Italiens Linke streitet über Meloni
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Italiens Ministerpräsidentin: Giorgia Meloni.
© Quelle: IMAGO/ZUMA Press
Rom. „Meloni ist besser, als wir es erwartet haben. Die Wahrheit ist, dass sie stark ist und sie sich mit den Italienern in den Flitterwochen befindet“, erklärte Enrico Letta gegenüber der „New York Times“. Der abtretende Parteichef des sozialdemokratischen Partito Democratico (PD) – Letta hatte nach dem Wahlsieg der Rechten im vergangenen September seinen Rücktritt am nächsten Parteikongress in Aussicht gestellt – bezog sein Lob in erster Linie auf die Finanz- und Außenpolitik der Rechtsregierung von Giorgia Meloni: Sie habe mit ihrem ersten Staatshaushalt die europäischen Regeln eingehalten, und auch bezüglich des Kriegs in der Ukraine habe sie Wort gehalten und sei an der Seite Kiews und damit auch der westlichen Verbündeten geblieben.
Der linke Parteiflügel des PD hat auf Lettas Äußerungen mit Unverständnis und Protest reagiert. „Wie kann man eine Regierungschefin als stark bezeichnen, die – unter anderem – im Staatshaushalt die Steuerhinterziehung fördert, die tiefen Löhne ignoriert und mit ihrem Verhaltenskodex für private Rettungsboote internationales Recht verletzt?“, fragte sich der ehemalige Arbeitsminister Andrea Orlando. Aber kurz darauf legte der aussichtsreichste Kandidat für die Nachfolge Lettas an der PD-Spitze, Stefano Bonaccini, beim Lob Melonis noch nach: „Meloni ist keine Faschistin, sondern gewiss eine fähige Person – deren Ideen und Überzeugungen freilich weit weg von den meinen sind“, erklärte der Präsident der Region Emilia-Romagna, ein ehemaliger Kommunist und Sohn eines Lkw-Fahrers.
Der Streit zeigt auch: Italiens Linke ist hilflos und zerstritten
Der parteiinterne Streit um die Bewertung Melonis zeigt vor allem eines: Wie sehr die Linke Italiens fast fünf Monate nach dem Wahlsieg der Chefin der postfaschistischen Fratelli d‘Italia immer noch geschockt und auch ratlos ist. Die Hilflosigkeit und Zerstrittenheit wird noch dadurch verstärkt, dass sich die opportunistische Fünf-Sterne-Protestbewegung, die 2018 bis 2019 noch zusammen mit der rechtslastigen und fremdenfeindlichen Lega von Matteo Salvini eine Regierung gebildet hatte, sich nun in den Kopf gesetzt hat, den PD links zu überholen und sich als einzig wahre Alternative zu den Rechten zu etablieren. Die Konkurrenz innerhalb der Opposition hatte schon dazu geführt, dass PD und Fünf Sterne bei den Parlamentswahlen getrennt angetreten sind – was den Wahlsieg der Rechten erheblich begünstigt hatte.
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„Chinas rote Linien nicht überschreiten“
Seit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine befürchten manche, dass China dies als Vorbild für einen Einmarsch in Taiwan nehmen könnte. Wie sehen die Taiwanerinnen und Taiwaner selbst diese Entwicklung? Kann es jemals zu einer Normalisierung der Beziehungen zwischen Peking und Taipeh kommen? Der taiwanische Aktivist und Journalist Brian Hioe gibt im RND-Interview seine Einschätzungen.
Die Geschichte wiederholte sich bei den Regionalwahlen in Latium und in der Lombardei vom vergangenen Wochenende, bei denen die Opposition erneut getrennt angetreten ist und haushoch verlor. Der PD konnte sich, wie schon bei den Parlamentswahlen vom letzten Herbst, immerhin als klar stärkste Oppositionspartei behaupten, während die Fünf Sterne eine arge Schlappe einstecken mussten. „Die feindliche Übernahme des PD durch die Fünf Sterne und andere ist denjenigen schlecht bekommen, die sie versucht haben“, erklärte Letta. „Ich hoffe, dass das Wahlresultat endlich zur Einsicht führen wird, dass man Opposition gegen die Regierung und nicht gegen den PD machen sollte.“
Roms ehemaliger Bürgermeister: „Wir brauchen keine neuen Parteien, sondern eine echte Linke in Italien, heute mehr denn je“
Es ist wahrscheinlich, dass dies ein frommer Wunsch bleiben wird – zumal die Frage, ob man sich gegenseitig als strategische Partner betrachten solle oder eben gerade nicht, sowohl im PD als auch bei den Fünf Sternen weiterhin völlig ungeklärt ist und auf absehbare Zeit wohl auch bleiben wird. Und die Wahl eines neuen PD-Parteichefs oder einer neuen PD-Parteichefin am 26. Februar, bei der sich der Vertreter der alten Garde, Bonaccini, mit der „jungen Wilden“ Elly Schlein duellieren wird, könnte statt zu mehr Einigkeit genauso gut zu einer neuen Parteispaltung führen. Die schon jetzt praktisch inexistente Opposition gegen die am weitesten rechts stehende Regierung Italiens der Nachkriegszeit wäre dann vollends pulverisiert.
Der frühere Bürgermeister Roms, Walter Veltroni, richtete deshalb gestern einen fast schon dramatischen Appell an den von ihm im Jahr 2007 gegründeten PD: „Wir brauchen keine neuen Parteien, sondern eine echte Linke in Italien, heute mehr denn je. Offen und modern, selbstbewusst und inklusiv, nahe an den Menschen“, erklärte Veltroni, dem das Kunststück gelungen war, die katholisch-soziale Margherita-Partei mit den antiklerikalen, postkommunistischen Linksdemokraten zum PD zu fusionieren. Bei der Bewertung Melonis steht Veltroni auf der Seite von Enrico Letta: „Mit der Dämonisierung Melonis schafft man noch keine glaubwürdige Alternative.“