Kampf der Systeme um die Weltordnung
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In München trifft am Odeonsplatz eine Pro-Ukraine-Demo auf Proteste gegen die Sicherheitskonferenz, die am Wochenende in der bayerischen Landeshauptstadt stattfand.
© Quelle: IMAGO/Wolfgang Maria Weber
Der russische Überfall auf die Ukraine vor einem Jahr hat die Zeit gewendet. Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg auf ein Nachbarland in Europa zerstörte jahrelange Bemühungen um Abrüstung und Annäherung. Und es ist noch viel mehr passiert, was aber erst langsam ins allgemeine Bewusstsein einsickert: Es geht inzwischen nicht nur um die Auseinandersetzung mit dem brutalen Kriegstreiber Wladimir Putin, es geht um eine neue Weltordnung.
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Die westlichen Demokratien müssen um ihre Werte kämpfen. Denn ihr System der Freiheit, der Gleichheit, der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte ist bekanntlich die verletzlichste aller Staatsformen. Das wissen Autokraten und Diktatoren nur zu gut. In diesen verstörenden Zeiten wittern sie ihre Chance.
Münchner Sicherheitskonferenz macht auch eine Schwäche des Westens deutlich
Bei der Münchner Sicherheitskonferenz ist dieser Machtkampf und zugleich eine Schwäche Europas wegen der angeknacksten deutsch-französischen Achse und des noch mangelnden Vertrauens osteuropäischer Staaten in Berlin deutlich geworden. Und die USA haben sich mit einer emotionalen, aber wenig inspirierenden Rede von Vizepräsidentin Kamala Harris als wenig kraftvoll erwiesen.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat seinen – in weiten Teilen der deutschen Bevölkerung für richtig befundenen – Kurs der Balance zwischen Waffenlieferungen an die Ukraine, unbedingtem Schulterschluss mit Partnerstaaten und Verhinderung einer Eskalation des Kriegs bekräftigt. Und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat über nukleare Abschreckung durch Nato-Staaten gesprochen. Schade nur, dass sie nicht gemeinsam, geschlossen auftraten, von ihren spärlichen Äußerungen im Dreierbund mit Polens Präsidenten Andrzej Duda einmal abgesehen. Führung zu übernehmen, den Menschen mehr Sicherheit zu geben sieht anders aus.
Chinas Friedenspapier für die Ukraine: „Ein bisschen Frieden wird nicht ausreichen“
Kristina Dunz ist für das RedaktionsNetzwerk Deutschland bei der Münchner Sicherheitskonferenz. Hier zieht sie ihr Fazit des letzten Tages.
© Quelle: Kristina Dunz/RND
Peking weiß um die Sehnsucht der Menschen in Europa nach Frieden und ihre Bereitschaft, nach jedem Strohhalm dafür zu greifen.
Chinas Friedensplan für die Ukraine: ein Hoffnungsschimmer?
Peking ist in diese Lücke vorgestoßen, um einen Friedensplan für die Ukraine anzukündigen. Just zum ersten Jahrestag der russischen Invasion in die Ukraine. China will offenbar für nationale Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine eintreten. Es wäre ein Hoffnungsschimmer – wenn nicht alle Erfahrungen mit Russlands Nähe zu China und Pekings vorrangigem Eigeninteresse in der Taiwan-Frage dagegen sprächen.
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Peking weiß um die Sehnsucht der Menschen in Europa nach Frieden und ihre Bereitschaft, nach jedem Strohhalm dafür zu greifen. Es wird also eine Debatte um die Initiative der Weltmacht China geben, die wie ein Gegenentwurf zur massiven militärischen Aufrüstung der Nato-Staaten wirken soll. In Zeiten von Verschwörungstheorien, massiver Verunsicherung und Angst vor einem dritten Weltkrieg könnte das bei vielen Menschen verfangen. Hauptsache, irgendeiner möge für ein Ende dieses furchtbaren Krieges sorgen. Und wenn Russland seine Truppen dann nicht abzieht, hat China es dem Anschein nach wenigstens versucht.
Für den Westen kommt es jetzt darauf an, Peking für alle Welt sichtbar daran zu messen, ob es seinen großen Einfluss auf Putin tatsächlich dazu nutzt, dass er aus der Ukraine abzieht – und zwar unter Aufgabe aller beanspruchten Gebiete.
Für den Westen kommt es jetzt darauf an, Peking für alle Welt sichtbar daran zu messen, ob es seinen großen Einfluss auf Putin tatsächlich dazu nutzt, dass er aus der Ukraine abzieht – und zwar unter Aufgabe aller beanspruchten Gebiete. In Demokratien wird die Überzeugungskraft der Politik gebraucht. Autokraten haben es da leichter. Sie müssen sich nicht erklären.
Eine verständliche Sprache spricht der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius. Sein Synonym für die Verlässlichkeit und den Schutz der Nato für die Demokratie ist sein einfaches Bekenntnis, dass er ein Kind des Kaltes Krieges ist. Heimat, Eltern, Jugend abgesichert durch ein Militärbündnis, das die großartigen Werte seiner Staaten verteidigt. Zugleich zeigt er sich entsetzt, dass es nach dem Kalten Krieg wieder um Aufrüstung geht. Eine Welt ohne Waffen wäre so viel schöner. Nur ist die Menschheit dafür offensichtlich nicht gemacht.