Politische Karriere des Ex-Premiers vor dem Aus?

Johnsons nächster Partygate-Eklat – und die Herausforderungen seines Nachfolgers

Boris Johnson, damals Premierminister von Großbritannien, und Rishi Sunak, damals Finanzminister von Großbritannien, verlassen die Downing Street 10.

Boris Johnson, damals Premierminister von Großbritannien, und Rishi Sunak, damals Finanzminister von Großbritannien, verlassen die Downing Street 10.

London. In einem professionellen Twitter-Account markieren Nutzer gerne ihre letzten großen Erfolge, sodass diese auch Tage später noch als Erstes sichtbar sind. Das Profil des britischen Premierministers Rishi Sunak zeigt einen Post vom 27. Februar. Darin feiert er den „Windsor Framework“, den überarbeiteten und aus Sicht vieler Experten verbesserten Deal mit der EU, mit dem eine harte Grenze zwischen dem einst vom Bürgerkrieg gebeutelten Landesteil Nordirland und Irland verhindert werden soll, indem man die Zollgrenze in die irische See verlegte.

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Erwarteten viele Beobachter im Vorfeld einen Aufstand der Brexit-Hardliner in der Partei, blieb dieser aus. „Minister, die vorher mit ihrem Rücktritt drohten, verhielten sich ruhig oder lobten die Übereinkunft sogar“, begründete Anand Menon von der Denkfabrik „UK in a Changing Europe“ den Erfolg des gesetzlichen Rahmenwerkes. Selbst Ex-Premierminister Boris Johnson, der als erbittertster politischer Gegner Sunaks gilt, äußerte erst drei Tage später zurückhaltende Skepsis an der Vereinbarung mit der EU.

Hat Johnson in der Partygate-Affäre gelogen?

Überdies nahm dessen Karriere am vergangenen Freitag „eine dramatische und vielleicht endgültige Wendung“, wie der „Guardian“ kommentierte. Schließlich wird Johnson durch einen vorläufigen Bericht eines parlamentarischen Ausschusses schwer belastet. Demnach soll der Ex-Premier das Unterhaus in der Partygate-Affäre mehrmals belogen haben. Er habe wissen müssen, dass bei Feiern während des Lockdowns im Jahr 2020 in seinem Regierungssitz und anderen Behörden gegen geltende Corona-Regeln verstoßen wurde, heißt es dort.

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Der Vorgänger Sunaks soll Ende März zu den Vorwürfen Stellung nehmen, live im Fernsehen. Johnson rechtfertigte sich bislang, indem er den Bericht anzweifelte. Dass die Beamtin Sue Gray, die die Untersuchungen zu den ausgelassenen Feiern in der Downing Street einst leitete, als Stabschefin zur Labour-Partei wechseln wolle, zeige, dass die Untersuchungen nicht objektiv seien. Die Tageszeitung „The Independent“ bezeichnete die Verteidigung des Ex-Premiers als „fadenscheinig“. Im besten Fall handele es sich dabei um Paranoia, im schlimmsten Fall um Propaganda, hieß es dort.

Als wäre dies nicht genug, schwelen gegen den 58-Jährigen einmal mehr Vorwürfe der Vetternwirtschaft. In den „Resignation Honours“, mit denen die britischen Regierungschefs nach ihrem Abschied verdiente Persönlichkeiten ehren können, will dieser seinen Vater Stanley Johnson mit dem Titel „Sir“ würdigen lassen. Die Tageszeitung „The Times“ bezeichnete dies als unmoralisch.

Brexit: Einigung zwischen EU und Großbritannien im Nordirland-Streit erzielt
. 27/02/2023. Windsor, United Kingdom. UK Prime Minister Rishi Sunak and EU Commission President Ursula von der Leyen, at a press conference after agreeing on the the post-Brexit trade arrangements for Northern Ireland, at Windsor Guildhall in Windsor, United Kingdom. PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxHUNxONLY xPoolx/xi-Imagesx IIM-24185-0023

Dem britischen Premierminister Rishi Sunak gelingt womöglich, was seinen Vorgängern versagt blieb.

Das Ende für „Teflon-Boris“?

Doch ist dies das Ende für „Teflon-Boris“, an dem Skandale häufig abperlten wie an einer beschichteten Bratpfanne? „Wie so viele scheue ich davor zurück, ihn für immer abzuschreiben“, erklärte Tim Bale, Politologe an der Queen-Mary-Universität, am gestrigen Montag gegenüber dieser Zeitung, „aber es sieht immer mehr so aus, als würde ihm tatsächlich die Luft ausgehen.“ Der Bericht des Parlamentes lege nahe, dass einige ziemlich vernichtende Beweise gegen ihn vorliegen, die belegen könnten, dass er das Parlament in Bezug auf Partygate in die Irre geführt hat. „Es sieht für mich so aus, als hätten die Tory-Abgeordneten wirklich die Geduld mit ihm verloren.“

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Der mögliche Fall Johnsons bedeute jedoch nicht, dass Sunaks politische Karriere gesichert ist. Denn ihm stehe diese Woche eine Herausforderung, bevor, an der bislang alle Premierminister seit David Cameron gescheitert seien, wie Bale betonte: Er muss die Migration mithilfe von Schleppern über den Ärmelkanal in den Griff bekommen. Innenministerin Suella Braverman wird hierzu vermutlich am Dienstag einen Gesetzentwurf im Parlament vorstellen.

Medienberichten zufolge könnten Geflüchtete, die mit Booten nach Großbritannien kommen, umgehend zurückgeschickt werden und überdies nie wieder auf die Insel kommen dürfen. Die Pläne sind auch innerhalb der konservativen Partei umstritten, unter anderem weil dadurch hohe Kosten entstehen. Der Premier würde der Partei einen Gefallen tun, wenn er „die Boote stoppen“ kann, sagte Bale. Dass ihm das gelingt, sei jedoch unwahrscheinlich. „Sunak ist kein Messias, darauf weisen auch die Umfragen hin. Aber er ist vielleicht das kleinste Übel, sozusagen die am wenigsten schlechte Option.“


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