Integration von geflüchteten Kindern: Lehrergewerkschaften fordern konkreten Plan
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Die Schule ist wichtig für die Integration: Unterricht in einer Willkommensklasse für aus der Ukraine geflüchtete Kinder in Berlin.
© Quelle: Monika Skolimowska/dpa-Zentralbi
Berlin. Lehrergewerkschaften fordern die Politik auf, einen konkreten Plan für die Integration von geflüchteten Kindern aus der Ukraine vorzulegen und die Schulen für diese Aufgaben finanziell und personell besser auszustatten.
„Es ist gut, wenn die Vorsitzende der Kultusministerkonferenz, Karin Prien, jetzt sagt, wie groß die Herausforderung für die Schulen sein wird – und dass wir für 400.000 geflüchtete Schülerinnen und Schüler 24.000 Lehrkräfte bräuchten“, sagte der Vorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), Udo Beckmann, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Er ergänzte: „Jeder weiß: Diesen Zusatzbedarf werden wir bei Weitem nicht durch das Gewinnen ukrainischer Lehrkräfte abdecken können.“ Das würde auch schon bei weit geringeren Zahlen gelten, sagte er.
Beckmann forderte: „Da sich die personelle und räumliche Situation an den Schulen ständig weiter zuspitzt, erwarte ich von der Kultusministerkonferenz, dass sie nicht nur den Bedarf vorrechnet, sondern auch sagt, was sie konkret tun wird.“ Er sagte außerdem: „Die Politik darf nicht nach dem Prinzip Hoffnung darauf setzen, dass die Schulen und Kitas das schon alles irgendwie regeln werden.“ Zu Priens Vorschlag, unter anderem mehr pensionierte Lehrkräfte zu mobilisieren, sagte er, dieser Markt sei weitgehend ausgereizt.
Wir erwarten Antworten, wo die zusätzlichen Menschen herkommen sollen, die wir in den Schulen mehr denn je brauchen.
Udo Beckmann
, Verband Bildung und Erziehung
Der VBE-Chef betonte: „Wir erwarten Antworten, wo die zusätzlichen Menschen herkommen sollen, die wir in den Schulen mehr denn je brauchen.“ Beckmann fügte hinzu: „Oder die Politik erklärt der Gesellschaft endlich, welche Maßnahmen ergriffen werden und welche Einschränkungen im Bildungssystem auch möglicherweise hingenommen werden müssen, um das, was an Ressourcen vorhanden ist, gerecht zu verteilen.“
Der Lehrergewerkschafter warnte: „Wenn dies nicht umfassend und transparent geschieht, werden erneut Konflikte in die Schulen hineingetragen, kommen Schulleitungen und Lehrkräfte wie in der Pandemie in die Situation, sich gegenüber Eltern für etwas zu rechtfertigen, was sie nicht zu verantworten haben.“
Ruf nach multiprofessionellen Teams
Auch die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sagte dem RND: „Es ist gut, dass die Präsidentin der Kultusministerkonferenz (MKM), Karin Prien (CDU), einen realistischen Blick auf die Herausforderung hat, die ukrainischen Kinder und Jugendlichen in die Schulen zu integrieren.“ Sie forderte: „Die Schulen brauchen jetzt so zügig wie möglich zusätzliche finanzielle und personelle Ressourcen, um die Herausforderung zu meistern, perspektivisch mehrere Hunderttausend geflüchtete ukrainische Schülerinnen und Schüler zu integrieren.“
Bildung kann nicht warten, wenn Integration gelingen soll.
Maike Finnern
, GEW-Chefin
Finnern betonte: „Bund, Länder und Kommunen sind gefordert.“ Es müssten Willkommensklassen eingerichtet werden, die die Kinder und Jugendlichen so gut vorbereiten und unterstützen, dass diese schnell den Regelunterricht in den Schulen besuchen könnten. „Bildung kann nicht warten, wenn Integration gelingen soll.“
Dafür brauche es geeignete Räumlichkeiten und zusätzliche multiprofessionelle Teams, in denen Lehrkräfte, Schulpsychologen, Schulsozialarbeiterinnen und Erzieher eng und gut abgestimmt zusammenarbeiten, so Finnern. Zudem benötigten die Schulen mehr Lehrkräfte mit der Qualifikation „Deutsch als Zweitsprache“ und herkunftssprachliche Fachkräfte sowie Dolmetscher und Dolmetscherinnen, die helfen, Alltagsfragen zu klären, sagte sie.
Deutschland muss sich laut der Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Karin Prien (CDU), auf bis zu 400.000 geflüchtete Schüler und Schülerinnen einstellen und bräuchte dafür 24.000 Lehrkräfte. „Die Bundesregierung geht davon aus, dass eine Million Menschen aus der Ukraine nach Deutschland kommen könnten. Davon werden sicherlich 40 Prozent Schülerinnen und Schüler sein“, hatte Prien, die Bildungsministerin in Schleswig-Holstein ist, im Interview mit dem RND gesagt. „Das wären dann bis zu 400.000 junge Menschen, denen wir im deutschen Schulsystem erst einmal gerecht werden müssen.“
Prien hatte ausgeführt: „Wir rechnen, dass man ungefähr 60 Lehrkräfte pro 1000 Schüler braucht. Für 400.000 Kinder und Jugendliche aus der Ukraine bräuchten wir also 24.000 Lehrer.“ Dies gelte jedenfalls dann, wenn man im Bereich der Willkommensklassen weiter mit kleinen Gruppengrößen arbeite.