Russlands Waffenkäufe im Iran

Putins unheilvolle Allianz mit dem Mullah-Regime

Ein Bild, das den Westen einschüchtern soll: Putin (links) am 19. Juli auf Besuch in Teheran zusammen mit Irans Präsidenten Ebrahim Raisi.

Ein Bild, das den Westen einschüchtern soll: Putin (links) am 19. Juli auf Besuch in Teheran zusammen mit Irans Präsidenten Ebrahim Raisi.

Es sind Bilder, die könnten in Hollywood produzierten Weltuntergangsblockbustern entnommen sein. Nur dass das in Kiew derzeit die Realität ist, wie Aufnahmen in den sozialen Netzwerken zeigen. Während Menschen im Morgenverkehr Kiews Straßen fluten, schwebt wie in Zeitlupe eine Drohne mit einer Flügelspannweite von 2,5 Metern über der ukrainischen Hauptstadt. Plötzlich ändert sie ihre Flugrichtung, dann sieht man einen riesigen Feuerball.

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Nach Wochen, in denen viele in der Ukraine auf ein baldiges Ende des Krieges hofften, weil Kiew militärisch Erfolge feierte, meldet sich Russland initiativ zurück. Mit einer Strategie, die stets dann zum Tragen kommt, wenn militärisch nicht mehr viel geht: Terror gegen jene, die kaum zu schützen sind – die Zivilbevölkerung.

37 Drohnen konnten seit Sonntagabend abgefangen werden, meldete das ukrainische Militär. Die unbemannten Flugkörper sind mit der russischen Aufschrift „Geran-2″ versehen. Doch niemand zweifelt daran, dass es sich um iranische Drohnen des Typs HESA Shahed 136 handelt, die eine Reichweite von bis zu 2400 Kilometern haben.

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Der Iran hat an keine der Kriegsparteien Waffen exportiert. Wie wir schon oft gesagt haben, basiert die Außenpolitik des Iran auf der Ablehnung des Krieges.

Nasser Kanani, Sprecher des iranischen Außenministeriums

„Der Iran hat an keine der Kriegsparteien Waffen exportiert. Wie wir schon oft gesagt haben, basiert die Außenpolitik des Iran auf der Ablehnung des Krieges, und was den Krieg in der Ukraine betrifft, so sind wir auch gegen den Krieg, und wir versuchen, den militärischen Ansatz in diesem Bereich zu beenden“, äußerte der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Nasser Kanani. Doch die Ukraine legte Beweise vor, die deutlich zeigen, dass es sich um iranische Drohnen handelt, die lediglich umlackiert wurden. „Russland und der Iran haben sich verbündet, um Terror und Tod zu bringen“, warnt der ukrainische Verteidigungsminister Oleksij Resnikow.

Langfristige Zusammenarbeit unwahrscheinlich

An eine langfristige Zusammenarbeit glaubt Daniel Gerlach, Iran-Experte und Chefredakteur des Nahostmagazins „Zenith“, dennoch nicht: „Es gibt im Iran große Vorbehalte gegen Russland. Moskau hat Iran nicht viel anzubieten. Seit Jahren versucht Russland, seine militärischen und seine Rüstungskompetenzen weltweit zu vermarkten. Dass jetzt umgekehrt Russland Iran um militärtechnische Hilfe bittet, kommt schon einer Schmach gleich“, so Gerlach.

Für Russlands Präsident Wladimir Putin scheint der Ausbau der Zusammenarbeit mit dem Iran dennoch eine hohe Priorität zu besitzen. Eine seiner ersten Reisen seit Kriegsbeginn führte ihn im Juli nach Teheran. Irans Präsident Ebrahim Raisi hatte daraufhin von einem neuen Militärpakt mit Russland gesprochen.

Menschen gehen am 17. Oktober in der ukrainischen Hauptstadt Kiew an einer zerstörten Drohne vorbei.

Menschen gehen am 17. Oktober in der ukrainischen Hauptstadt Kiew an einer zerstörten Drohne vorbei.

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Die iranischen Drohnen werden von Militärfachleuten als preiswerte und obendrein effiziente Alternative zu den kostspieligen und obendrein knappen Raketen und Marschflugkörpern russischer Bauart bezeichnet, deren Produktion in Russland angeblich wegen der westlichen Sanktionen von elektronischen Bauteilen stockt. Insgesamt 2400 Drohnen soll Russland in Teheran bestellt haben, 300 habe die russische Armee bereits bekommen, heißt es.

Russland greift ukrainische Hauptstadt Kiew mit Drohnen an

Aus der ukrainischen Hauptstadt werden wieder russische Luftangriffe gemeldet. Laut Bürgermeister Vitali Klitschko sind mehrere Wohnhäuser betroffen.

Ein Anfang? Laut der „Washington Post“ bereite Teheran auch die Lieferung von Fateh-110- und Zolfaghar-Raketen vor, die zwischen 300 und 700 Kilometer weit fliegen können. Für die ukrainischen Städte droht hier eine Gefahr, die bislang kaum abzusehen ist. Die iranischen Raketen können rund eine halbe Tonne Sprengstoff transportieren.

In technischer Hinsicht sind sie russischen Raketen weit unterlegen: Sie lassen sich nicht aus Mehrfachabschusskanistern verschießen, verfügen nicht über die sogenannte Schubvektorensteuerung (TVC), ihre ballistische Flugbahn ist vorhersehbar, sie verfügen nicht über Ausweichfähigkeiten. Aber sie sind preiswert, stehen reichlich zur Verfügung. Nach Angaben des stellvertretenden US‑Geheimdienstdirektors Morgan Muir hat Russland seit Kriegsbeginn mehr als 6000 Ausrüstungsgegenstände verloren.

Kettenreaktion droht

Russlands Setzen auf die iranische Karte droht, eine Kettenreaktion auszulösen. Mit Nachman Shai forderte der erste israelische Minister eine direkte Unterstützung Kiews. „Es gibt keinen Zweifel mehr, wo Israel in diesem blutigen Konflikt stehen sollte. Es ist an der Zeit, dass auch die Ukraine Militärhilfe erhält, so wie es die USA und die Nato-Staaten leisten“, schrieb er auf Twitter.

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Gebt der Ukraine einen Iron Dome.

Zehava Galon, Vorsitzende der linksliberalen Meretz-Partei (Israel)

Andere Politiker und Politikerinnen fordern das schon länger. „Gebt der Ukraine einen Iron Dome“, forderte Zehava Galon, Vorsitzende der linksliberalen Meretz-Partei. Das Raketenabwehrsystem, das Israel vor Raketenbeschuss aus Gaza schützt, wäre eine wirksame Waffen gegen iranische Raketen. Man brauche modernere Radarsysteme, um gleichzeitige Bedrohungen von verschiedenen Seiten im Auge zu behalten, erläuterte eine Unteroffizierin der ukrainischen Armee in der „Neuen Zürcher Zeitung“. Denn derzeit sei es schwierig, die Drohnen auf dem Radar zu entdecken.

Doch bislang hat sich Israels Regierung von Premier Jair Lapid aus dem Konflikt herausgehalten. „Das ist nicht unser Krieg“, erklärte Ex-Premier Ehud Olmert im „Spiegel“. In Syrien ist Israel auf die Verlässlichkeit der russischen Regierung angewiesen, da Russland den syrischen Luftraum kontrolliert.

Israel liefert Satellitenbilder

Ein Anfang? Wie die „New York Times“ jüngst berichtete, hat Israel die Ukraine mit „grundlegenden Informationen“ über die iranischen Drohnen versorgt. Ein hochrangiger israelischer Beamter soll dem Blatt von der Informationsweitergabe berichtet und erzählt haben, dass ein privates israelisches Unternehmen der Ukraine auch Satellitenbilder von russischen Truppenstellungen zur Verfügung gestellt habe.

Die Zusammenarbeit Russlands mit dem Iran ist vor allem Produkt der radikal antiwestlichen Ausrichtungen der beiden Regime, ihrer Verachtung für Demokratie und ihrer Rolle als isolierte Staaten, die einen globalen Führungsanspruch erheben. Zwar ergibt sich auf Grund der Ähnlichkeiten ihrer volkswirtschaftlichen Struktur – beide Staaten haben einen unterentwickelten Industriesektor, profitieren fast ausschließen von Rohstoffexporten – nur ein begrenztes ökonomisches Potential.

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Doch beispielsweise gibt es eine Kooperation des staatlichen russischen Energiekonzerns Gazprom mit seinem iranischen Partner. Wo bisher Sanktionen des Westens eine technische Aufrüstung und eine volle Förderung der Öl- und Gasfelder verhinderten, will Moskau in nächster Zeit mit Investitionen in Höhe von 40 Milliarden Dollar einspringen. Zudem gelang es dem Iran im August, mit russischer Hilfe einen Satelliten ins All zu schießen.

Die jetzige Kooperation basiert wohl eher auf kurzfristigen Überlegungen und ist sehr niedrigschwellig angelegt.

Daniel Gerlach, Orientalist

„Die jetzige Kooperation basiert wohl eher auf kurzfristigen Überlegungen und ist sehr niedrigschwellig angelegt“, glaubt Daniel Gerlach. „Es gibt in Iran kein Interesse, sich zum Sekundanten imperialer Mächte zu machen, wozu man dort Russland auch zählt.“ Andererseits „kann sich Iran seine Partner nicht aussuchen. Beide Mächte haben sich aber gegenseitig nicht viel zu bieten. Die iranisch-chinesischen Beziehungen sind viel substanzieller“, so der Orientalist zum RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

Nur wenige Reibungen zwischen Moskau und Teheran

Vordergründig gibt es zwischen Moskau und Teheran politisch nur wenige Reibungen: Beide unterstützen das Regime von Baschar Hafiz al-Assad in Syrien, Irans ehrgeizige Ambitionen in den Palästinensergebieten, im Libanon und vor allem im Süden der Arabischen Halbinsel werden von Russland grundsätzlich nicht infrage gestellt.

„Nicht gut kam indes im Iran an, dass Russland weggesehen hat, wenn Israel die Raketenstellungen iranischer Verbündeter in Syrien bombardiert. Und Moskau hat die strategische Aufrüstung des Iran nie so unterstützt, wie man sich das in Teheran erhofft hätte“, so Gerlach. Im Iran ist man sich sicher, dass Moskau die Beziehungen zu Israel und zum Westen stets wichtiger waren, als die zum Iran. Immer wieder hat Russland im UN‑Sicherheitsrat Resolutionen gegen den Iran unterstützt.

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Unter einem enormen innenpolitischen Druck

Was sie vor allem verbindet: Beide Regime stehen unter einem enormen innenpolitischen Druck. Der Tod der jungen Mahsa Amini nach ihrer Inhaftierung durch die Sittenpolizei löste Ende September eine Protestwelle aus, die bis heute anhält. „Die Islamische Republik ist nicht wandelbar“, ist der Politologe Ali Fathollah-Nejad überzeugt, „deshalb haben die Herrschenden dort angesichts der sich ausweitenden Proteste auch kaum Spielräume“, sagte er dem RND. Mittlerweile geht es um die Existenz der Islamischen Republik.

„Wenn dieses Regime weiter auf seine Bevölkerung so einschlägt, dann wird es weitere Sanktionspakete – gezielt für die Verantwortlichen – geben“, drohte die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock. Das Problem der Europäerinnen und Europäer ist jedoch, dass der Handel mit dem Iran bereits weitgehend zum Erliegen gekommen ist. „Wir sind beschränkt in unseren Optionen, der Sanktionsspielraum ist beinahe ausgeschöpft“, räumt die grüne Außenpolitikerin Viola von Cramon ein.

Am Ende wird dem Westen nichts anderes übrig bleiben, als ohnmächtig zuzusehen, wie Putin seine illiberale, antiwestliche Allianz um weitgehend isolierte Staaten wie Iran oder Nordkorea erweitert.

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