Wie realistisch ist die Verkehrswende im Güterverkehr?
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Ein Bild, das man hierzulande oft sieht: Lastwagen im Stau (Symbolfoto).
© Quelle: Robert Michael/dpa
Regelmäßig lässt sich auf Deutschlands Autobahnen die gleiche Szene beobachten: Dicht an dicht reihen sich Lastwagen, die Güter von A nach B transportieren, auf der rechten Fahrspur.
Der Lkw-Anteil am Güterverkehr liegt hierzulande bei mehr als 70 Prozent, während die Schiene ungefähr 18 Prozent am Gesamtaufkommen ausmacht. Die Ampel plant, das zu ändern: Bis 2030 soll der Schienengüterverkehr auf 25 Prozent ansteigen.
Bessere Klimabilanz
Der Hintergrund: Je mehr Güter auf der Schiene transportiert werden, desto weniger müssen über die Straße mithilfe von schmutzigen Verbrennern befördert werden. Die Klimabilanz würde sich deutlich verbessern.
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Doch es werden Zweifel aus der Opposition und Branche laut, ob der geplante Aufwuchs des Schienenverkehrs im angedachten Zeitplan umsetzbar ist. Das Ziel der Ampel sei nicht erreichbar, sagt Unionsfraktionsvize Ulrich Lange (CSU) dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). So müsste der Güterverkehr auf der Schiene in den nächsten sieben Jahren massiv ansteigen. „Das ist aber unter den gegebenen Vorzeichen unrealistisch“, warnt der CSU-Verkehrsexperte. So sei das Schienennetz der Bahn vielfach veraltet und schon jetzt völlig überlastet. „Das hängt auch damit zusammen, dass der Personenverkehr der Bahn immer mehr zunimmt. Auf bestimmten Strecken stehen Güterzüge viel im Stau, weil sie Personenzüge in der Regel vorlassen“, betont Lange.
Der CSU-Politiker ist mit seinen Befürchtungen nicht allein. Zwar hält der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) das Ziel der Regierungskoalition grundsätzlich für erreichbar, doch unter den jetzigen Voraussetzungen sei man skeptisch, sagte VDV-Vizepräsident Joachim Berends diese Woche. Die Politik müsse bessere Rahmenbedingungen schaffen, forderte er und zählte unter anderem beschleunigtes Planen und Bauen sowie Beseitigungen von Engpässen im Netz auf.
Streit über beschleunigtes Bauen
Allerdings streiten sich Grüne und FDP aktuell darüber, welche Verkehrsträger von Beschleunigung profitieren sollen. Einig sind sie sich zwar darin, dass auch Schienenprojekte schneller gebaut werden sollen. Aber bei Straßenprojekten gibt es keinen Konsens – und solange dieser nicht gefunden ist, gibt es bei der Schiene ebenfalls keine Verbesserungen.
Sollte es doch zeitnah zur Einigung kommen, ist nicht ausgeschlossen, dass der Schienen-Straßen-Streit in den nächsten Jahren immer wieder aufflammen wird. Berends vom VDV hofft, dass zukünftig nicht die „ideologischen Fragen“ im Mittelpunkt stehen werden. Er ist aber optimistisch, dass der Druck des Marktes und der Menschen, die klimafreundliche Mobilität wollen, die Politik treiben werde.
Und es gibt noch andere Herausforderungen: Da wäre neben dem angestrebten Anstiegs der Fahrgastzahlen im Fernverkehr auch die Korridorsanierung des Bahnnetzes. Sie wird dazu führen, dass manche Strecken zeitweise nicht mehr befahrbar sind. Zudem glaubt Lange von der CSU, dass für viele Logistikunternehmen der Lkw die beliebtere Wahl bleiben werde. „Für die meisten Unternehmen wird der Lkw als Gütertransportmittel immer attraktiver bleiben als der Zug. Er ist zeitlich flexibel und bringt Waren von Tür zu Tür. Das kann ein Zug einfach nicht leisten“, sagt der Bundestagsabgeordnete.
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Große Energiepläne: Wasserstoff-Pipeline von Bornholm zur deutschen Ostseeküste geplant
Eine 140 Kilometer lange Pipeline für Wasserstoff nach Lubmin: Der Gasnetzbetreiber Gascade und dänische Partner planen ein Megaprojekt für den Umstieg einer klimaneutralen Energieversorgung in Deutschland. Im Mittelpunkt steht wieder einmal der Ort an der Ostseeküste.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing zitierte jüngst neueste Erhebungen, wonach der Straßengüterverkehr statt zu sinken ansteigen wird. Der FDP-Politiker will die Straße aber klimaneutral nutzen, etwa mithilfe von synthetischen Kraftstoffen und E-Lkw.
Grüne fordern mehr Investitionen
Den Grünen reicht das nicht aus. Sie drängen auf mehr Investitionen in die Schiene. Sie müsse digitalisiert und elektrifiziert werden, fordert der verkehrspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Stefan Gelbhaar. „Das führt zu höheren Kapazitäten, zudem wird die Bahn – auch mit Gütern – schneller. Es muss endlich deutlich mehr in die Schieneninfrastruktur investiert werden, in Weichen, neue Gleise, Umschlagterminals.“
Dass die Straße weiterhin zentral für den Güterverkehr sein wird, geht an den Grünen aber offenbar nicht vorbei. So drängt Gelbhaar auf die rasche Einführung eines CO₂-Zuschlags bei der Lkw-Maut: „Noch in diesem Jahr muss die Lkw-Maut so novelliert werden, dass die Schiene nicht mehr benachteiligt ist, insbesondere durch eine konsequente CO₂-Komponente.“