Greenpeace-Chef Kaiser: Greenwashing von Atomkraft und Erdgas zerstört Glaub­würdig­keit der EU

Martin Kaiser, geschäftsführender Vorstand von Greenpeace Deutschland.

Martin Kaiser, geschäftsführender Vorstand von Greenpeace Deutschland.

Berlin. Die für diesen Mittwoch erwartete Entscheidung der EU-Kommission zur Nachhaltigkeits­einstufung von Kernenergie und Erdgas wird von deutschen Klimaexpertinnen und -experten scharf attackiert.

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Martin Kaiser, geschäftsführender Vorstand von Greenpeace Deutschland, sagte dem Redaktions­Netzwerk Deutschland (RND), es sei grotesk, Atomkraft und Erdgas als nachhaltig zu erklären.

„Atomenergie produziert Atommüll und birgt die Gefahr schwerer Unfälle, Erdgas verursacht extrem klimaschädliche Methan- und CO₂-Emissionen“, so Kaiser. „Atomkraft und fossiles Gas als nachhaltig einzustufen ist Greenwashing und zerstört die Glaub­würdig­keit der Taxonomie und der EU.“

Der Greenpeace-Chef sagte, es reiche nicht aus, wenn sich die Bundes­regierung gegen Atomenergie in der Taxonomie ausspreche. „Wenn es Olaf Scholz, Robert Habeck und Christian Lindner wirklich ernst meinen mit Umwelt- und Klimaschutz, müssen sie sich jetzt um eine Mehrheit gegen die Einbeziehung sowohl von Atom als auch fossilem Gas in die Taxonomie bemühen. Sollte das nicht gelingen, muss sich Deutschland der von Österreich und Luxemburg angekündigten Klage gegen die Taxonomie anschließen.“

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Auch Dirk Messner, Präsident des Umwelt­bundes­amtes (UBA), kritisiert das Vorgehen der EU-Kommission. „Gaskraftwerke werden eine Übergangsrolle bei der Transformation hin zu einem nachhaltigen und erneuerbaren Energiesystem spielen. Die Aufgabe der Taxonomie ist es jedoch, nachhaltige Wirtschafts­aktivitäten zu identifizieren. Dazu zählen Gaskraftwerke nicht.“

Ziel der Taxonomie sei es, für die Finanzmärkte Transparenz und Klarheit zur Nachhaltigkeit von Investitionen zu schaffen sowie dringend benötigte Mittel in die sozial-ökologische Transformation des Wirtschafts­systems zu lenken. „Diese Klarheit geht verloren, wenn Atomkraft und Gas einbezogen werden“, so UBA-Präsident Messner.

„Beide Technologien sind aus Sicht vieler Investoren nicht nachhaltig. Damit würde die Funktionsfähigkeit der gesamten Taxonomie – und damit ihre Verwendung durch die Finanzmärkte – massiv eingeschränkt“, warnt der Umweltexperte. „Die EU riskiert ihre internationale Vorreiterrolle, da die Taxonomien vieler anderer Länder Gas und Atom von nachhaltigen Anlagen ausschließen.“

Die Bundesregierung lehnt die Pläne der EU-Kommission ab, Atomkraft mit in das Taxonomiesystem aufzunehmen. In der Stellungnahme weißt Berlin auf „mangelnde Sicherheits­anforderungen im Bereich der Atomkraft“ hin. Im Bereich Gas habe die Bundes­regierung Präzisierungs­hinweise an die Kommission gegeben, hieß es. So braucht es aus Sicht der Bundes­regierung gesonderte Grenzwerte, unter anderem für den Ersatz von alten durch neue Gaskraftwerke.

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Weil die Wasserstoff­produktion in den ersten Jahren noch nicht im vollen Hochlauf sei und zudem der grüne Wasserstoff auch für die Umstellung auf eine CO₂-neutrale Industrie­produktion gebraucht werde, sollten die Bedingungen für die Übergangsphase noch angepasst werden.

Die Taxonomie ist ein EU-weit gültiges System zur Klassifizierung von Finanz­produkten. Eine entsprechende Einordnung oder Bewertung (Taxonomie) soll dazu beitragen, private Investitionen zu mobilisieren und Anlegern und Investoren Orientierung zu geben, welche Aktivitäten dabei helfen, in den nächsten 30 Jahren klimaneutral zu werden.

RND

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