Das Heimspiel des Olaf Scholz in Washington

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) steht zusammen mit seiner kanadischen Amtskollegin Chrystia Freeland bei einem gemeinsamen Pressestatement vor dem Weißen Haus in Washington.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) steht zusammen mit seiner kanadischen Amtskollegin Chrystia Freeland bei einem gemeinsamen Pressestatement vor dem Weißen Haus in Washington.

Washington. Die Kulisse hinter Olaf Scholz bildet das Weiße Haus. Neben ihm steht die kanadische Finanzministerin Chrystia Freeland, ganz in Rot. Im Hintergrund lärmt eine Demonstration von Klimaschützerinnen und Klimaschützern. Scholz spricht darüber, wie wichtig es sei, dass die in Verhandlungen weit vorangetriebene globale Mindeststeuer für Unternehmen tatsächlich kommt – sie werde Deutschland Milliarden bringen.

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Auf Nachfragen von Journalisten zu den Ampelsondierungen in Deutschland sagt Scholz: „Die Sondierungen finden in einer sehr, sehr guten und konstruktiven Atmosphäre statt.“ Deswegen sei er sicher, dass das Vorhaben von SPD, Grünen und FDP realisiert werden könne. „Nämlich, dass wir vor Weihnachten eine neue Regierung haben.“

Der Finanzminister gilt als harter Verhandler

Was macht Scholz in Washington? Muss er nicht in Deutschland eine Koalition bilden, eine gemeinsame „Fortschrittserzählung“ von SPD, Grünen und FDP entwickeln? Scholz sei nun mal Finanzminister, heißt es aus dem Ministerium. Die Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) ist in diesem Jahr zwar aus Pandemiegründen als hybride Veranstaltung angelegt, also als eine, an der man auch digital teilnehmen könnte. Aber wer persönlich anreist, hat bessere Möglichkeiten, Einfluss zu nehmen – auch in informellen Gesprächen. Für einen Finanzminister gilt die IWF-Tagung als Pflichttermin.

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Scholz ist also am Dienstag nach eineinhalb Tagen Ampelsondierungen nach Washington gereist, Donnerstagmittag will er in Berlin zurück sein. Der 63-Jährige gilt – national wie international – als harter Verhandler, aber auch als jemand, der Spielräume einschätzen kann. Der Fehler bei den Jamaika-Verhandlungen im Jahr 2017 war aus Scholz‘ Sicht, dass Union und Grüne sich nur untereinander geeinigt hätten und die FDP sich nicht habe wiederfinden können. Das will er bei der Ampel besser machen.

Scholz wirbt erneut für internationalen Klimaklub

Über die konkreten Inhalte der Sondierungen spricht Scholz nicht. Schlecht gelaunt wirkt der Hamburger im Flieger nach Washington allerdings wahrlich nicht – da dürfte auch die euphorisierende Wirkung des Wahlsiegs noch nachwirken. Scholz, der am Ende gern immer die Kontrolle hat, zeigt mit seiner Reise, dass er auch delegieren kann: SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil soll in Berlin mit den Kollegen von FDP und Grünen die bisherigen Ergebnisse ordnen.

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Auch in Washington gibt es Themen genug: von der Impfstoffversorgung für die ärmsten Staaten der Welt bis hin zur Frage nach dem Wirtschaftsaufschwung nach der Pandemie. Scholz will den Erfolg in Sachen globaler Mindestbesteuerung absichern, den er gemeinsam mit den USA und anderen nach jahrelangen Gesprächen erzielt hat.

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Die Reise ist auch eine gute Gelegenheit für ihn, um noch mal für seine Idee eines internationalen Klimaklubs zu werben. In ihm sollen sich Staaten auf ein ambitioniertes Vorgehen im Kampf gegen den Klimawandel verpflichten. Die Gemeinsamkeit soll helfen, dass die Länder, die vorangehen, keine industriellen Nachteile erleiden.

In Washington ein Heimspiel – in Berlin noch Brückenbau

Bei der IWF-Tagung punktet Scholz also noch einmal mit seinen Themen als Finanzminister – in diesem Sinn ist die Reise nach Washington ein Heimspiel für ihn. Gerade in der Finanzpolitik muss der Politiker auch in Berlin Brücken finden. SPD und Grüne wollen kräftig investieren und dafür Reiche stärker besteuern. FDP-Chef Christian Lindner lehnt sowohl Steuererhöhungen als auch eine Aufweichung der Schuldenbremse ab. Vielleicht helfen die erhofften Milliarden aus der globalen Steuerreform ja – zumindest ein bisschen.

Als Scholz Ende Juni in Washington war, hatte er im Wahlkampf auf einen Termin bei US-Vizepräsidentin Kamala Harris gehofft. Die verwehrte ihm die guten Bilder aber – stattdessen fuhr sie zufällig in einer Autokolonne am Kanzlerkandidaten vorbei.

Von einer US-Reporterin wurde Scholz damals in einem Fernsehinterview gefragt, wie er damit umgehe, dass die SPD-Umfragewerte so schlecht seien. Er antwortete, erst wenn die Menschen Ende des Sommers aus dem Urlaub zurück seien, würden immer mehr Wählerinnen und Wähler realisieren, dass Kanzlerin Angela Merkel nicht noch einmal antrete. Dieselbe Reporterin spricht ihn an diesem Oktobertag wieder an und sagt: „Sie hatten recht.“

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