Grünen-Abgeordnete zu Flüchtlingen an polnischer Grenze: EU-Mitgliedsstaaten „einmal mehr erpressbar“

Bundespolizisten stehen neben einer Gruppe von Migranten, die zuvor über die deutsch-polnische Grenze gegangen waren.

Bundespolizisten stehen neben einer Gruppe von Migranten, die zuvor über die deutsch-polnische Grenze gegangen waren.

Berlin. Die Grünen-Bundestagsabgeordnete und Migrationsexpertin Luise Amtsberg hat vor dem Hintergrund der steigenden Anzahl an Flüchtlingen, die über Belarus nach Europa kommen, die Flüchtlingspolitik der EU kritisiert. „Das Versagen in der gemeinsamen Flüchtlingspolitik und die fehlende gerechte Verteilung von Schutzsuchenden macht die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union einmal mehr erpressbar“, sagte Amtsberg dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

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Der belarussische Diktator Lukaschenko missbrauche die Handlungsunfähigkeit der EU-Mitgliedsstaaten und das Leid der Menschen für seine machtpolitischen Spielchen. Amtsberg will Schengen als Raum der offenen Grenzen bewahren und stimmt daher der Feststellung des Bundesinnenministers Horst Seehofer zu, dass Grenzkontrollen an der Grenze zu Polen nicht die richtige Antwort auf die Erpressung seien. Seehofer hatte Forderungen nach temporären Grenzkontrollen am Mittwoch eine Absage erteilt und stattdessen für gemeinsame Streifen der deutschen und der polnischen Polizei auf der polnischen Seite der Grenze geworben.

Zustimmung aus Grenzbundesländern

„Polen, Litauen und Lettland sind nach dem geltenden Dublin-System für die Asylverfahren der aus Belarus ankommenden Schutzsuchenden zuständig“, betonte Amtsberg. „Um diese Länder zu entlasten, sollte ein Kontingent der Asylsuchenden nach vorheriger Registrierung durch ein Relocationprogramm in der gesamten EU verteilt werden. So kann die EU ihre Handlungsfähigkeit unter Beweis stellen und den Erpressungsversuchen begegnen, ohne dabei den Zugang zu einem fairen Asylverfahren zu untergraben.“

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Zustimmung erhielt Seehofer auch aus Brandenburg. Landesinnenminister Michael Stübgen (CDU) sagte dem RND: „Ich begrüße den Vorschlag des Bundesinnenministers zu gemeinsamen Grenzbegehungen der Bundespolizei mit der polnischen Polizei und Überlegungen zu Sanktionen gegen die Verantwortlichen.“ Weitere Schritte müssten aber folgen – hier werde auch die neue Bundesregierung gefordert sein. Wichtig sei für ihn: „Wir dürfen vor allem unsere polnischen Nachbarn nicht mit dem Problem alleinlassen.“

Für Brandenburg sei auch die zentrale Registrierungsstelle entscheidend, die er in der vergangenen Woche mit dem Bundesinnenminister vereinbart habe. „Sie wird von Bundespolizei und Bamf eingerichtet und bedeutet eine enorme Entlastung für Brandenburg.“ Grenzkontrollen oder gar Grenzschließungen, sagte Stübgen, würden das tägliche Leben für zigtausend Deutsche und Polen in der Grenzregion enorm belasten.

Ähnlich sieht das auch Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Torsten Renz (CDU). Renz sagte dem RND, er halte Grenzkontrollen zum Nachbarland Polen „für rechtlich höchst zweifelhaft und derzeit auch nicht erforderlich“. Die zuständige Bundespolizei sei professionell aufgestellt und stehe im engen Austausch mit der Landespolizei Mecklenburg-Vorpommern.

Bundespolizeigewerkschaft fordert weiter Grenzkontrollen

Thomas Rechentin, Amtschef im sächsischen Innenministerium erklärte: „Fakt ist, dass das Problem der staatlich organisierten Schleusung durch Belarus nicht an der sächsisch-polnischen Grenze gelöst werden kann. Das hat Bundesinnenminister Horst Seehofer während der heutigen Bundespressekonferenz noch einmal deutlich gemacht.“ Nur auf EU- und Bundesebene könne das Problem gelöst werden. „Dazu ist eine Sicherung der europäischen Außengrenzen und das gemeinsame Einwirken auf Belarus notwendig.“

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Die sächsische Polizei werde die Bundespolizei weiterhin bei allen Maßnahmen unterstützen – „auch falls Grenzkontrollen, die wir weiterhin nicht ausschließen, zu einem späteren Zeitpunkt notwendig werden sollten“.

Solche temporären Grenzkontrollen hatte die Bundespolizei­gewerkschaft in der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) in den vergangenen Tagen gefordert. Auch nach Seehofers Pressekonferenz von Mittwoch bleibt deren Vorsitzender Heiko Teggatz bei dieser Forderung und zeigte sich von der Entscheidung der Bundesregierung gegen Grenzkontrollen enttäuscht.

Er sehe nach wie vor die Gefahr, „dass sich die Situation weiter zuspitzen wird“, sagte Teggatz dem RND. Gemeinsame Streifen seien sicherlich sinnvoll. „Aber es fehlt an rechtlichen Grundlagen für eine Zurückweisung der illegalen Migration.“

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