Die grüne Schaltzentrale: Wie Habeck das Wirtschafts­ministerium umbaut

Robert Habeck (Grüne) ist neuer deutscher Wirtschafts­minister. Den Namen „Bundesministerium für Wirtschaft und Energie“ hat er gegen „Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz“ ausgetauscht.

Robert Habeck (Grüne) ist neuer deutscher Wirtschafts­minister. Den Namen „Bundesministerium für Wirtschaft und Energie“ hat er gegen „Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz“ ausgetauscht.

Berlin. Als die neuen Regierungsparteien SPD, Grüne und FDP noch hinter verschlossenen Türen verhandelten und sich zu Stillschweigen verpflichtet hatten, gehörte zu den wenigen Informationen, die an die Öffentlichkeit kamen, ein Ministeriums­name, den es zuvor noch nicht gegeben hatte: Die Grünen würden das Ministerium für Transfor­mation beanspruchen, hatte man aus Grünen-Kreisen erfahren.

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Doch erst seit die Verteilung der Ampelministerien verkündet ist, ist klar, welches Ressort mit diesem Arbeitstitel gemeint war – und wie ernst es den Grünen-Chefs und vor allem Robert Habeck mit dieser „Transformation“ wirklich ist: Denn das neue „Bundes­ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz“, wie es seit Habecks Umbau künftig heißt, soll weit mehr leisten als das bisherige Ressort, das einen grünen Anstrich erhält.

Habecks Ministerium bekommt die meisten neuen Stellen

Dass der der frische Vizekanzler es vielmehr zu einem Super­ministerium aufrüstet, zeigt sich schon an den Personalstellen: 176 neue Stellen will sich die neue Bundes­regierung genehmigen. Das zeigt eine Vorlage des Finanz­ministeriums für den Bundestag, die dem Redaktions­Netzwerk Deutschland (RND) vorliegt. Der Spitzen­reiter ist mit insgesamt 28 neuen Stellen Habecks Bundes­ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz mit seinen zwei Standorten in Berlin und in Bonn.

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Schon als der damalige SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel 2013 Vizekanzler und Wirtschafts­minister der großen Koalition unter Angela Merkel (CDU) wurde, löste er die Zuständigkeit für den Bereich Energiepolitik aus dem Umwelt­ministerium und holte ihn zu sich ins Haus. Bereits damals galt die Energiewende als Schlüssel­projekt, mit dem er sich profilieren wollte.

Der grüne Vizekanzler Habeck weist dem Haus nun eine noch gewichtigere Stelle zu: als Schalt­zentrale der grünen Klimaschutz­politik in der Ampelregierung. Zu deren zentralen Vorhaben zählt der Ausbau der erneuerbaren Energien auf 80 Prozent am Strom­verbrauch bis zum Jahr 2030. Nur so kann der vorgezogene Kohleausstieg gelingen, nur so bleibt das für die Grünen über allem stehende Ziel erreichbar, die deutschen Zusagen aus dem Pariser Klimaschutz­abkommen zu erfüllen.

Um das zu schaffen, verstärkt Habeck nicht nur die rund 2200 Mitarbeiter aus den klassischen Bereichen der Wirtschafts­politik und aus den neueren Energie- und Klima­abteilungen zusätzlich um jene mindestens 70 Leute, die bislang noch im Bundes­umwelt­ministerium mit Klimaschutz befasst waren und die er damit der grünen Parteifreundin und Ministerin Steffi Lemke entzieht.

Staatssekretäre mit viel Politik­erfahrung

Darüber hinaus installiert er – neben den drei für diese Bereiche zuständigen verbeamteten Staats­sekretären – eine Vierte für eine Spezialaufgabe: Die erfahrene Grünen-Politikerin und frühere Hamburger Umwelt­senatorin Anja Hajduk wird als „Schnittstelle für die grüne Regierungs­arbeit gegenüber dem Kanzleramt“ fungieren, wie Habeck bei Amtsantritt erklärte. Sie soll demnach die Klimaschutz­arbeit aller grün geführten Ministerien koordinieren und mit Olaf Scholz abstimmen – womit Habecks Ministerium eine herausgehobene Stelle unter den grünen Ressorts zukommt.

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Doch auch die drei Staatssekretäre für die Fachpolitik sind politische Schwer­gewichte: Um den Bereich Wirtschaft und Europa kümmert sich nach zwölf Jahren als Europapolitiker Sven Giegold, der einst die globalisierungs­kritische Organisation Attac mitbegründete – übrigens unter anderem mit dem früheren Private-Equity-Manager Udo Philipp, der danach Finanz­staats­sekretär in Schleswig-Holstein und nun ebenfalls Staatssekretär unter Habeck wird – und als dessen Controller für die Förder­milliarden für Klima­schutz­projekte fungieren wird.

Giegold verweist seinerseits darauf, dass auch er Wirtschafts­kompetenz gesammelt hat: Nach seinem Studium der Wirtschafts­wissen­schaften in Birmingham sowie Bremen und noch vor seiner Zeit bei Attac baute er eine ökologische Wohnungs­genossenschaft auf und war Geschäftsführer eines Zentrums für ökologisches Bauen in Niedersachsen. Die Erfahrungen in der Wirtschaft, in der sozialen Bewegung und im EU-Parlament hätten ihn geprägt, sagt er heute.

Als Chef über Energiewende und Klimaschutz ist schließlich Patrick Graichen Habecks wichtigster Mann im Management des Ministeriums: Der promovierte Volkswirt begann 2001 als Klimaschutz­referent im Bundes­umwelt­ministerium und war nach zehn Jahren Referatsleiter für Klima- und Energiepolitik, wo er etwa für die wirtschaftlichen Tools des Kyoto-Protokolls mitverantwortlich war.

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Graichen ging 2012 jedoch in die Politikberatung und baute den angesehenen klimapolitischen Thinktank Agora Energiewende mit auf, der oft genug die Basis für die Klimapläne, die Erneuerbaren und die Transformation der Industrie der Grünen lieferte.

RND

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