Baerbock nach Treffen mit Blinken: „Wir sind Freunde und Wertepartner“
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Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) nach ihrem Treffen mit US-Amtskollege Antony Blinken.
© Quelle: Kay Nietfeld/dpa
Washington. Acht Stunden nur ist Annalena Baerbock in den USA, aber es sind ja auch wirklich keine günstigen Bedingungen für eine Reise: In den USA sind die Corona-Infektionszahlen massiv angestiegen. Die Uno hat deswegen ihre Konferenz zum Atomwaffensperrvertrag in New York abgesagt, an der die Außenministerin vor ihrem Antrittsbesuch in Washington teilnehmen wollte.
Immerhin: Der Schneesturm, der die US-Hauptstadt zu Wochenbeginn lahm gelegt hatte, hat sich verzogen. Sonst wäre sogar die Landung schwierig geworden.
Acht Stunden nur, lohnt sich das eigentlich? Es ist ja ein Riesenaufwand, den ausgerechnet eine Ministerin der klimabewussten Grünen da treibt: Hin- und Rückflug dauern länger als der Aufenthalt. „Je schwieriger die Zeiten, desto wichtiger sind starke Partnerschaften“, sagt Baerbock vor dem Abflug. Und schwierig sind die Zeiten durchaus.
Russland hat an der Grenze zur Ukraine Truppen zusammengezogen. Präsident Wladimir Putin macht geltend, sein Land fühle sich durch den Westen im Allgemeinen und die Nato im Besonderen bedroht. Umgekehrt ist der Ukraine und den osteuropäischen Ländern gerade mehr als mulmig.
Europa will nicht als Zuschauer vor der Krise stehen
Die Lage ist brisant, aber gerade scheint Bewegung möglich: Diplomaten pendeln zwischen den Ländern. Für kommende Woche ist nach langer Pause ein Treffen des Nato-Russland-Rats geplant, auch die OSZE kommt zusammen. Biden hat mit Putin und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selensky telefoniert. Und Baerbock trifft ihren Amtskollegen Antony Blinken.
Manches bespricht man in so einer Lage trotz angeblich abhörsicherer Leitungen offenkundig doch lieber persönlich, sicher ist sicher. Auch das Zwischen-den-Zeilen-Lesen, die Verständigung über Blicke fällt einfacher, wenn man sich gegenüber sitzt – im Thomas-Jefferson-Raum des US-Außenministeriums in diesem Fall. Es ist vertraulicher in jeder Beziehung.
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Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) geht nach der Landung in Washington die Gangway des Luftwaffen-Flugzeugs hinunter. Baerbock trifft in der Hauptstadt der USA unter anderem ihren US-amerikanischen Amtskollegen Antony Blinken.
© Quelle: Kay Nietfeld/dpa
Und ein Signal ist es obendrein, wenn es Bilder gibt von so einem Treffen – für die Gemeinsamkeit und dafür, dass Deutschland und Europa in dieser Krise mitreden wollen. Länger als geplant dauert das Gespräch von Blinken und Baerbock schließlich. Wunderbar sei es gewesen, sagt Blinken hinterher. Und Baerbock erwähnt zum Aufwärmen ihren einjährigen Schüleraustausch-Aufenthalt.
Zusammenarbeit und Gemeinsamkeit sind die beiden Vokabeln, die in der Pressekonferenz wohl mit am häufigsten fallen. Zwischen EU und USA gebe es mehr als ein Zweckbündnis. „Wir sind Freunde und Wertepartner“, schwärmt Baerbock und ergänzt vermittelnd, es sei wichtig, dass es unterschiedliche Gesprächsformate gebe.
Aber sie fügt gleich noch eine Warnung an: Es dürfe „keine Entscheidung über die Sicherheit in Europa ohne Europa“ – freundlich ist das, aber gleichwohl auch eine Warnung: Manche deutsche Außenpolitiker hatten die Befürchtung geäußert, die EU könne außen vor bleiben. Blinken wiederholt Baerbocks Satz wenig später fast wortgleich. Gemeinsamkeit eben.
Die Strategie gegenüber Russland: Dialog und Härte
Einen strengen Ton schlagen beide Minister gegenüber Russland an. Beide warnen Moskau vor weiteren Sanktionen: Die russischen Handlungen seien „mit einem klaren Preisschild gekennzeichnet“, sagt Baerbock. „Der einzige Weg aus der Krise führt über Dialog.“
Blinken bringt die Gaspipeline Nord Stream 2 ins Gespräch, dieses deutsch-russische Projekt. Mittlerweile, so scheint es, findet Blinken die Pipeline gar nicht so schlecht: Europa könne sie schließlich als Hebel gegenüber Russland verwenden, sagt er.
Eine Forderung nach deutschen Waffenexporten erspart er Baerbock. Die USA aber würden die Ukraine weiter unterstützen, wenn diese das wolle. Baerbock hat da vorsorglich klar gemacht, dass es bei diesem Thema unterschiedliche Meinungen gebe. Aber Deutschland helfe der Ukraine medizinisch unter anderem durch die Behandlung verletzter Soldaten. Die USA und Deutschland haben einen Weg gefunden, mit ihren Differenzen umzugehen, so scheint es.
Dialog und Härte, das ist ganz offenkundig die Strategie gegenüber Russland. „Wir müssen immer wieder den Weg des Dialoges, der Offenheit und der Transparenz suchen“, sagt Baerbock. Es sei gut, dass Russland nun „den Gesprächspfad wieder aufnimmt“. Blinken sagt, man bemühe sich, die russischen Sicherheitsbedenken zu verstehen: „Sie haben Sorgen, wir werden zuhören“, sagt er. Umgekehrt erwarte man das auch von Russland.
Symbolträchtig ist auch das Treffen mit der Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi. Kurz vor dem Jahrestag des Sturms auf den US-Kongress, mit dem am 6. Januar 2021 Trump-Fans ihre Enttäuschung über die Wahlniederlage ihres Idols in Gewalt verwandelt hatten, gehe es auch darum „demokratische Institutionen zu stärken und sichtbarer zu machen, welchen enormen Wert sie für unser Leben haben“, sagt Baerbock. Es ist nicht nur ein Thema in den USA.