Kommentar zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts

Sozialversicherungen: Die Revolution fällt aus

Außenaufnahme des Bundesverfassungsgerichts mit einem Hinweisschild auf dem der Bundesadler und das Wort Bundesverfassungsgericht abgebildet ist (Archivbild).

Außenaufnahme des Bundesverfassungsgerichts mit einem Hinweisschild auf dem der Bundesadler und das Wort Bundesverfassungsgericht abgebildet ist (Archivbild).

Berlin. Die große Revolution ist ausgeblieben. Eine solche wäre es gewesen, wenn das Bundesverfassungsgericht entschieden hätte, dass Eltern geringere Beiträge für die Renten- und Krankenversicherung zahlen müssen als Kinderlose. Doch diesen Schritt sind die Richter und Richterinnen in Karlsruhe nicht gegangen. Zu Recht.

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Eltern leisten einen sehr wichtigen Beitrag dafür, dass unser Sozialversicherungssystem weiter funktionieren kann. Das wird am deutlichsten bei der Rente, die ein Generationenvertrag ist. Je mehr Kinder die Menschen bekommen, desto leichter ist sie auf Dauer zu finanzieren. Die Gesellschaft muss also ein ureigenes Interesse daran haben, Eltern zu unterstützen.

Ein Chirurg in Schutzkleidung und mit Mundschutz vor einem chirurgischen Eingriff im Operationssaal (Symbolfoto)

Privat oder gesetzlich krankenversichert: Für wen lohnt sich welche Option?

Jeder braucht sie – eine Krankenversicherung. Für einige wenige gibt es zwei Optionen zur Auswahl. Die private oder die gesetzliche Krankenversicherung. Was sind die Unterschiede, wer darf sich überhaupt privat versichern lassen? Ein Überblick.

Das würde das Bundesverfassungsgericht auch nie bezweifeln. Es erkennt an dieser Stelle aber auch an, dass es zuerst Aufgabe des Gesetzgebers ist für Fairness und einen Lastenausgleich in den Sozialversicherungen zu sorgen. In der Krankenversicherung geschieht dies durch die beitragsfreie Familienmitversicherung. Bei der Rente verweist das Gericht auf die Anerkennung sogenannter Kindererziehungszeiten. Man kann diese für nicht ausreichend halten – aber dann muss man in der Demokratie politisch für sein Anliegen kämpfen. Das im Detail zu regeln, ist nicht Sache des Verfassungsgerichts.

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Eine – in der Praxis eher überschaubare – Änderung tragen die Richter und Richterinnen der Politik aber doch auf. In der Pflegeversicherung muss sie spätestens bis Ende Juli 2023 Eltern mit mehreren Kindern stärker entlasten als Väter und Mütter mit einem Kind oder Kinderlose. Das liegt einerseits in der Logik einer Verfassungsgerichtsentscheidung aus dem Jahr 2001, mit der die Politik verpflichtet wurde, in der Pflegeversicherung zwischen Eltern und Kinderlosen zu unterscheiden. Andererseits passt so viel politisches Mikromanagement nur bedingt zu der richterlichen Bescheidenheit bei der Entscheidung zu Renten- und Krankenversicherung.

Entlastung in der Pflegeversicherung: Große Familien müssen weniger Beiträge zahlen

Das Bundesverfassungsgericht sorgt dafür, dass Eltern mit mehreren Kindern bei der gesetzlichen Pflegeversicherung bessergestellt werden.

Eltern mit zwei oder mehr Kindern können und dürfen sich über die Entscheidung in Sachen Pflegeversicherung natürlich freuen. Allerdings handelt es sich um den ökonomisch am wenigsten bedeutenden Zweig der Sozialversicherung.

Politik sollte Urteil als Mahnung sehen

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat – was soll er auch sonst tun – die fristgerechte Umsetzung des Urteils bereits zugesagt. Nicht ohne den Hinweis, dass bei der Pflege auch sonst noch viel zu tun ist. Was die Entlastung von Familien und die Bewältigung der Probleme einer alternden Gesellschaft angeht, sollte die Politik das Urteil schlicht als Mahnung sehen, ihrem Job so gut wie möglich nachzukommen.

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Eines ist klar: Allein bekommt Deutschland den demografischen Wandel – immer mehr Ältere, nicht ausreichend viele Jüngere – ohnehin nicht in den Griff. Um Wirtschaft und Sozialsystem dauerhaft am Laufen zu halten, brauchen wir auch gut organisierte, intelligent gesteuerte Zuwanderung. Jenseits von humanitären Krisen muss es dabei um Menschen gehen, die uns helfen können, den Fachkräftemangel im Land zu bekämpfen.

Für eine gelungene Unterstützung der Eltern ist der entscheidende politische Auftrag, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie weiter zu verbessern. Ein gutes Kita-Angebot, der Ausbau der Ganztagsbetreuung an der Grundschule – das alles muss mit Hochdruck vorangetrieben werden.

Finanziell ist das familienpolitische Großprojekt dieser Legislaturperiode die Einführung einer Kindergrundsicherung, in der Leistungen gebündelt und mit der Kinder aus Hartz IV herausgeholt werden sollen. Es ist ein Plan voller Fallstricke. Gelingt es, ihn umzusetzen und die Kindergrundsicherung gut auszustatten, wäre das tatsächlich eine Revolution.

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