Umstrittene Spitzenbeamte

Arne Schönbohm und andere: Wenn Chefs von Sicherheitsbehörden ins Zwielicht geraten

Anfang August im BSI: Dessen damaliger Präsident Arne Schönbohm und Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD).

Anfang August im BSI: Dessen damaliger Präsident Arne Schönbohm und Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD).

Berlin. Die Chefs von Sicherheitsbehörden sollen für Sicherheit sorgen. Das ist so klar, wie dass im Herbst die Kastanien von den einschlägigen Bäumen fallen. Klar ist aber auch, dass diese Chefs das nicht immer tun – zumindest nicht so, wie ihre Dienstherrinnen und Dienstherren es erwarten. Meistens hat das dann Konsequenzen.

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So hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Dienstag den Präsidenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) freigestellt; entsprechende Pläne waren bereits eine Woche vorher publik geworden. Arne Schönbohm hat das Vertrauen der Frau verloren, deren Vertrauen er dringend braucht.

Derlei kommt zwischen Ministerien und nachgeordneten Behörden häufiger vor. Bei Schönbohm kommt die Weltlage hinzu. Ihm wird mangelnder Abstand zum Cybersicherheitsrat Deutschland (CSRD) zur Last gelegt. Denn diesem Verein werden seinerseits zweifelhafte Verbindungen zu Russland nachgesagt. Und weil der 53-jährige Behördenleiter daraus aus Sicht der Ministerin nicht die nötigen Schlussfolgerungen gezogen hat, muss er gehen.

BSI-Chef Schönbohm von Faeser abberufen

Aufgrund einer zu großen Nähe von BSI-Chef Schönbohm zu Russland hat Nancy Faeser diesen am Dienstag von seinem Amt abberufen.

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Maaßen, Schindler, Romann

Aus dem Sicherheitsbeamten ist, so scheint es, ein Sicherheitsrisiko geworden. Dies wiederum ist alles andere ungewöhnlich. Dass das für Sicherheit zuständige Spitzenpersonal ins Zwielicht gerät, geschieht öfter, als man denkt.

Der bekannteste Fall war in der jüngeren Vergangenheit der des einstigen Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Hans-Georg Maaßen war nie unumstritten. Dem Parlament brachte er bisweilen Verachtung entgegen, hinter den Kulissen machte Maaßen Stimmung gegen die Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Angela Merkel. Nach dem Tod eines Deutschen und den folgenden Angriffen auf Migranten in Chemnitz überspannte der Rheinländer den Bogen. Er stellte öffentlich infrage, ob es sich um eine „Hetzjagd“ gehandelt habe, und sprach in der folgenden Konfrontation von „linksradikalen Kräften in der SPD“. Da blieb auch dem ihm wohlgesonnen Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) nichts anderes übrig, als den Mann zu feuern.

Der Präsident des Bundesnachrichtendienstes, Gerhard Schindler, war da bereits abserviert worden. Zuvor hatte es Reibereien mit dem Bundeskanzleramt gegeben – nicht zuletzt wegen unzulässiger Überwachungspraktiken des US-Geheimdienstes NSA. Der BND hatte die Kollegen gewähren lassen, ihnen gelegentlich auch nachgeeifert. Schließlich zog Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) die Reißleine.

Dritter im Bunde war der Präsident der Bundespolizei, Dieter Romann. Er ließ in Hintergrundgesprächen ebenfalls kein gutes Haar an Merkels Flüchtlingspolitik. Nach Faesers Amtsübernahme war fest mit Romanns Ablösung gerechnet worden. Zu Faesers eher linksliberalem Profil passt er schließlich noch viel weniger als zu Merkel. Trotzdem konnte sich Romann bis heute halten – anders als Schönbohm.

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Maaßen, Schindler und Romann stünden einander unverändert nahe, heißt es. Was Maaßen und Schindler angeht, gibt es dafür insofern ein Indiz, als sie unlängst gemeinsam in dem Fernsehsender TV Berlin auftraten und Verständnis für Russlands Ukraine-Politik signalisierten.

Für Aufsehen sorgte auch Klaus-Dieter Fritsche. Er war ab 2014 Staatssekretär im Kanzleramt und dort für die Beaufsichtigung der Geheimdienste zuständig. Das schloss enge Kontakte zu Maaßen und Schindler ein. Nachdem Fritsche 2018 in den Ruhestand versetzt worden war, beriet er den österreichischen Innenminister Herbert Kickl, der nicht nur in der FPÖ ist, sondern noch dazu als deren rechter Frontmann galt. Im Zuge des Wirecard-Skandals wurde bekannt, dass der heute 69-jährige Fritsche als Lobbyist für das Skandalunternehmen gewirkt hatte. Dessen hauptverdächtiges Vorstandsmitglied Jan Marsalek soll in Russland untergetaucht sein.

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Fokus auf China

Last but not least wäre Hans-Peter Friedrich zu nennen, der mal Bundesinnenminister war. Der CSU-Politiker berief Maaßen 2012 zum Verfassungsschutzpräsidenten. Heute amtiert er als Vorsitzender der „China-Brücke“, die sich, wie der Name schon sagt, um gute Beziehungen zu dem totalitären Riesenreich mit seinen 1,4 Milliarden Einwohnerinnen und Einwohnern bemüht. Die „China-Brücke“ ist der „Atlantik-Brücke“ nachempfunden, die seit Jahrzehnten um gute Beziehungen zu den USA wirbt.

Nur gibt es da einen gewaltigen Unterschied: Die USA gelten weiterhin als wichtigster Verbündeter Deutschlands. Im Falle Chinas mehren sich hingegen die Stimmen, die nach der schmerzhaft sichtbar gewordenen Abhängigkeit von Russland darauf drängen, die Abhängigkeit diesmal, wo möglich, zu verringern.

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Friedrich steht sowohl in der Union als auch in Sicherheitskreisen in dem gegenteiligen Ruf – dem der mangelnden Distanz zu den Herrschenden in Peking. Nicht zuletzt an ihm lässt sich erkennen: Unter denen, die für Sicherheit sorgen soll(t)en, ist es in Zonen der Unsicherheit häufig bloß ein Schritt.

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