Diskussion um Finanzministerium: Grüne geben sich kämpferisch
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Ebenfalls als möglicher Bundesfinanzminister ins Gespräch gebracht: Grünen-Chef Robert Habeck.
© Quelle: imago images/Mike Schmidt
Berlin. Bei den Grünen mehren sich die Stimmen, in der angestrebten Ampelkoalition das einflussreiche Bundesfinanzministerium nicht kampflos der FDP zu überlassen. Es müsse jetzt darum gehen, Spielräume innerhalb der Schuldenbremse zu nutzen und mit der Bekämpfung von Geldwäsche sowie Steuerhinterziehung und Steuervermeidung neue Spielräume zu schaffen, sagte der Finanzpolitiker Sven Giegold am Sonntag in Berlin.
Der Grünen-Politiker war Mitglied des Sondierungsteams seiner Partei zur Bildung einer Regierung mit SPD und FDP. „Die Finanzquellen werden wir nur erschließen, wenn wir die Umsetzung dieser Maßnahmen selbst in die Hand nehmen. Wir dürfen nach schweren Kompromissen in der Steuerpolitik nicht auch noch die Umsetzung der vereinbarten Finanzpolitik opfern.“
Geld sei zwar nicht alles, ergänzte Giegold. „Aber ohne Geld wird alles nichts.“ Das gelte dann für die Umsetzung der Klimapolitik als auch die geplante Digitalisierung des Landes. „Nur durch diese Finanzquellen wird es mit den bitter notwendigen Investitionen klappen.“
FDP-Chef Lindner will Finanzminister werden
Noch deutlicher wurde der grüne Finanzminister aus Baden-Württemberg, Danyal Bayaz, auf Twitter. Grünen-Co-Chef Robert Habeck sei die Idealbesetzung für das Finanzministerium im Bund, das de facto ein Vetorecht hat. „Er hat sich nicht erst seit gestern gründlich auf diese verantwortungsvolle Aufgabe vorbereitet.“
Im Wahlkampf hatte FDP-Chef Christian Lindner keinen Hehl daraus gemacht, Finanzminister werden zu wollen. Mehrere FDP-Politiker sprachen sich dafür am Wochenende aus. Im Sondierungspapier trägt der Teil zur Steuer- und Finanzpolitik die Handschrift der Liberalen. Ein hochrangiger FDP-Parlamentarier sagte Reuters, mit dem Ergebnis der Sondierungen laufe alles auf Lindner als Finanzminister hinaus.
Die Grünen sind in der Ampelkonstellation gemessen an der Größe ihrer Fraktion im Bundestag der zweitstärkste Partner. Weil die SPD als größte Fraktion das Kanzleramt bekäme, hätten die Grünen eigentlich die zweite Wahl. Zuletzt hatten viele Insider aber gesagt, die FDP solle mit dem Finanzministerium in die Ampelregierung gelockt werden. Die Grünen könnten dafür ein deutlich aufgewertetes Klimaministerium bekommen.
Grünen-Co-Chef Robert Habeck hat die Debatte derweil als „nicht hilfreich“ kritisiert. „Es gehört zur Fairness, zum guten Ton und auch zur politischen Klugheit, das jetzt nicht zu tun. Man erhöht im Zweifelsfall nur die eigene Fallhöhe“, sagte Habeck am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“.
„Wir haben sehr unterschiedliche finanzpolitische Vorstellungen. Die Konkurrenz ist da, ohne Frage. Das Vertrauen, dass das dann passiert, wie es verabredet ist, muss sich erst noch beweisen, auch in den Koalitionsgesprächen“, betonte der Parteichef. Er selbst stelle „alle persönlichen Ambitionen von Menschen inklusive meiner Person“ immer zurück. „Ich klopfe allen auf die Finger, die zucken. Deshalb kann ich für meinen Laden sagen, wir werden das nicht tun.“
Wissing warnt vor verfrühter Diskussion
FDP-Generalsekretär Volker Wissing sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, die Diskussion sei verfrüht. „Ressortfragen stellen sich für uns derzeit überhaupt nicht. Solche Dinge klären wir am Ende erfolgreicher Koalitionsverhandlungen.“
Bundesrechungshof-Präsident Kay Scheller sagte in der „Welt“, eine ehrliche Bestandsaufnahme sei nun nötig. „Denn es ist nicht Geld für alles da.“ Es müssten Prioritären gesetzt werden. „Die Lösungen liegen nicht in intransparenten Schattenhaushalten wie Fonds, Zweckgesellschaften oder anderen Konstruktionen.“ Die Schuldenbremse aufzuweichen, wäre der falsche Weg.
RND/Reuters