Grüne und SPD öffnen sich

Bleiben die Atomkraftwerke nun doch länger?

Das Kernkraftwerk Emsland (KKE) ist eines der drei Atomkraftwerke, die aktuell noch in Betrieb sind.

Das Kernkraftwerk Emsland (KKE) ist eines der drei Atomkraftwerke, die aktuell noch in Betrieb sind.

Berlin. In die Debatte über eine Verlängerung der Laufzeiten der drei verbleibenden Atomkraftwerke über das für den 31. Dezember vorgesehene Ende hinaus kommt innerhalb der Ampelkoalition zunehmend Bewegung. Die FDP macht bereits seit Wochen deutlich, dass sie für eine Laufzeit­verlängerung der Meiler Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg, Emsland in Niedersachsen und Isar 2 in Bayern eintritt. Nun sagte die SPD-Vorsitzende Saskia Esken, sie sei bei dem Thema „nicht ideologisch unterwegs“.

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Bundestags­vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt erklärte in der ARD-Sendung „Anne Will“: „Wenn es dazu kommt, dass wir eine wirkliche Notsituation haben, dass Krankenhäuser nicht mehr arbeiten können, wenn eine solche Notsituation eintritt, dann müssen wir darüber reden, was mit den Brennstäben ist.“ Allerdings wies Esken darauf hin, dass die Sicherheits­bedenken fortbestünden. Göring-Eckardt betonte, ein sogenannter Streckbetrieb bis ins Frühjahr hinein löse das Problem nicht.

Scholz will Stresstest abwarten

Eine Regierungssprecherin sagte am Montag, zu einem möglichen Weiterbetrieb seien keine schnellen Entscheidungen zu erwarten. Kanzler Olaf Scholz (SPD) wolle zunächst die Ergebnisse eines zweiten Stresstests zur Sicherheit der Stromversorgung abwarten, den das Wirtschaftsministerium vor einer Woche in Aussicht gestellt hatte. Dabei soll es darum gehen festzustellen, ob die Versorgungs­sicherheit im Stromsektor und der sichere Betrieb des Netzes unter verschärften Annahmen gewährleistet seien, hieß es da. Mit Ergebnissen sei „in den nächsten Wochen“ zu rechnen, so eine Sprecherin. An der Nettostromerzeugung in Deutschland haben die Atomkraftwerke im laufenden Jahr einen Anteil von rund 6 Prozent. Mit Erdgas wurden bisher etwa 10 Prozent des Stroms erzeugt.

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Leitstand des Kernkraftwerks Brokdorf, das Ende 2021 vom Netz ging, aber noch nicht stillgelegt ist.

Atomstrom in Schleswig-Holstein: Darf es ein bisschen mehr sein?

Laut Industrie- und Handelskammer Schleswig-Holstein und Mittelstandsunion darf eine Laufzeitverlängerung der letzten deutschen Atomkraftwerke kein Sakrileg sein.

Der Weiterbetrieb der drei Atomkraftwerke gilt als schwierig. Das Wirtschafts- und das ebenfalls von den Grünen geführte Umweltministerium sagen, mit den vorhandenen Brennstäben sei ein Streckbetrieb bis ins Frühjahr hinein nur möglich, wenn die Stromproduktion der Meiler vorher gedrosselt werde; die Beschaffung neuer Brennstäbe dauert nach Angaben von Experten mindestens ein Jahr.

Allerdings fällt auf, dass sich die Grünen weniger kategorisch äußern als bisher. Außenministerin Annalena Baerbock begründete ihr Nein zu einer Laufzeit­verlängerung zuletzt mit Blick auf die „Faktenlage, die ich gerade kenne“. Ein Sprecher von Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) sagte am Montag: „Zum jetzigen Zeitpunkt gehen wir davon aus, dass Deutschland aus der Atomkraft aussteigt.“ Die Zweite Bürgermeisterin von München, Katrin Habenschaden (Grüne), sagte kürzlich: „Sollte der Stresstest des Bundes­wirtschafts­ministeriums ergeben, dass München ein Engpass bei der Stromversorgung droht, darf ein Streckbetrieb von Isar 2 kein Tabu sein.“

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Die Spitzenkandidatin der Grünen bei der niedersächsischen Landtagswahl, Julia Willie Hamburg, sagte dem Redaktions­Netzwerk Deutschland (RND) hingegen: „Die Laufzeit­verlängerung wird fälschlicherweise in der Debatte als vermeintlich leichte Lösung aller Probleme präsentiert. Dabei ist das Gegenteil der Fall. Atomkraft ist hochgradig gefährlich, und wir haben die Frage der Endlagerung noch überhaupt nicht gelöst.“ Sie fügte hinzu: „Für uns Grüne ist klar, dass eine Laufzeit­verlängerung nicht zur Debatte stehen kann und dass wir den Atomkonsens nicht leichtfertig aufgeben dürfen.“

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Den Befürwortern und Befürworterinnen gehe es um „eine generelle Laufzeit­verlängerung weit über einen Winter hinaus“, beklagte die Grünen-Politikerin. „Diesen Ritt auf der Rasierklinge werden wir Grüne nicht mitgehen.“

Die FDP hatte sich im Frühsommer mehrfach für eine etwaige Laufzeit­verlängerung ausgesprochen. In der letzten Sitzung des Koalitions­ausschusses erläuterte Wirtschafts- und Klimaschutz­minister Robert Habeck (Grüne) dann dem Vernehmen nach, warum diese keinen Sinn ergebe. Die Vertreter der Liberalen sollen daraufhin nicht widersprochen haben. Bei den Grünen verlautete, die FDP erhebe diese Forderung ohnehin nur aus taktischen Gründen, um sich vor allem für die bürgerliche Konkurrenz aus CDU und CSU nicht angreifbar zu machen. Die Grünen sind unter anderem aus der Ablehnung der Atomenergie entstanden; ihr Nein dazu ist für die Partei identitätsbildend.

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