Überraschender Vorstoß

Debatte um Laufzeitverlängerung: Grüne in München offen für längeren AKW-Betrieb

Wasserdampf steigt aus dem Kühlturm des Atomkraftwerks Isar 2, einer der drei verbliebenen Reaktoren in Deutschland. Davor steht ein Stall mit einer Fotovoltaikanlage.

Wasserdampf steigt aus dem Kühlturm des Atomkraftwerks Isar 2, einer der drei verbliebenen Reaktoren in Deutschland. Davor steht ein Stall mit einer Fotovoltaikanlage.

Berlin. Der Vorstoß, der die Atompolitik der Grünen durchschütteln könnte, kommt nicht aus der Berliner Parteizentrale, sondern von den Münchner Kommunalpolitikern. Die Versorgungssicherheit der Münchner und Münchnerinnen stehe an oberster Stelle, erklärt die Vizebürgermeisterin der bayerischen Landeshauptstadt, Katrin Habenschaden, am Donnerstag. „Sollte der Stresstest des Bundeswirtschaftsministeriums ergeben, dass München ein Engpass bei der Stromversorgung droht, darf ein Streckbetrieb von Isar 2 kein Tabu sein.“

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Ein möglicher Blackout – das wäre also das Szenario, das die Grünen ihre Bedenken hintanstellen ließe. Grünen-Chefin Ricarda Lang hatte eine Veränderung bereits angedeutet: Man müsse „in jedem Moment innerhalb dieser Krise natürlich immer auf die aktuelle Situation reagieren“, sagte sie in der ARD.

Neuer Stresstest: Habeck prüft ein zweites Mal

Das Atomkraftwerk Isar 2 ist einer der drei letzten Reaktoren, die in Deutschland noch laufen. Ende des Jahres soll eigentlich Schluss sein. Aber nun sind wegen des Ukraine-Kriegs die Gaslieferungen aus Russland eingebrochen, wegen der Hitze fließt der Atomstrom aus Frankreich nicht mehr so zuverlässig, da dort vielen Reaktoren das Kühlwasser der ausgetrockneten Flüsse fehlt. Und die Gaspreise sind gestiegen, über die Annahmen des ersten Stresstests des Wirtschaftsministeriums hinaus. Es gebe keinen Bedarf für längere AKW-Laufzeiten, hatte dieser Test ergeben. Mittlerweile lässt Minister Robert Habeck (Grüne) ein zweites Mal prüfen. Das Ergebnis wird im August erwartet.

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EU-Parlament stuft Atomkraft und Erdgas als „klimafreundlich“ ein

Nach einer hitzigen Debatte im EU-Parlament gibt es nun eine Entscheidung: Atomkraft und Erdgas werden künftig EU-weit als klimafreundlich eingestuft.

Die Union fordert seit Wochen, die Laufzeiten für AKW zu verlängern. Die FDP hat sich offen gezeigt. Habeck hat Sicherheitsbedenken, Versicherungszahlungen, fehlende Brennstäbe dagegen ins Feld geführt. Außerdem weist er darauf hin, dass Atomstrom Gas kaum ersetzen könne, da es nicht für Energieversorgung genutzt werden könne.

Wird „Streckbetrieb“ zur Kompromissformel

Nun könnte das Stichwort „Streckbetrieb“ die Kompromissformel werden. Damit könnte die Nachbestellung von Brennstäben umgangen werden – die Kraftwerksleistung würde stattdessen so heruntergefahren, dass die bisherigen Brennstäbe etwas länger genutzt werden können.

Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sagte, die Stadtwerke München hätten beschlossen, die Bundesregierung aufzufordern, die gesetzliche Grundlage für einen Streckbetrieb zu schaffen. Die Grünen tragen dies offenbar mit.

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Hintergrund ist auch, dass die Atomkraftwerke in Bayern rund 10 Prozent des Strombedarfs abdecken, deutlich mehr als im Rest der Republik. Unter anderem hat die CSU-geführte Landesregierung lange den Ausbau der Windkraft und von Stromleitungen aus dem Norden gebremst.

Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) wollte von einer Wende in der Atompolitik allerdings nichts wissen. Es gebe „keinen Anlass für eine neue Bewertung der Situation“, sagte ein Ministeriumssprecher dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Das Ergebnis des ersten Stresstests habe noch Bestand. Und das Ergebnis des zweiten „bleibt abzuwarten“.

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