Geheimnisse an Moskau weitergegeben?

BND-Mitarbeiter in Untersuchungshaft: Verdacht auf Spionage für Russland

Ein Mitarbeiter des BND ist wegen des Verdachts auf Spionage für Russland festgenommen worden.

Ein Mitarbeiter des BND ist wegen des Verdachts auf Spionage für Russland festgenommen worden.

Berlin. Erstmals seit mehr als acht Jahren ist ein Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) wegen des Verdachts des Landesverrats in Untersuchungshaft genommen worden. Der Verdächtige soll in diesem Jahr Informationen an einen russischen Nachrichtendienst übermittelt haben, wie der Generalbundesanwalt in Karlsruhe mitteilte. Auch der BND machte deutlich, dass der Mann der Spionage für Russland beschuldigt wird. Nach Angaben des deutschen Auslandsgeheimdienstes wurde der Verdächtige bereits am Mittwoch vom Bundeskriminalamt festgenommen. In zwei BND-Liegenschaften seien Räume durchsucht worden, hieß es in einer BND-Mitteilung. Am Donnerstag sei dann Untersuchungshaft angeordnet worden.

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Viel liegt bei dem Fall noch im Dunkeln – und daran dürfte sich so schnell nichts ändern. BND-Präsident Bruno Kahl bat um Verständnis dafür. „Mit Rücksicht auf die laufenden Ermittlungen wird sich der BND zu weiteren Einzelheiten in diesem Fall bis auf Weiteres nicht öffentlich äußern“, sagte der Behördenchef laut Mitteilung. „Zurückhaltung und Diskretion sind in diesem besonderen Fall sehr wichtig. Mit Russland haben wir es auf der Gegenseite mit einem Akteur zu tun, mit dessen Skrupellosigkeit und Gewaltbereitschaft wir zu rechnen haben. Jedes Detail dieses Vorgangs, das an die Öffentlichkeit gelangt, bedeutet einen Vorteil dieses Gegners in seiner Absicht, Deutschland zu schaden.“

Zuletzt war im Juli 2014 ein BND-Mitarbeiter in Untersuchungshaft genommen worden. Er wurde später zu acht Jahren Haft verurteilt – allerdings nicht wegen Spionage für Russland, sondern für den US-Geheimdienst CIA. Der Mann hatte gestanden, zwischen 2008 und 2014 mehr als 200 teils streng geheime oder brisante BND-Dokumente an die CIA weitergegeben und dafür mindestens 80.000 Euro kassiert zu haben.

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Russland verzeichnet laut Ukraine mehr als hunderttausend tote Soldaten
Ukraine-Konflikt, Eindrücke aus Kiew March 23, 2022, Kyiv, Ukraine: Cleanup continues at Retroville Shopping Mall in Kyiv, Ukraine. The complex was destroyed by a Russian airstrike the day before. At least 8 people were killed initially and one person is dead after a second strike today. Kyiv Ukraine - ZUMAg208 20220323_zap_g208_001 Copyright: xCarolxGuzyx

Die Zahl der Kriegstoten wächst. Russland hat nach Angaben des ukrainischen Generalstabs in seinem Angriffskrieg nun mehr als 100.000 Soldaten zu beklagen.

BND wurde selbst auf Verräter aufmerksam

Kernaufgabe von Nachrichtendiensten ist es, Geheimnisse gegnerischer Staaten aufzuklären. Umso bitterer ist es, wenn Mitarbeiter aus den eigenen Reihen eigene Geheimnisse just an diese Staaten verraten. Dass der mutmaßliche Verräter beim BND jetzt mitten im Ukraine-Krieg Geheimnisse ausgerechnet an Moskau weitergegeben haben soll, ist besonders schmerzhaft – schließlich ist Deutschland ein wichtiger Verbündeter der Regierung in Kiew. Der BND hatte in der Vergangenheit davor gewarnt, dass Russland seine Aktivitäten ausweiten würde.

Immerhin: Der Bundesnachrichtendienst ist nach seinen Angaben selbst auf den Verräter aufmerksam geworden. „Nachdem der BND im Rahmen seiner nachrichtendienstlichen Arbeit von einem möglichen Verratsfall in den eigenen Reihen Kenntnis erlangt hatte, hat der BND sofort umfangreiche interne Ermittlungen eingeleitet“, sagte Kahl. „Als diese den Verdacht erhärteten, wurde umgehend der Generalbundesanwalt eingeschaltet.“

Unklar ist neben vielen weiteren Punkten, welche Geheimnisse der mutmaßliche Doppelagent an Moskau verraten haben könnte, wie lange er operieren konnte und was seine Motivation für den Verrat war. Für die internen Ermittler sind solche Fälle ein schwieriger Spagat: Sie wollen einerseits verhindern, dass noch mehr geheimes Material abfließt, und sie wollen den Verräter von der Straße holen. Andererseits müssen sie ausreichend Beweise sammeln, damit es für einen Haftbefehl und eine Anklage wegen Landesverrates oder geheimdienstlicher Agententätigkeit reicht.

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Durchsuchungen und Untersuchungshaft sind schwere Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte. Dass beides angeordnet wurde, deutet darauf hin, dass der Verdacht in diesem Fall schwerwiegend ist. Auch der BND wird sich Fragen stellen lassen müssen, schließlich überprüft die Behörde ihre Mitarbeiter auf Herz und Nieren. Zunächst wird es aber um Schadensbegrenzung gehen. Die Lehren aus dem Fall dürften dann später gezogen werden.

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