Delegation will Menschenrechte ansprechen

Innenministerin und DFB-Präsident in Katar: eine heikle Reise

Bundesinnenministerin Nancy Faeser und DFB-Präsident Bernd Neuendorf.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser und DFB-Präsident Bernd Neuendorf.

Berlin. Dass die Reise heikel sein würde, war von Anfang an klar. Ja, bis zuletzt gab es Zweifel, ob sie denn überhaupt zustande käme. Am Montagmorgen ist es nun so weit: Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes, Bernd Neuendorf, brechen nach Katar auf, um in dem Land, in dem in drei Wochen die Fußball-Weltmeisterschaft beginnt, auf die Einhaltung der Menschenrechte zu pochen.

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Eine fehlt allerdings: die dem Auswärtigen Amt zugeordnete Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Luise Amtsberg. Am Sonntag teilte die Grünen-Politikerin überraschend mit, die jüngsten Entwicklungen hätten verdeutlicht, wie schwierig es im Vorfeld der Fußball-WM sei, mit der katarischen Regierung „die von mir geplanten offenen und auch kritischen Gespräche über die Menschenrechtslage in Katar zu führen“. Zufall ist das nicht.

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Faeser und Neuendorf ziehen an einem Strang

Faeser – Sportministerin und Fan von Eintracht Frankfurt – hatte dem ARD-Magazin „Monitor“ zuletzt gesagt, es sei für die Bundesregierung „total schwierig“, dass die WM in Katar stattfinde. Bei der Vergabe internationaler Sportveranstaltungen müsse künftig stärker als bisher auf menschenrechtliche Aspekte geachtet werden. Daraufhin wurde der deutsche Botschafter in Doha ins Außenministerium einbestellt; man übermittelte ihm die Enttäuschung der Regierung über Faesers Worte. Der Emir von Katar, Tamim Bin Hamad Al Thani, beklagte ganz generell, das Land sehe sich einer beispiellosen Kampagne ausgesetzt, die noch kein Gastgeberland jemals erlebt habe.

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Die Reise der Ministerin in das Emirat ist nun der Versuch, dort einen politischen Fußabdruck zu hinterlassen. Dabei zieht Faeser mit Neuendorf – der früher Journalist, später Sprecher des SPD-Parteivorstandes und dann Staatssekretär in Nordrhein-Westfalen war – an einem Strang.

Wurden Gastarbeiter nach Hause geschickt?

Am ersten Tag soll es um die vielfach menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen in Katar gehen, denen vor allem Arbeiter aus Südasien zum Opfer fielen. Von mehr als 6500 Toten ist die Rede. Ein Gastarbeiter aus Nepal berichtete in der ARD-„Sportschau am Sonntag“, dass bis zu 700 Gastarbeiter kurz vor der WM gegen ihren Willen und trotz gültiger Arbeitsverträge in ihre Heimatländer zurückgeschickt worden seien – wohl damit kurz vor dem Start alles sauber wirkt. Das und mehr dürfte auch Dietmar Schäfers interessieren, Vizepräsident der Bau- und Holzarbeiter Internationale und Teil der Delegation.

Neuendorf hatte einen Entschädigungsfonds ins Gespräch gebracht. Darüber wird er in Katar mit dem Präsidenten des Fußballweltverbandes (Fifa), Gianni Infantino, sprechen. Infantino hat mittlerweile einen Nebenwohnsitz in Katar bezogen. Anstoß an den Verhältnissen nimmt er wohl eher nicht. Auch ein Gespräch Faesers mit Scheich Khalid bin Khalifa bin Abdulaziz Al-Thani, dem katarischen Premier- und Innenminister, steht auf dem Programm. Am Dienstag besucht die Delegation schließlich ein DFB-Projekt für Fußballerinnen, an dem Frauen aus verschiedenen Staaten der Region teilnehmen.

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„Veränderungen für Schwule und Lesben sollen dauerhaft gelten“

Und dann ist da noch Bernd Reisig, Vorsitzender der Initiative „Liebe kennt keine Pause – gegen Homophobie in Katar“ und ebenfalls Mitglied der Delegation. „Wenn man sich wie Katar eine Weltmeisterschaft ins Land holt, dann holt man sich auch Weltoffenheit und Toleranz ins Land“, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Tatsächlich wird Homosexualität in Katar immer noch mit Gefängnis bestraft, nach islamischem Recht sogar mit der Todesstrafe. Das kann man nicht hinnehmen. Wir wollen, dass homosexuelle Menschen sich bei der WM frei bewegen können und keine Angst haben müssen.“ Dabei sollten die Veränderungen für Schwule und Lesben nicht allein für die Dauer des Wettbewerbs gelten, sondern dauerhaft sein, so Reisig. Alles andere wäre „grausam“.

Ob ein Mitglied der Bundesregierung während der WM in Katar auf der Tribüne sitzen wird, ist übrigens noch offen. Es könnte auch vom Verlauf der Reise abhängen.

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