Facebook und Co.: Der Kampf gegen Hass im Netz stockt
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Facebook und andere soziale Netzwerke sollen strafbare Inhalte ab dem 1. Februar an das Bundeskriminalamt melden, statt sie lediglich zu löschen. Dagegen gehen die Betreiber derzeit juristisch vor.
© Quelle: Andrea Warnecke/dpa
Berlin. Die für den 1. Februar geplante Umsetzung der Meldepflicht strafbarer Inhalte von Betreibern sozialer Netzwerke an das Bundeskriminalamt (BKA) droht ins Stocken zu geraten. Das bestätigte eine Sprecherin des Bundesjustizministeriums dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Grund seien Anträge auf einstweilige Anordnung gegen das Gesetz von Facebook und Google beim Verwaltungsgericht Köln.
Zwar hätten die Anträge „keine aufschiebende Wirkung“, sagte die Sprecherin dem RND. Das Ministerium habe jedoch im August gegenüber beiden Konzernen erklärt, dass es die geplanten Maßnahmen „bis zur Beendigung des Eilverfahrens aussetzen wird“.
Das geänderte Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) sieht vor, dass soziale Netzwerke Morddrohungen und andere Delikte nicht mehr wie derzeit löschen, sondern dem BKA anzeigen müssen. Die Wiesbadener Behörde hat entsprechende Vorbereitungen getroffen und eine „Zentrale Meldestelle für strafbare Inhalte im Internet“ mit etwa 200 Beamtinnen und Beamten aufgebaut. Diese Meldestelle kann sich aber ab dem 1. Februar vorerst nur jenen strafbaren Inhalten widmen, die ihr von anderen sozialen Netzwerken angezeigt werden, nicht denen von Facebook und Google.
Das gilt nach RND-Informationen so lange, bis das Kölner Verwaltungsgericht die Entscheidung im Eilverfahren getroffen hat. Sollte diese zugunsten der Konzerne ausgehen, würde die Arbeit der Meldestelle voraussichtlich komplett ruhen, bis das Gericht in der Hauptsache entscheidet.
Zuletzt hatte es in Regierungskreisen Unmut gegeben, weil die Anträge auf einstweilige Anordnung schon im Juli ergangen sind, ohne dass das Gericht bis jetzt reagiert hätte. Nun heißt es, die Eilentscheidung werde wohl spätestens im Februar fallen.
Facebook und Google halten es für unverhältnismäßig, alle Posts selbst auf Strafbarkeit prüfen und sie im Zweifel an das BKA weiterleiten zu müssen. Da die alte Koalition mit dem NetzDG und der Anzeigepflicht Neuland betreten hat, steht eine juristische Grundsatzentscheidung an, die durchaus zulasten des Gesetzgebers ausfallen könnte.
Abgesehen davon arbeitet die Europäische Union an einem Digital Services Act, mit dem grundsätzlich neue Regeln für große Plattformbetreiber geschaffen werden sollen. Das hätte Konsequenzen auch für Deutschland.
Über die Strafbarkeit einzelner Inhalte hat in Deutschland die Justiz zu entscheiden und nicht, wie im Gesetz vorgesehen, private Unternehmen.
Konstantin Kuhle,
FDP-Vizefraktionschef
FDP-Vizefraktionschef Konstantin Kuhle sagte dem RND: „Mit Blick auf die neue Meldepflicht für soziale Netzwerke ist Skepsis angebracht. Denn das Netzwerkdurchsetzungsgesetz enthält weiterhin einen entscheidenden Webfehler: Über die Strafbarkeit einzelner Inhalte hat in Deutschland die Justiz zu entscheiden und nicht, wie im Gesetz vorgesehen, private Unternehmen.“
Diese unterlägen einem Interessenkonflikt, weil sie von der Reichweite und Geschwindigkeit der Äußerungen auf ihren Plattformen selbst profitierten und gleichzeitig als Schiedsrichter auftreten sollten, so Kuhle weiter. Unter dieser Doppelfunktion leide die Freiheit im Internet.
Kuhle betonte: „Deshalb kann das Netzwerkdurchsetzungsgesetz nicht so bleiben, wie es ist.“ Die Justiz müsse eine stärkere Rolle bekommen.