Interview

Die Kieler Jamaika-Koalition

Foto: Von links: Lasse Petersdotter (Die Grünen), Tobias Loose (CDU) und Dennys Bornhöft (FDP)

Von links: Lasse Petersdotter (Die Grünen), Tobias Loose (CDU) und Dennys Bornhöft (FDP)

Kiel. Frage: Bei Ihnen gibt es erstaunlich viele Parallelen. Sie müssen sich ja blendend verstehen.

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Lasse Petersdotter: Wenn man das Politische mal ausklammert, dann ist das ganz in Ordnung. Aber wir treffen uns nicht privat zum Squash. Soweit geht's dann doch nicht. Wir kennen uns aber schon länger und haben einen direkteren Draht als zu anderen Abgeordneten. Wir waren ja alle Landesvorsitzende unserer Jugendorganisationen, und da gibt es die Tradition, dass man die anderen zum Grußwort zur eigenen Mitgliederversammlung einlädt.

Dennys Bornhöft: Wir sind außerdem zusammen im Verband der politischen Jugend organisiert. Es wäre sinnig, wenn man auch über die Altparteien einen institutionellen Austausch erfahren würde und nicht nur in einer Koalition. Lasse, Du schuldest mir übrigens noch ein veganes Essen.

Tobias Loose: Wir haben ja die große Gemeinsamkeit, dass wir uns für Politik interessieren. Das unterscheidet uns von sehr vielen in unserem Alter. Wir haben Lust auf die politische Auseinandersetzung und streiten auch mal. Denn jeder von uns hat sich in seiner Partei politisch sozialisiert und bestimmte Weltbilder. Aber fernab von der politischen Meinung verstehen wir uns gut. Und, Lasse, ich würde auch mit Dir Squash spielen.

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Unterschiedliche Weltbilder ist ein gutes Stichwort. Der neue Innenminister Horst Seehofer (CDU) hat vor einigen Tagen gesagt, der Islam gehöre nicht zu Deutschland. Diese Meinung teilen Sie ja, Herr Loose, und haben schon vor drei Jahren damit Schlagzeilen gemacht. Wie gehen die anderen damit um?

Loose: Ich habe damals gesagt, der Islam gehört nicht zu Deutschland, aber die Menschen, die islamischen Glaubens sind, die gehören zu Deutschland. Das hat Herr Seehofer wohl nachgesagt. Ich stehe noch dazu. Aber es ist natürlich eine bescheuerte Diskussion, denn wer setzt die Maßstäbe? Wenn ich so etwas sage, suche ich bewusst das Trennende, aber so arbeitet man nicht zusammen.

Bornhöft: Ich kann mit dem Satz nichts anfangen. Aber so gehen wir tatsächlich nicht an unsere Zusammenarbeit: Wir fangen mit Gemeinsamkeiten an, gucken, dass die groß genug sind, um das, was uns trennt, zu überwinden.

Petersdotter: Ich halte diese Aussage für völligen Quatsch. Sie spielt Rechtspopulisten und Islamisten in die Hände. Sie sehen, wir streiten über solche Themen. Wir regieren mit Konflikten. Keiner von uns muss seine politische Haltung dafür aufzugeben. Das würde nicht funktionieren.

Wo sind denn Gemeinsamkeiten? Was unterscheidet Sie etwa gemeinsam von früheren Politikergenerationen?

Loose: Die Frage des Politikstils. Bei den Jüngeren gibt es nicht mehr diese ideologische Verhärtung und den Lagerkampf. Helmut Kohl hatte ein ganz klares Lagerdenken innerparteilich und auch nach außen: Die Grünen waren für ihn Leute, mit denen man nicht redet, das war der Feind. Aus dieser Generation haben wir immer noch welche im Landtag sitzen, die haben nicht unbedingt einen konsensualen Ansatz.

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Petersdotter: Auch die Grünen-Jugend hatte massive Hemmungen, mit der CDU oder der FDP zu koalieren, ich auch. Und ich merke jetzt immer noch, dass es zahlreiche Konflikte gibt. Aber es wurden inzwischen Vorbehalte abgebaut. Ich würde mir wünschen, dass wir als junge Abgeordnete ein paar Generationskonflikte stärker thematisieren würden, die uns alle gleichermaßen treffen. Vieles von dem, was unsere Elterngeneration gemacht hat, ist kritisierbar. Wie sie über unsere Verhältnisse gelebt hat – ökologisch wie finanziell. Themen, die wir gemeinsam voranbringen könnten, wären Klimaschutz, e-Sports, Drogenpolitik...

Bornhöft: ... oder politische Bildung und Wahlalter. Ich wollte diese Koalition übrigens. Ich finde sie hochspannend, weil wir die Konflikte ausdiskutieren, und so Politik für einen großen Teil der Bevölkerung machen. Das größte Problem hat momentan die SPD. Weil wir Dinge abspielen, die thematisch dort zugeordnet wären. Und sie hat ein Nachwuchsproblem: Während die Koalitionsparteien jeweils drei Abgeordnete unter 35 haben, hat die SPD nur einen, und der hat schon eine Legislaturperiode im Landtag gesessen.

Warum gibt es denn insgesamt relativ wenig junge Abgeordnete im Landtag. Stellen sich zu wenige zur Wahl oder ist die Generation an Politik nicht interessiert?

Bornhöft: Junge Leute haben es in allen Parteien schwer, aufgestellt zu werden. So jung sind wir drei auch nicht mehr. Mit 18 könnte man nämlich hier auch schon am Tisch sitzen. Eigentlich schade.

Loose: Politikverdrossenheit sehe ich bei den jungen Leuten nicht. Flüchtlingskrise, AfD, Brexit, Trump. Das sind die Themen, die sie bewegen und aktiv werden lässt.

Petersdotter: Ich kenne keinen Menschen, der, nur weil er jung ist, den Job schlecht gemacht hätte, also aus der Disco torkelnd in den Ausschuss kam oder zu unreif war für eine Entscheidung. Es gibt eigentlich nur junge Leute, die das überraschend gut gemacht haben. Und zwar aus allen Parteien. Das muss man mal den Leuten verklickern.

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Von KN-online

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