Amtsenthebungsverfahren gegen Trump: Der kurze Schock im Senatssaal
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Nur mühsam konnte der Abgeordnete Jamie Raskin seine Emotionen beherrschen, als er die Abläufe des verhinderten Putschversuches im Kapitol schilderte. Raskins Tochter hatte sich auf der Besuchertribüne verstecken müssen.
© Quelle: Uncredited/Senate Television/AP/
Washington. Nach einer Weile war es selbst dem ultrarechten Kabelkanal Newsmax zu viel. Eine halbe Stunde mäanderte der Trump-Anwalt Bruce Castor schon herum. Er lobte die Senatoren, erzählte Anekdoten und zweifelte zwischendurch die Rechtmäßigkeit des Verfahrens an. Da unterbrach der Sender seine Live-Übertragung und interviewte den konservativen Hochschullehrer Alan Dershowitz. „Ich habe keine Ahnung, was der da gerade macht“, antwortete der Mann, der Donald Trump in seinem ersten Impeachment-Verfahren verteidigt hatte.
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Es lief nicht gut für den Ex-Präsidenten am ersten Tag des Amtsenthebungsprozesses vor dem Washingtoner Senat. Durch eine längliche Geschäftsordnungsdebatte hatten die Republikaner am Dienstag versucht, eine Aussprache über Trumps heikle Rolle beim blutigen Sturm auf das Kapitol zu vermeiden oder zumindest in den Hintergrund zu drängen. Es sei verfassungswidrig, einen nicht mehr im Amt befindlichen Regierungschef anzuklagen, lautete das Argument der Trump-Verteidiger.
Selbst Ted Cruz lobt den Ankläger der Demokraten
Doch ihr fahriger Auftritt machte den Eindruck zunichte. Gleichzeitig hielt der demokratische Chefankläger Jamie Raskin, ein ehemaliger Verfassungsrechtsprofessor, inhaltlich präzise und mit einem Videoclip auch emotional ergreifend dagegen. Selbst Ted Cruz, einer der engsten Trump-Verbündeten, kam nicht umhin, den Auftritt der Gegenpartei „beeindruckend“ zu nennen. Der Ex-Präsident, der die Verhandlung in Florida vor dem Fernseher verfolgte, soll wütend gewesen sein, berichten amerikanische Medien.
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Am Ausgang des Impeachments, bei dem Trump die „Anstiftung zum Aufruhr“ vorgeworfen wird, dürfte das jedoch nichts ändern. Zwar scheiterte der Versuch der Verteidigung, das Verfahren von vorneherein für verfassungswidrig erklären zu lassen. Sechs der 50 republikanische Senatoren wehrten den Vorstoß mit den Demokraten ab.
Für eine Verurteilung des Ex-Präsidenten, die dann die Möglichkeit einer lebenslangen Ämtersperre nach sich ziehen würde, wären aber 17 republikanische Abweichler erforderlich. Nachdem diese mit überwältigender Mehrheit die Rechtmäßigkeit des Verfahrens bestritten haben, scheint ein solcher Sinneswandel so gut wie ausgeschlossen.
Folgerichtig konzentrieren sich die Ankläger vor allem darauf, der amerikanischen Öffentlichkeit einen schockierenden Eindruck von Ausmaß und Brutalität des gescheiterten Putschversuches zu verschaffen und gleichzeitig die Verantwortung von Trump herauszustreichen. Die verfassungsrechtlichen Einwände gegen das Verfahren wies Ankläger Raskin – im Einklang mit der überwältigenden Mehrheitsmeinung der Experten – mit dem schlagenden Argument zurück, dass Trump vom Repräsentantenhaus bereits während seiner Amtszeit angeklagt worden sei.
Wenn der Senat den Fall nun nicht mehr verhandeln dürfe, führe das zu einer De-facto-Rechtlosigkeit in den letzten Wochen jeder präsidialen Amtszeit: „Das wäre der Albtraum unserer Gründerväter.“
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Eindrucksvoll wirkte ein 13-minütiger Videoclip, den Raskin vorführte. Darin sah man den Sturm der rechte Meute auf das Kapitol und im Gegenschnitt Trumps Rede vor dem Weißen Haus, wo er den Mob aufwiegelte, „wie der Teufel“ zu kämpfen. „Fight vor Trump“ (Kämpft für Trump) und „No Trump – no peace“ (Ohne Trump keinen Frieden) skandierten die Gewalttäter, während sie ins Parlament eindrangen, um die Bestätigung des Wahlergebnisses zu verhindern.
Man sah, wie Türen zertrümmert und Polizisten mit Fahnenstangen brutal niedergeknüppelt wurden, wie sich Politiker ängstlich auf den Boden kauerten und schließlich ein Schuss fiel. „Senatoren, das kann nicht unsere Zukunft sein!“, rief Raskin aus. Im Saal herrschte betretene Stille.
Doch im zynischen Washingtoner Politikbetrieb, bei dem viele Beteiligte zunächst an ihre eigene Wiederwahl denken, droht der Appell zu verhallen. Noch steht die republikanische Wählerbasis nämlich zu Trump, und jedem Senator, der sich von ihm abwendet, droht das Ende seiner Karriere. Anklage und Verteidigung im Impeachment-Prozess haben nun jeweils 16 Stunden Zeit, ihre Argumente vorzubringen. Schon Anfang nächster Woche könnte das Urteil fallen.
Wird Trump freigesprochen, hätten die Demokraten die Verfehlungen des Ex-Präsidenten immerhin schonungslos offengelegt. Die Republikaner aber hätten die Chance verpasst, sich von dem Möchtegernautokraten zu emanzipieren und dessen erneute Kandidatur zu verhindern.
Der rechtsextreme Verschwörungsfanatiker Sebastian Gorka jedenfalls, der unter Trump im Weißen Haus wirkte, zeigte sich am Ende des ersten Tages beim Sender Newsmax zufrieden: „Trump wird der ewige Königsmacher der Rechten sein“, sagte er strahlend voraus.