Cyberexperte: „Chinesische Kamerahersteller nicht per se verteufeln“
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Eine Videoüberwachungskamera zeichnet sich vor einer Lampe ab.
© Quelle: Arno Burgi/dpa/Archivbild
In Zeiten zunehmender geopolitscher Spannung rund um China sorgte die Nachricht gestern für Aufsehen: Das australische Verteidigungsministerium will alle Überwachungskameras entfernen, die von Unternehmen mit Verbindungen zu Chinas regierender kommunistischer Partei entwickelt wurden. Dies teilte Ressortchef Richard Marles am Donnerstag dem Sender ABC mit. Sein Haus werde seine gesamte Überwachungstechnologie überprüfen. „Wo immer diese bestimmten Kameras entdeckt werden, werden sie entfernt“, sagte er.
Experten raten zu verbindlichen Sicherheitsstandards
Die Meldung nährt die Skepsis gegenüber chinesischen Technologieunternehmen, die verdächtig werden, mit der chinesischen Regierung zu kooperieren und Sicherheitsinformationen zu teilen. Zuletzt hatte auch die US-Regierung erklärt, Geräte zur Videoüberwachung und andere Ausrüstung von prominenten chinesischen Marken zum Schutz der nationalen Sicherheit vom Markt zu verbannen.
Ist Sicherheitstechnik aus China ein Risiko? Und was für Rückschlüsse lassen sich für Deutschland ziehen?
Für Johannes Rundfeldt von der Arbeitsgruppe Kritische Infrastrukturen (AG Kritis) ist der Fokus auf einzelne Länder oder Hersteller nicht sinnvoll. „Stattdessen brauchen wir ein verbindliches Sicherheitsniveau für alle Hersteller, unabhängig vom Herkunftsland“, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
In der AG Kritis setzen sich Fachleute mit der Versorgungssicherheit im Katastrophenfall auseinander – zu den Themenfeldern gehören unter anderem Informationstechnik und Telekommunikation. Der Bundesregierung empfiehlt die Arbeitsgemeinschaft, an öffentlichen Ausschreibungen nur solche Unternehmen und Produkte zuzulassen, die ein „Mindestsicherheitsniveau“ erfüllen.
Netzwerkstrukturen entscheidend
Damit ist beispielsweise gemeint, dass Daten aus Überwachungskameras nicht in Cloud-Diensten der Hersteller gespeichert werden, wie Rundfeldt erläutert. Dazu sollten Hersteller von sensibler Sicherheitstechnik von unabhängigen Prüfgesellschaften regelmäßig untersucht werden. Ein allgemeiner, verbindlicher Standard für alle sei besser, als „selektiv zu prüfen, ob diesem oder jenem Hersteller getraut werden kann.“
Im aktuellen Fall der Überwachungskameras chinesischer Hersteller hängt die Gefahr externer Zugriffe laut Rundfeldt von der jeweiligen Netzwerkstruktur ab, beispielsweise von jener des australischen Verteidigungsministeriums. „Man kann die Kameras verschiedener Hersteller nicht über einen Kamm scheren. Man muss das Netzwerk so strukturieren, dass es keine Verbindung nach außen gibt und kein Datenabfluss stattfinden kann. Das gilt auch für billige Consumerware.“ Rundfeldt hält es deshalb nicht für nicht sinnvoll, „pauschal chinesische Kamerahersteller zu verteufeln“.
Erst im November hatte die US-Regierung erklärt, Geräte zur Videoüberwachung und andere Ausrüstung von prominenten chinesischen Marken wie Hikvision und Dahua zum Schutz der nationalen Sicherheit vom Markt zu verbannen. Im selben Monat entfernte Großbritannien Sicherheitskameras aus dem Hause Hikvision von Regierungsgebäuden.
US-Beziehungen zu China haben laut Biden keinen großen Schaden genommen
Die USA haben nach eigenen Angaben mit Partnerländern Informationen geteilt, die sie über den auf USA abgeschossenen chinesischen Ballon gesammelt haben.
© Quelle: Reuters
Abhängigkeit von asiatischen Kamerachips
Rundfeldt weist darauf hin, dass auch bei westlichen IT-Unternehmen Schnittstellen nach außen bekannt geworden seien. „Man kann nicht sagen, chinesische Sicherheitslücken sind böse, amerikanische gut.“
Aus Rundfeldts Sicht ist eine solche geografische Verengung auch im Hinblick auf mögliche zukünftige außenpolitische Verschiebungen nicht sinnvoll. „Wir wissen nicht, welche Hersteller von wem gekauft wird, welche Fusionen stattfinden und welche geopolitischen Spannungen entstehen werden.“
Eine Gefahr bestehe laut Rundfeldt jedoch in der Abhängigkeit von asiatischen Produktionslinien, beispielsweise in Bezug auf Kamera- oder Mikroelektronikchips. „In der Chipproduktion haben wir uns sehr von Ostasien abhängig gemacht.“
Mit Material von dpa