„Einzelhändler bringen Sonderopfer“: Handel kritisiert Fortführung der 2G-Regel
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Handelsverband-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth fordert ein Ende von 2G im Einzelhandel.
© Quelle: Harald Tittel/dpa
Berlin. Herr Genth, wie bewerten Sie die Beschlüsse der Bund-Länder-Runde?
Die Politik fährt auch im dritten Corona-Jahr auf Sicht. Deswegen gehört die 2G-Zulassungsbeschränkung im Einzelhandel nicht nur auf den Prüfstand, sondern muss zurückgenommen werden. Sie hat sich als nicht wirksam in der Pandemiebekämpfung erwiesen. In Niedersachsen, Bayern und dem Saarland gilt sie nicht, in Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz gibt es Stichproben, in anderen Bundesländern Zulassungskontrollen. Das Wirrwarr muss aufhören. Ein Vergleich zeigt deutlich, dass die Regelung keinen nennenswerten Einfluss auf das Infektionsgeschehen hat. Die Maßnahme ist verfassungswidrig. Entsprechende Klagen sind unterwegs und werden weitergehen.
Die 2G-Regel im Einzelhandel wurde nicht angetastet. Welche Folgen hat das?
Der Einzelhandel unterstützt alle wirksamen Maßnahmen zur Pandemieeindämmung. Wir haben ein Eigeninteresse daran, die Inzidenzen niedrig zu halten. Bei uns im Handel ist die wirksamste Maßnahme eine Maskenpflicht, die durchgehend gilt. Sie schützt uns und andere. Auf der anderen Seite haben die Verkäuferinnen und Verkäufer mit unmöglichen Situationen zu tun: Sie werden beschimpft, beleidigt und teilweise gar bedroht. Dort müssen wir die staatlichen Kontrollmaßnahmen durchführen.
Die betroffenen Händler bringen ein Sonderopfer. Deshalb muss das entschädigt werden.
Stefan Genth,
Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE)
Es gibt einen erhöhten Personalaufwand und massive Umsatzeinbußen. Viele Unternehmen haben ihr Eigenkapital aufgebraucht. Es gab zwei Lockdowns und seit Langem gilt 2G. Das Paradoxe ist: Die ins Schaufenster gestellten Wirtschafshilfen helfen hier gar nicht wirklich. Ein Unternehmen, dass 28 Prozent weniger Umsatz erwirtschaftet, erhält keine Überbrückungshilfen – und das ist schon gravierend. Offenbar ist die Politik nicht geneigt, noch einmal an die Wirtschaftshilfen ranzugehen. Die betroffenen Händler bringen ein Sonderopfer. Deshalb muss das entschädigt werden.
Halten Sie die Verkürzung des Genesenenstatus für angemessen?
Mit den Veränderungen beim Genesenen- und Geimpftenstatus engt man den Personenkreis ein: Es erhalten weniger Menschen juristisch gesehen Zutritt zum Einzelhandel, beispielsweise in den Innenstädten. Damit will man Druck ausüben auf diejenigen, die nicht geimpft sind. Das zeigt aber keine Wirkung. Die Booster-Kampagne, die wir im Handel unterstützen, läuft gut. Aber Erst- und Zweitimpfungen sind nicht nennenswert angestiegen. Das zeigt, dass die Maßnahme nicht geeignet ist, einen Impuls auszulösen.