Spannungen zwischen Kosovo und Serbien: Lage auf dem Westbalkan macht Verantwortlichen Sorgen
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Polizisten sichern im Kosovo eine Brücke, im Hintergrund Sirenenalarm.
© Quelle: Festim Beqiri/TV7News /dpa
Berlin. Der Hohe Repräsentant für Bosnien und Herzegowina, Christian Schmidt, hat angesichts der jüngsten Spannungen zwischen dem Kosovo und Serbien und des russischen Angriffs auf die Ukraine dazu geraten, Konflikte auf dem Westbalkan „zeitnah zu beruhigen“. „Der Westbalkan insgesamt, nicht nur das Kosovo, ist eine Region, in der die internationale Gemeinschaft klarmachen muss, dass die territoriale Integrität souveräner Staaten nicht zur Verhandlung steht“, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Die Situation ist zugegebenermaßen kompliziert. Umso wichtiger ist, dass klare Signale der Deeskalation ausgesandt werden.“ Dabei solle zielorientiert vorgegangen werden.
Schmidt betonte, Konflikte wie der um die Anerkennung von Kfz-Kennzeichen oder Ausweisdokumenten seien pragmatisch lösbar, Deutschland habe hier durchaus praktische Erfahrung. Er fügte jedoch hinzu: „Bei allem darf nicht vergessen werden, dass der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine auch im Westbalkan dazu raten lässt, Konflikte zeitnah zu beruhigen und klaren Einsatz zur Problemlösung zu zeigen. Wer von Gebietstausch oder neuen Grenzziehungen fantasiert, muss wissen, dass er völlig falsche Ziele setzt. Im Kosovo-Serbien-Verhältnis bedarf es deshalb eines nachhaltigen Engagements der Europäischen Union.“
Nato-Friedensmission beidseitig akzeptiert
Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestages, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), sagte dem RND: „Wir sind natürlich sensibilisiert, was in der Nachbarschaft passiert. Auch im Kosovo spielt Russland eine Rolle, was den Einfluss von Serbien betrifft.“ Die Rolle der Nato-geführten Friedensmission Kfor sei wichtig und werde dort beidseitig akzeptiert. „Unsere Aufgabe wird es sein, diplomatisch und beharrlich darauf einzuwirken, dass eine friedliche Koexistenz vor Ort möglich ist und möglich bleibt. Es ist in unserem ureigenen Interesse, dass auf dem Westbalkan eine gewisse Ruhe herrscht.“
Demonstranten in den serbisch dominierten Gebieten im Norden des Kosovos hatten am Wochenende Straßen mit Barrikaden blockiert und Schüsse abgegeben, um gegen neue Regeln zu protestieren, die Ende Juli hätten in Kraft treten sollen. Stein des Anstoßes war die Regel, nach der etwa 10.000 Kosovo-Serben im Norden gezwungen werden sollten, ihre in der Vergangenheit von Serbiens Behörden ausgestellten Autokennzeichen durch kosovarische zu ersetzen beziehungsweise ihre Fahrzeuge umzuregistrieren.
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Das Kosovo plant zudem, serbischen Bürgern und Bürgerinnen bei der Einreise, für die bisher nur serbische Personalausweise verlangt wurden, ein visumähnliches Dokument auszustellen. Nun wurde die Einführung der Regeln bis zum 1. September verschoben. Der Balkanexperte Bodo Weber von der Denkfabrik Democratization Policy Council (DCP) sagte dem RND, vermutlich werde es im Laufe dieses Monates Verhandlungen in Brüssel geben.
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Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) nach der Sondersitzung des Verteidigungsausschusses. Man sei bereit, einzugreifen, sollte die Stabilität des Kosovo gefährdet sein.
© Quelle: Kay Nietfeld/dpa
Lambrecht ist bereit, einzugreifen
Weber sieht in den Unruhen Symptome eines seit Jahren ungelösten Statuskonflikts zwischen den beiden in die EU strebenden Ländern, der bis in das Jahr 1998 zurückreicht, als das Kosovo noch Teil Serbiens war und ein bewaffneter Aufstand der albanischen Bevölkerungsmehrheit blutig niedergeschlagen wurde. Ein Nato-Einsatz, mit dem die serbischen Truppen aus dem Kosovo vertrieben wurden, beendete den Krieg. Serbien weigert sich, die Unabhängigkeitserklärung des Kosovo von 2008 anzuerkennen.
Kfor teilte mit, man beobachte die Situation. Die Mission hat den Auftrag, im Kosovo ein sicheres Umfeld für den Aufbau einer zivilen Friedensordnung zu schaffen sowie für die öffentliche Sicherheit zu garantieren. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD), die am Mittwoch dem Verteidigungsausschuss des Bundestages Rede und Antwort stand, erklärte zuletzt, man sei bereit, einzugreifen, sollte die Stabilität des Kosovo gefährdet sein – wie es das Mandat vorsehe. An Kfor sind derzeit 80 Soldaten und Soldatinnen der Bundeswehr beteiligt.
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