Auch der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba sagte in einem Interview der ARD-„Tagesthemen“: „Ich hoffe, dass Scholz eine positive Entscheidung fällt.“ Aus Sicht Kulebas hätte der Krieg sogar vermieden werden können, „wenn Deutschland früher Waffenlieferungen zugelassen hätte“. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj kritisierte in der BBC, dass Deutschland weiter Öl aus Russland kaufe und gemeinsam mit Ungarn ein Embargo blockiere.

Ukraine: Zentrum der Hafenstadt Mariupol massiv zerstört

Einige Menschen versuchen in der zerbombten Stadt Mariupol im Osten der Ukraine am Asowschen Meer weiter zu überleben.

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Russland hatte die Ukraine am 24. Februar angegriffen. Aus der Umgebung der Hauptstadt Kiew hat sich das russische Militär inzwischen zurückgezogen, um sich für eine Offensive im Osten und Süden der Ukraine neu zu formieren. Diese wird für die nächsten Tage erwartet. Aus ehemals besetzten Gebieten werden Kriegsgräuel gemeldet. Das ukrainische Parlament wertete diese am Donnerstag offiziell als „Völkermord“ und stufte Russland als „Terrorstaat“ ein.

Gefährliche Aufräumarbeiten für ukrainische Soldaten
 April 12, 2022, Andriivka, Kyiv, Ukraine: A man from security forces is seen leaving parts of used weapons. The village of Andriivka, west of Kyiv, revealed heavy damages, civilian killings and disappearing, after the Russian withdrawal at the end of March 2022. Local residents and military and security forces carry on controls to assess the situation. Andriivka Ukraine - ZUMAf172 20220412_zip_f172_004 Copyright: xValeriaxFerrarox

Ukrainische Einheiten durchsuchen das Gebiet östlich von Kiew, um Minen und Sprengfallen sicherzustellen, die von russischen Soldaten dort platziert wurden.

Nato-Beitritt Schwedens und Finnlands erbost Moskau

Wegen des Ukraine-Kriegs erwägen Finnland und Schweden nun, rasch dem westlichen Verteidigungsbündnis Nato beizutreten. Darauf reagierte der russische Ex-Präsident Medwedew erbost. „In diesem Fall kann schon nicht mehr von einem atomwaffenfreien Status des Baltikums die Rede sein“, schrieb der Putin-Vertraute bei Telegram. Konkret drohte er mit der Stationierung von „Iskander“-Raketen, Hyperschallwaffen und Kriegsschiffen mit Atomwaffen. Litauens Präsident Gitanas Nauseda nannte die Drohung allerdings „einen leeren Schuss in die Luft“, da Russland bereits Atomwaffen in seine Ostsee-Exklave Kaliningrad verlegt habe.

Präsident Putin selbst richtete Vorwürfe an westliche Staaten, die Gas aus Russland beziehen: „Die Banken aus diesen äußerst unfreundlichen Staaten halten die Überweisung von Zahlungen zurück.“ Putin hatte Ende März angewiesen, dass EU-Länder russisches Gas nur noch in Rubel bezahlen dürfen. Allerdings ließ er den Beziehern die Möglichkeit, auf ein Konto bei der Gazprombank doch wie bisher Dollar und Euro einzuzahlen und es von der Bank konvertieren zu lassen. Wo jetzt die Probleme liegen sollen, blieb zunächst offen.

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Deutlich äußerte sich Putin aber zu den in der EU immer lauter werdenden Forderungen nach einem Embargo gegen russisches Gas und Öl: „Die Folgen eines solchen Schrittes können sehr schmerzhaft werden - vor allem für die Initiatoren einer solchen Politik.“

Die militärische Lage

Im Kriegsgebiet nahmen russische Truppen die seit Wochen belagerte südukrainische Hafenstadt Mariupol noch härter in die Zange. Das Verteidigungsministerium in Moskau erklärte, russische Truppen hätten den Hafen komplett unter Kontrolle. Zudem hätten sich inzwischen 1160 ukrainische Soldaten ergeben. Mariupols Bürgermeister Wadym Bojtschenko gab sich in der ARD trotzdem siegessicher und sagte: „Mariupol war, ist und bleibt eine ukrainische Stadt.“

„Moskwa“ schwer beschädigt: Explosion auf russischem Schwarzmeer-Flaggschiff

Ein ukrainischer Beamter hatte zuvor erklärt, das Schiff sei von zwei ukrainischen Raketen getroffen worden.

Ähnlich widersprüchliche Darstellungen gab es zum Schaden am russischen Flaggschiff „Moskwa“ im Schwarzen Meer. Während die Ukraine erklärte, man habe das Schiff mit Raketen getroffen und versenkt, sprach das russische Verteidigungsministerium zunächst lediglich von einem Brand. Später aber berichteten die Staatsagenturen Tass und Ria in Bezug auf das Verteidigungsministerium in Moskau, dass der Raketenkreuzer gesunken sei. Die „Moskwa“ sei demnach am Donnerstag während eines Sturms untergegangen, als es an sein Ziel, ein Hafen für Reparaturen, geschleppt wurde. Das US-Verteidigungsministerium hat nach eigenen Angaben noch keine Gewissheit über die Ursache des Schadens. Klar wurde aber, dass das Schiff für den Krieg wohl zunächst ausfällt.

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Das russische Ministerium meldete auch weitere Angriffe auf Kriegsgerät auf einem Flugplatz von Dnipro sowie auf Waffenlager in den Gebieten Odessa und Donezk. Zudem warf Russland der Ukraine vor, auf westrussischem Gebiet Zivilisten beschossen zu haben. Die Angaben der Kriegsparteien sind meist nicht unabhängig zu überprüfen.

Polens Präsident Duda: Russland führt „totalen Krieg“

Der polnische Präsident Andrzej Duda warf Russland vor, in der Ukraine einen „totalen Krieg“ zu führen. Er hoffe, sein gemeinsamer Besuch mit den Präsidenten Litauens, Lettlands und Estlands in Kiew sei ein Zeichen der Unterstützung für die Verteidiger der Ukraine.

Sorge vor russischer Großoffensive: Westen will Ukraine massiv aufrüsten
HANDOUT - 13.04.2022, Ukraine, -: Andrzej Duda (l), Präsident von Polen, untersucht ein zerstörtes militärisches Fahrzeug in einer Ortschaft in der Nähe von Kiew und ist dabei umgeben von bewaffneten Soldaten. Duda ist mit weiteren Präsidenten nach Kiew gereist, um sich mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj zu treffen. Foto: Jakub Szymczuk/Kprp/PAP/dpa - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung und nur mit vollständiger Nennung des vorstehenden Credits +++ dpa-Bildfunk +++

In Kürze wird mit einer russischen Großoffensive gerechnet. Die USA und die EU, darunter auch Deutschland, wollen die Ukraine daher massiv aufrüsten.

Ursprünglich wollte auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit den vier Präsidenten in die Ukraine reisen. Doch sagte Steinmeier, er sei in Kiew offenbar nicht erwünscht. Die Absage aus Kiew wird in Berlin parteiübergreifend als Affront gewertet. Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) sprach in den Zeitungen der Funke-Mediengruppe von einem diplomatischen Fehler.

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Gleichwohl dringen vor allem Grüne und FDP in der Ampel-Koalition auf weitere Hilfen für Kiew auch in Form von schweren Waffen. Der Grünen-Politiker Anton Hofreiter appellierte an Scholz. „Das Problem ist im Kanzleramt“, sagte er bei RTL. Nötig sei mehr Führung. Ähnliche Mahnungen kamen von der FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann im Deutschlandfunk.

Scholz hat sich bisher zurückhaltend zur Lieferung schwerer Waffen - also zum Beispiel Panzer - an Kiew geäußert. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich stärkte dem Parteikollegen den Rücken: „Ich bin froh, dass im Kabinett Frauen und Männer Verantwortung tragen, die solche schwierigen Entscheidungen genau abwägen und die Konsequenzen nicht aus den Augen verlieren.“

Wie geht Deutschland mit den Ukraine-Geflüchteten um?

Deutschland muss sich nach Einschätzung von Arbeitsminister Hubertus Heil auch drauf einstellen, die ukrainischen Kriegsflüchtlinge für längere Zeit aufzunehmen. Das sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Rund 340.000 ukrainische Kriegsflüchtlinge sind bisher offiziell in Deutschland festgestellt.

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Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Karin Prien, verwies auf Schätzungen, wonach bis zu eine Million Menschen aus der Ukraine kommen könnten, davon bis zu 400.000 Schülerinnen und Schüler. Dem müsse das deutsche Schulsystem gerecht werden, sagte die CDU-Politikerin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Nötig wären etwa 24.000 Lehrer. Eine noch größere Anstrengung leistet Polen: Dort hat der Grenzschutz bisher 2,73 Millionen Flüchtlinge gezählt.

Auf ersten Ostermärschen forderten am Gründonnerstag Demonstranten in Deutschland ein Ende des Kriegs. Es gelte, die Waffen sofort niederzulegen und an den Verhandlungstisch zurückzukehren, sagte eine Sprecherin der Organisatoren in Erfurt.

RND/dpa

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