Neue Vorwürfe in Cum-ex-Affäre

Machte Scholz widersprüchliche Angaben zu Treffen mit Hamburger Banker?

Bundeskanzler Olaf Scholz spricht auf einer Pressekonferenz im Berliner Kanzleramt.

Bundeskanzler Olaf Scholz spricht auf einer Pressekonferenz im Berliner Kanzleramt.

Hamburg. In der Cum-ex-Affäre werden neue Vorwürfe gegen den heutigen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) laut. Scholz soll vor Parlamentsausschüssen widersprüchliche Aussagen zu seinen Treffen mit dem Hamburger Banker Christian Olearius gemacht haben, berichtet der „Stern“.

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Das Magazin bezieht sich auf das Protokoll einer Sitzung des Bundestagsfinanzausschusses im Juli 2020, die eigentlich als geheim eingestuft ist. Dem Bericht zufolge erinnerte sich Scholz in jener Sitzung noch an ein damals bereits bekannt gewordenes Treffen mit dem Aufsichtsratschef der Hamburger Warburg-Bank. Demnach habe Scholz ausgesagt, dass mit dem Banker Olearius „ein Gesprächstermin vereinbart worden“ sei, bei dem man „über viele Dinge gesprochen“ habe. Jedoch gab Scholz wohl an, dass er sich „lediglich die Sicht der Dinge von Christian Olearius angehört habe“. Es ist das erste Mal überhaupt, dass aus dem geheimen Protokoll der Auschusssitzung zitiert wird.

Scholz zeigte stets große Erinnerungslücken

Erst im September 2020 war bekannt geworden, dass es insgesamt drei Treffen zwischen Scholz und Olearius gegeben hatte. Infolgedessen gab Scholz jedoch bei einer Sitzung des Finanzausschusses im selben Monat an, dass er sich an die Treffen nicht erinnern könne. Damals hatte er laut Protokoll mehrfach mitgeteilt, „konkrete Erinnerungen an die jeweiligen Treffen habe er nicht“. Andere Begegnungen mit dem Banker im Hamburger Stadtleben konnte Scholz jedoch rekapitulieren. Kurz nach den zusätzlich bekannt gewordenen Treffen fiel die Entscheidung der Hamburger Finanzbehörden, der Warburg-Bank eine Steuerschuld aus Cum-ex-Geschäften zu erlassen.

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Abgeordnete der damaligen Opposition im Bundestag hatten Scholz bereits nach der September-Sitzung heftig kritisiert und der Lüge bezichtigt. Da sie aus der vertraulichen Sitzung nicht zitieren durften, konnten sie ihre Vorwürfe aber nicht mit Dokumenten belegen. Das Protokoll der Juli-Sitzung, mit dem die unterschiedlichen Aussagen belegbar sind, liegt in der Geheimschutzstelle des Bundestages. Abgeordnete dürfen in das Dokument lediglich Einsicht nehmen. Dem „Stern“ ist es nun offenbar gelungen, Kenntnis vom Wortlaut des Protokolls zu erhalten.

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Staatsanwaltschaft Köln durchsucht E-Mail-Postfach von Scholz’ Büroleiterin

Zudem ist bekannt geworden, dass die Kölner Staatsanwaltschaft im Rahmen der Cum-ex-Affäre auch eine hochrangige Mitarbeiterin Scholz‘ untersucht hat. Bereits am 21. April dieses Jahres beschlagnahmten die Behörden ein E-Mail-Postfach der Büroleiterin und engen Vertrauten von Scholz, Jeanette Schwamberger. Dies geht aus Unterlagen hervor, über die NDR, „Stern“ und „Manager Magazin“ berichten.

Demnach haben die Ermittler dabei eine E-Mail der 47-Jährigen aus April 2021 entdeckt, die sie als verdächtig einstufen. Dabei sei es um die Abfrage des Hamburger Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zu Terminen von Olaf Scholz zum Thema Cum-ex, Warburg und mit Bänkern und Politikern gegangen. Schwamberger habe dazu eine Liste mit Vorschlägen an den jetzigen Chef des Bundeskanzleramtes und damaligen Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Wolfgang Schmidt, gesendet.

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Die Staatsanwaltschaft hat die E-Mail Schwambergers unter der Zwischenüberschrift „Thema Datenlöschung“ aufgenommen. Bei der Auflistung handele es sich um „potentiell beweiserhebliche“ Kalendereinträge und Mails, „da sie auf Überlegungen zum Löschen von Daten schließen lassen“, heißt es in den Unterlagen. Neben dem Postfach Schwambergers seien noch weitere Nachrichten in elektronischen Postfächern und Kalendern von einer Reihe von Hamburger Finanzbeamten, Senatoren und Staatsräten als auffällig eingestuft worden.

Der Bundeskanzler gibt sich ahnungslos

Scholz habe auf Anfrage angegeben, „weder in die Kalenderabfrage noch in die Übersendung der Kalenderauszüge eingebunden“ gewesen zu sein. Darum hätten sich seine Vertrauten Wolfgang Schmidt, inzwischen Kanzleramtsminister, und Schwamberger gekümmert. Eine Regierungssprecherin versicherte zudem gegenüber dem NDR: „Es hat keine ‚Auswahl‘ von Kalenderdaten gegeben.“

Die Beschlagnahmung des elektronischen Briefkastens der Scholz-Vertrauten hängt mit den Ermittlungen gegen den früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs sowie gegen den früheren Hamburger Vize-Bürgermeister Alfons Pawelczyk und eine Hamburger Finanzbeamtin zusammen. Bislang will der Untersuchungsausschuss nur klären, ob führende SPD-Mitglieder auf den Steuerfall der Hamburger Warburg Bank Einfluss genommen haben.

Hintergrund sind Treffen der Bank-Gesellschafter Christian Olearius und Max Warburg 2016 und 2017 mit dem damaligen Bürgermeister und heutigen Bundeskanzler Olaf Scholz. Der damalige Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs und der frühere Innensenator Alfons Pawelczyk (alle SPD) sollen sie eingefädelt haben. Zu dem Zeitpunkt wurde gegen Olearius bereits wegen des Verdachts der schweren Steuerhinterziehung ermittelt.

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RND/sic/ots/dpa

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