Früherer DDR-Ministerpräsident Hans Modrow ist tot
Modrow stand von November 1989 bis April 1990 an der Spitze des Ministerrats und war damit der letzte Ministerpräsident der Staatspartei SED.
© Quelle: Reuters
Berlin. Der letzte DDR-Ministerpräsident der Staatspartei SED, Hans Modrow, ist tot. Er starb in der Nacht zum Samstag im Alter von 95 Jahren, wie die Linke im Bundestag mitteilte. „Damit verliert unsere Partei eine bedeutende Persönlichkeit“, erklärten der Fraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch und der frühere Fraktionschef Gregor Gysi. Von November 1989 bis April 1990 lenkte Modrow die Geschicke der DDR. Er verhandelte nach dem Fall der Mauer die ersten Annäherungsschritte mit der Bundesregierung.
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Der langjährige SED-Funktionär und spätere PDS- und Linken-Politiker galt als überzeugter Sozialist, der sich zu DDR-Zeiten ein kleines Stück kritische Distanz zur allmächtigen SED bewahrt hatte. In den 1970er-Jahren wurde Modrow deshalb aus der Machtzentrale Berlin weg als 1. Bezirkssekretär in die Provinz nach Dresden geschickt. Nach dem Fall der Mauer qualifizierte ihn das für Führungsaufgaben in der sich erneuernden SED. Nur vier Tage danach wurde Modrow am 13. November 1989 zum Vorsitzenden des Ministerrates der DDR als Nachfolger von Willi Stoph gewählt – für rund 150 Tage.
Linken-Vorsitzende würdigen Hans Modrow
Die Linken-Vorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan haben den gestorbenen früheren DDR-Ministerpräsidenten Hans Modrow am Samstag als prägende Gestalt der deutschen Geschichte gewürdigt. Ohne ihn wäre der friedliche Verlauf der Revolution 1989 nicht möglich gewesen, schrieben Wissler und Schirdewan in einem Nachruf. „Maßgeblich prägte er auch die Geschichte unserer Partei.“
„Hans Modrow wird in unserer Partei als überzeugter Sozialist, aufrechter Mensch und wichtige Persönlichkeit fehlen.“
Janine Wissler und Martin Schirdewan
Im Zentrum seines Handelns hätten sein unermüdliches politisches Engagement, seine große Verbundenheit mit seiner Partei und dem Osten Deutschlands sowie sein Einsatz gegen Faschismus und Neofaschismus gestanden. „Internationale Solidarität und der Einsatz für Frieden leiteten ihn“, schrieben Wissler und Schirdewan weiter. „Hans Modrow wird in unserer Partei als überzeugter Sozialist, aufrechter Mensch und wichtige Persönlichkeit fehlen.“
„Friedlicher Verlauf der Deutschen Einheit bleibt sein Vermächtnis“
Bei den ersten freien Volkskammerwahlen am 18. März 1990 verlor die SED-PDS die Macht und Modrow einen Monat später sein Amt. Ihm folgte als letzter Ministerpräsident der DDR bis zur Wiedervereinigung der CDU-Politiker Lothar de Maizière.
In seiner fünfmonatigen Amtszeit versuchte Modrow mit seinem Drei-Stufen-Plan noch, ein Stück DDR zu retten. Als Preis für die deutsche Einheit forderte er eine militärische Neutralität des neuen Staates. Im März 1990 gründete seine Regierung die Treuhandanstalt, die den Übergang von der Plan- in die Marktwirtschaft organisieren sollte. Mit dem sogenannten Modrow-Gesetz ermöglichte der DDR-Ministerpräsident zahlreichen Haus- und Hof-Besitzern, die Grundstücke, auf denen ihre Häuser standen und die oft nach dem Krieg enteignet worden waren, sehr preiswert zu kaufen.
Der gesamte friedliche Verlauf der Herstellung der Deutschen Einheit war gerade ein besonderes Verdienst von ihm. Das wird sein politisches Vermächtnis bleiben.
Dietmar Bartsch und Gregor Gysi
Nach der Wiedervereinigung saß Modrow von 1990 bis 1994 für die PDS im Deutschen Bundestag und vertrat sie von 1999 bis 2004 im Europaparlament. Den neuen Staat sah der Sozialist durchaus kritisch. Zu schnell sei die deutsche Einheit vollzogen worden, zu bedingungslos sei die DDR untergegangen, und zu einseitig sei sie als „Unrechtsstaat“ verdammt worden, rügte Modrow in vielen Interviews. Als Mann der alten Garde trauerte er den einstigen kommunistischen Idealen der DDR hinterher.
Bis ins hohe Alter beriet er die Linke als Vorsitzender deren Ältestenrats. Er machte dabei deutlich, dass er sich als früherer Ministerpräsident „weiter in Verantwortung auch den ehemaligen DDR-Bürgern gegenüber“ sehe.
RND/dpa