Europäischer Gipfel nahe der Grenze

Die Botschaft aus Moldau an Moskau: Du bist isoliert, Russland

Charles Michel (von links), Präsident des Europäischen Rates, Emmanuel Macron, Präsident von Frankreich, Nikol Pashinjan, Ministerpräsident der Republik Armenien, und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kommen beim Gipfeltreffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPG) in Moldau zu einem Gespräch zusammen. Die EPG wurde vergangenes Jahr auf französische Initiative gegründet. Sie soll europäische und vorderasiatische Staaten, die keine Mitglieder der Europäischen Union sind, näher an die EU heranführen. Ihr gehören 47 Staaten an, auch die Beitrittskandidaten Ukraine, Moldau und die Türkei, das Bewerberland Georgien sowie Aserbaidschan und Armenien.

Charles Michel (von links), Präsident des Europäischen Rates, Emmanuel Macron, Präsident von Frankreich, Nikol Pashinjan, Ministerpräsident der Republik Armenien, und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kommen beim Gipfeltreffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPG) in Moldau zu einem Gespräch zusammen. Die EPG wurde vergangenes Jahr auf französische Initiative gegründet. Sie soll europäische und vorderasiatische Staaten, die keine Mitglieder der Europäischen Union sind, näher an die EU heranführen. Ihr gehören 47 Staaten an, auch die Beitrittskandidaten Ukraine, Moldau und die Türkei, das Bewerberland Georgien sowie Aserbaidschan und Armenien.

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Bulboaca. Die Kriegsfront ist nicht weit. Die fast 50 Staats- und Regierungschefs der Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPG) sind nach Bulboaca in Moldau gekommen – 35 Kilometer bis zur Hauptstadt Chisinau, 20 Kilometer bis zur ukrainischen Grenze. Kiew erreicht man von hier aus mit dem Zug in ein paar Stunden. Russland hat die Metropole auch in der Nacht wieder mit Raketen angegriffen. Drei Menschen seien getötet worden, darunter ein Kind, beklagt Bürgermeister Vitali Klitschko am Donnerstag. Am internationalen Kindertag. Näher als mit ihrem Gipfel in der einstigen Sowjetrepublik kann die EPG an das Kriegsgeschehen kaum heranrücken, wenn sie sich nicht gleich in Kiew treffen will.

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+++ Alle Entwicklungen zum Krieg gegen die Ukraine im Liveblog +++

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) geht bei seiner Ankunft direkt auf die russischen Attacken ein. Er steht in der Sonne auf dem roten Teppich vor Schloss Mimi, das die kleine und arme Republik Moldau zu einem technisch und organisatorisch bestens aufgestellten Konferenzort gemacht hat. Es ist ein 120 Jahre altes ehemaliges Weingut von Constantin Mimi, einem hochgeschätzten Winzer. Auch heute schwärmen Diplomaten vom edlen moldauischen Tropfen. Aber nicht jetzt und nicht hier. Scholz hebt die deutsche Unterstützung der Ukraine für die Luftverteidigung in diesem Moment der „vielen Angriffe“ Russlands mit Raketen, Flugzeugen und Marschflugkörpern hervor. Oft schon haben deutsche Abwehrwaffen Leben gerettet. Nicht aber das der drei Menschen in der Nacht.

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Beim EPG ist Selenskyj endlich einmal Mitglied – und nicht nur Gast

Für den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj ist dieser Gipfel eine Premiere. Er war bei so vielen internationalen Treffen in den vergangenen Wochen. Aber am Donnerstag ist er erstmals nicht nur Gast, sondern Mitglied. Erst im vorigen Jahr wurde die EPG auf Initiative des französischen Präsidenten Emmanuel Macron gegründet. Ursprünglich wohl als alternatives Angebot zu einer EU-Erweiterung. Einige Beitrittskandidaten bringen aus Brüsseler Sicht die Voraussetzungen noch nicht mit und die EU ist auch nicht in bester Aufnahmeverfassung. Zu bürokratisch, zu überlastet. Die Ukraine und Moldau erhielten trotzdem den Status von EU-Beitrittskandidaten.

Der EPG gehören neben den 27 Staaten der Europäischen Union 20 weitere Länder in Europa an, darunter verfeindete Staaten wie Serbien und Kosovo. Und Russland zugewandte wie Ungarn. Gemeinsam aber senden sie mit ihrem Gipfel in der ehemaligen Sowjetrepublik Moldau diese Botschaft an Kremlchef Wladimir Putin: Du bist isoliert.

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Moldaus Präsidentin Maia Sandu nennt als Hauptziel nichts Geringeres als die Wiederherstellung des Friedens in Europa und den Schutz für die Ukraine – und für ihr Land – vor Russland. In der abtrünnigen Region Transnistrien sind etwa 1500 russische Soldaten stationiert. Moldau mit seinen 2,6 Millionen Einwohnern hat selbst nur 5000 Soldaten und knapp 60.000 Reservisten und befürchtet, dass Moskau den Angriffskrieg gegen die Ukraine in Richtung Chisinau eskalieren lassen könnte. Der russische Geheimdienstchef Alexander Bortnikow zündelt am Donnerstag: „Der Westen drängt Moldau aktiv zu einer Teilnahme am ukrainischen Konflikt.“

EPG-Treffen größte Veranstaltung im kleinen Moldau

Das EPG-Treffen ist die bisher größte politische Veranstaltung in Moldau. „Historisch“, sagt Sandu. Um den vielen Delegationen einen möglichst reibungslosen Ablauf zu ermöglichen, hat die Bevölkerung zwei arbeitsfreie Tage bekommen. Straßen sind wie leergefegt. Sandu sagt, die EPG sei Ausdruck von Einigkeit und Stärke, sie sei eine Familie. Sie klingt hoffnungsvoll.

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Selenskyj bittet die Staats- und Regierungschefs erneut um diese Hilfe: um eine „Patriot-Koalition“ und eine „Koalition moderner Kampfflugzeuge“. Auf diese beiden Komponenten komme es nun an.

Selenskyj in Moldau: Ukraine ist bereit für die Nato

In Bulboaca kommen am Donnerstag die Staats- und Regierungschefs aus 47 Ländern der Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPG) zusammen.

Die Ukraine hat bereits Patriot-Luftverteidigungssysteme erhalten – auch aus Deutschland. An der beim G7-Gipfel geschmiedeten „Kampfjetkoalition“ mit F-16-Kampfjets aus US-Produktion beteiligt sich die Bundesregierung bisher nicht. Deutschland hat keine F-16-Flieger, die als vergleichsweise einfach zu bedienen gelten.

Selenskyj drückt aufs Tempo für den Beitritt seines Landes zur EU und zur Nato. Er mahnt: Jedes europäische Nachbarland Russlands, das nicht von Russland zerrissen werden wolle, müsse Vollmitglied der EU und der NATO sein. Denn: Ohne Sicherheitsgarantien blieben nur „Kriegsgarantien“.

In der Frage der Sicherheitsgarantien legen Scholz und Macron unterschiedliche Geschwindigkeiten an den Tag. Macron erweckt den Eindruck, dass über solche Garantien schon beim Nato-Gipfel in Vilnius im Juli gesprochen werden könnte - unterhalb einer Nato-Mitgliedschaft, aber mehr als Nato-Staaten Israel zusicherten, wie er es formuliert, ohne konkret zu werden.

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Scholz sagt hingegen: „Leider sind wir noch weit entfernt davon, uns über die Frage Gedanken machen zu können, wie eine Sicherung des Friedens im Frieden gelingen kann.“ Denn noch sei die Ukraine im Krieg. Demnach könnte über Garantien erst gesprochen werden, wenn der Krieg beendet ist. Scholz betont erneut, dass es keine Eskalation des Krieges zwischen Nato und Russland geben dürfe.

Selenskyj wird noch nach einem möglichen Friedensgipfel für die Ukraine gefragt. Die Vorbereitungen dafür liefen, antwortet er. Man wolle so viele Länder wie möglich dabei haben. Zu einer „ukrainische Friedensformel“ gehörten der vollständige Abzug russischer Truppen, die Freilassung aller Kriegsgefangenen, ein Tribunal gegen russische Kriegsverbrecher sowie Sicherheitsgarantien für die Ukraine. „Wir brauchen Frieden“, sagt Selenskyj. „Wir brauchen gerechten Frieden.“


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