Ungarn blockiert weiter

Importstopp für russisches Öl: EU-Staaten fetzen sich

Durch die Druschba-Pipeline fließt Öl aus Russland nach Deutschland. In der EU wird am Montag über ein Embargo verhandelt.

Durch die Druschba-Pipeline fließt Öl aus Russland nach Deutschland. In der EU wird am Montag über ein Embargo verhandelt.

Brüssel. Das geplante Ölembargo gegen Russland steht auf der Kippe: Zwar wollten die Staats- und Regierungschefinnen und -chefs der EU am Montag ihren heftigen Streit um neue Sanktionen gegen Russland mit einem klassischen Brüsseler Kompromiss lösen. Doch Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban, der das Ölembargo seit Wochen blockiert, machte zu Beginn des EU-Sondergipfels in Brüssel klar: „Momentan gibt es keine Einigung.“

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EU-Kommissions­präsidentin Ursula von der Leyen sagte, die Wahrscheinlichkeit, dass es innerhalb der nächsten 48 Stunden zu einer Einigung auf das sechste Sanktionspaket gegen Russland kommen werde, sei „nicht sehr hoch“. Der Schlüssel zum Erfolg sei eine einheitliche Vorgehensweise der EU. Diese zeichnete sich allerdings zunächst nicht ab.

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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gab sich optimistischer als von der Leyen. Er sagte: „Niemand kann vorhersagen, ob es dann tatsächlich der Fall sein wird. Aber alles, was ich höre, klingt danach, als ob es einen Konsens geben könnte.“

EU-Diplomaten rechneten für den Montagabend mit stundenlangen Debatten. Der über eine Videoleitung zugeschaltete ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj forderte die EU-Staats- und Regierungschefs auf, schnell ein umfassendes Öl-Embargo zu verhängen.

Doch ein kompletter Importstopp schien vom Tisch. Gestritten wurde aber selbst über einen Kompromissvorschlag, wonach vorerst nur die Einfuhr von russischem Öl per Schiff verboten werden sollte. Pipeline-Lieferungen dagegen sollten zunächst weiter möglich bleiben.

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Orban nannte das „einen guten Ansatz“. Er forderte allerdings Garantien, dass sein Land weiterhin Öl erhalte, sollte es zu einem kriegsbedingten Unfall an der Druschba-Pipeline in der Ukraine kommen. Durch diese Pipeline bezieht Ungarn Öl aus Russland.

Von der Leyen hatte Anfang Mai vorgeschlagen, dass die EU-Staaten künftig gar kein Öl mehr aus Russland beziehen. Der Importstopp für Rohöl solle binnen sechs Monaten umgesetzt werden, der von raffiniertem Öl binnen acht Monaten. Für Ungarn und die Slowakei sollte eine Übergangsfrist von 20 Monaten gelten.

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Unmittelbar darauf hatte allerdings Ungarns Regierungschef Orban diesen Vorschlag zurückgewiesen und eine Einigung blockiert. Ungarn, das keinen Zugang zum Meer hat, sei auf Öllieferungen aus Russland durch die Druschba-Pipeline angewiesen.

Deutschland stoppt Ölimporte unabhängig von EU-Embargo

Über die Pipeline wird Öl aus Russland zu Raffinerien in Ungarn, der Slowakei und in Tschechien sowie in Polen und im brandenburgischen Schwedt geliefert. Deutschland und Polen wollen allerdings auch ohne Embargo bis Ende dieses Jahres unabhängig von russischen Öllieferungen werden. Dieses Ziel bekräftigte Bundeskanzler Olaf Scholz am Montag erneut. Er sagte, man schreite in hohem Tempo voran.

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Deutschland hat sich lange gegen ein EU-Embargo auf russisches Öl gestemmt. Jetzt hält die Bundesregierung die Folgen für verkraftbar.

In der EU müssen Sanktionen einstimmig beschlossen werden, was der ungarischen Regierung ein enormes Druckmittel gibt. Orban forderte zuletzt finanzielle Hilfe von der EU, um die ungarische Ölinfrastruktur umzubauen. Es werde bis zu 550 Millionen Euro kosten, um die Raffinerien in Ungarn auf Öl umzustellen, das nicht aus Russland kommt. Zusätzlich kommen nach Angaben aus Budapest 200 Millionen Euro für eine Pipeline von der Adriaküste in Kroatien nach Ungarn.

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Mit einem Verbot von Öllieferungen per Schiff könnte die EU zwei Drittel des russischen Öls blockieren. Allerdings würde dann immer noch ein Drittel des russischen Öls per Pipeline in die EU fließen. Kommissions­präsidentin von der Leyen sagte, die „Kriegskasse Putins“ dürfe nicht länger von den EU-Staaten befüllt werden.

Probleme mit dem Kompromiss­vorschlag haben auch die Niederlande. Sie befürchten Wettbewerbs­nachteile, wenn einige EU-Staaten weiterhin russisches Pipelineöl erhalten. Schließlich werde der Hafen Rotterdam weniger Geschäft machen, wenn Lieferungen per Schiff verboten seien, so die Regierung in Den Haag.

Das Ölembargo ist der wichtigste Bestandteil des sechsten Sanktionspakets der EU gegen Russland. Darin sind auch erstmals Sanktionen gegen die größte russische Bank, die Sberbank, enthalten. Sie soll vom internationalen Banken­kommunikations­system Swift abgeklemmt werden. Weiter nicht mit Sanktionen belegt ist dagegen die Gazprombank. Über dieses Geldinstitut wickelt Europa seine Gasgeschäfte mit Russland ab.

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