Im Überblick: So läuft die Impfpflicht­diskussion in anderen Ländern

Der britische Premierminister Boris Johnson (links) und der französische Präsident Emmanuel Macron.

Der britische Premierminister Boris Johnson (links) und der französische Präsident Emmanuel Macron.

London/Paris/Berlin. Eine umfassende Impfpflicht soll es in Deutschland geben – wenn es nach dem Willen des Kanzlers geht. Für die Beratungen setzt Olaf Scholz (SPD) nach viel Kritik an seinem Kurs nun auf Tempo. Doch konkrete Anträge lassen weiter auf sich warten. Und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD verzichtet auf einen eigenen Vorschlag für eine allgemeine Impfpflicht, wie er dem Nachrichtenportal „The Pioneer“ sagte.

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Aber nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen Ländern wächst der Druck auf Ungeimpfte – und dabei spielt nicht immer die Impfpflicht eine Rolle, in Teilen aber durchaus. Ein Überblick.

Frankreich: Ungeimpfte unter Druck

Menschen in medizinischen oder Pflegeberufen, Feuerwehrleute oder Rettungskräfte müssen in Frankreich bereits seit Herbst geimpft sein. Eine allgemeine Impfpflicht gibt es nicht – doch spätestens seit Präsident Emmanuel Macron kürzlich sagte, er wolle alle Ungeimpften bis aufs Letzte piesacken und dabei einen oft gebrauchten, aber vulgären Ausdruck verwendete, ist klar, dass es für die Betroffenen noch ungemütlicher wird.

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Derzeit ringt der Senat als zweite Parlamentskammer noch um den Beschluss eines Gesetzes, das den seit Sommer geltenden „Gesundheitspass“ mit einem „Impfpass“ ersetzt. Noch Mitte Januar soll er in Kraft treten und dann wird der Zugang in Cafés, Restaurants, Flugzeuge oder Fernzüge nur noch mit vollständiger Impfung möglich sein – ein negativer Test reicht nicht mehr. Die Auffrischung ist spätestens sieben Monate nach der letzten Impfung Pflicht.

Gegen diese Maßnahmen und Macrons rüde Worte demonstrierten am Wochenende mehr als 100.000 Menschen landesweit. Allerdings befürwortet eine Mehrheit der Bevölkerung von 63 Prozent den „Gesundheitspass“, zumal sich die Corona-Lage in Frankreich zuspitzt. In der vergangenen Woche wurden bis zu 330.000 neue Infektionen an einem Tag gemeldet. In 86 Prozent der Fälle handelt es sich inzwischen um die Omikron-Variante. (Birgit Holzer, Paris)

Großbritannien: keine allgemeine Impfpflicht in Sicht

Während in vielen Ländern Europas eine Impfpflicht für die Bevölkerung diskutiert wird, beschränkt sich Boris Johnson in Großbritannien bislang vor allem darauf, eingefleischten Gegnern der Corona-Schutzmaßnahmen vorzuwerfen, „Mumbo-Jumbo“, Unfug, zu reden. Gesetze, die Menschen dazu zwingen, sich einen Piks zum Schutz gegen Covid-19 in den Arm geben zu lassen, gibt es bislang nicht.

Lediglich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des nationalen Gesundheitssystems NHS, die an vorderster Front arbeiten und Personen, die in der Sozialfürsorge tätig sind, müssen sich ab April dieses Jahres gegen das Virus impfen lassen, wenn sie ihre Arbeitsstelle behalten wollen. Gleichzeitig werden die Diskussionen darüber, ob man gegen diejenigen, die sich hartnäckig weigern, härter vorgehen soll, lauter. Denn auch in Großbritannien erkranken laut Statistik vor allem diejenigen schwer, die nicht geimpft sind und setzen damit den NHS massiv unter Druck.

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Gegen die Einführung einer Impfpflicht spricht Beobachtern zufolge jedoch, dass eine solche – im Unterschied zu anderen europäischen Ländern wie beispielweise Italien – in Großbritannien keine Tradition habe und damit auch politisch schwer durchsetzbar sei. Außerdem sei die Impfkampagne gut organisiert und die Impfquote deshalb relativ hoch. Medizinerinnen und Mediziner sowie Psychologinnen und Psychologen im Königreich empfehlen deshalb bislang, dass man die Menschen weiterhin nur mit guten Argumenten zu einem Piks bewegen sollte. (Susanne Ebner, London)

Italien: Impfpflicht für über 50-Jährige

Angesichts explodierender Fallzahlen hat die italienische Regierung vergangene Woche als erstes großes Land in Europa eine generelle, berufsunabhängige Impfpflicht für über 50-Jährige beschlossen – davon betroffen sind 2,3 Millionen Italienerinnen und Italiener, die sich bislang noch nicht geimpft haben.

Eine altersunabhängige Impfpflicht besteht in Italien seit Längerem für die Lehrerschaft, für Beschäftigte im Gesundheitsbereich sowie für Angehörige der Sicherheitskräfte. (Dominik Straub, Rom)

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Griechenland: Impfpflicht für über 60-Jährige

Für alle Menschen über 60 Jahre hatte die griechische Regierung Ende November eine Impfpflicht verkündet, die von 16. Januar an mit einem monatlichen Bußgeld von 100 Euro bei Verstößen forciert werden soll. Die Zahl der Erstimpfungen in der betreffenden Altersgruppe ist seither sprunghaft angestiegen. Darüber hinaus gibt es Überlegungen, die Impfpflicht für alle Menschen über 50 Jahre einzuführen (Gerd Höhler, Athen)

Weitere Staaten

  • Österreich: In Österreich hat ein Gesetzentwurf für eine Impfpflicht für Menschen ab 14 Jahren eine Flut kritischer Reaktionen ausgelöst. Doch trotz der Bedenken, die auch von Richterinnen und Richtern sowie Expertinnen und Experten geäußert wurden, will Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) die Regelung wie geplant Anfang Februar einführen.
  • Russland: In Russland stellt sich Staatschef Wladimir Putin gegen eine landesweite Impfpflicht. Der Moskauer Bürgermeister Sergej Sobjanin ordnete aber am 16. Juni eine Art Impfpflicht für den Dienstleistungssektor an. Auch in St. Petersburg und anderen Gegenden führten die Behörden ähnliche Auflagen ein.
  • Ecuador: Die umfassendste Impfpflicht hat international Ecuador. Dort müssen sich alle Einwohnerinnen und Einwohner ab fünf Jahren impfen lassen. Das Gesundheitsministerium verkündete die Maßnahme kurz vor Weihnachten.
  • Indonesien: Bereits im Februar vergangenen Jahres führte das Land die Impfpflicht für Personen über 18 Jahren ein. Wer sich trotz Anordnung nicht impfen lässt, dem drohen Geldstrafen oder der Verlust von Sozialleistungen.

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