Latuschka sieht Unruhen in Kasachstan in einer Reihe mit Ukraine und Belarus
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In Kasachstans Wirtschaftsmetropole Almaty kam es vergangene Woche zu Großdemonstrationen wegen der wirtschaftlichen Lage. Was zunächst friedlich begann, schlug später in massive Gewalt um.
© Quelle: imago images/ITAR-TASS
Berlin. Der belarussische Oppositionsführer Pawel Latuschka sieht die Unruhen in Kasachstan als Bestandteil einer Kette von Ereignissen, die nicht mehr aufzuhalten sind. „Es bricht alles zusammen wie ein Kartenhaus“, sagte Latuschka dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) mit Blick auf die Versuche Russlands zur Wiederherstellung eines Imperiums nach dem Modell der alten Sowjetunion.
Weder die in den ehemaligen Sowjetrepubliken herrschenden Eliten noch die Zivilgesellschaften wollten zurück in eine Abhängigkeit, aus der sie sich vor 30 Jahren mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion befreien konnten, sagte Latuschka, der früher belarussischer Kulturminister und Botschafter in Frankreich war.
Er stellt die Proteste in Kasachstan in eine Reihe mit der Maidan-Revolution in der Ukraine 2014 und deren „schwierigen und widersprüchlichen Weg zur Demokratie“ sowie den Massendemonstrationen 2020 in Belarus gegen die von Diktator Alexander Lukaschenko gefälschten Wahlen.
Latuschka räumt ein, dass die Gründe für das Aufbegehren der Menschen in den jeweiligen Ländern unterschiedlich sind. In Kasachstan sei es vor allem Unzufriedenheit mit der wirtschaftlichen Lage, ausgelöst durch die staatliche Verteuerung der Treibstoffpreise, sowie das Treiben der Oligarchie; in Belarus seien es manipulierte Wahlen, Repressionen und Gewalt gegen Andersdenkende gewesen.
Aber es gebe ein Problem, das für beide Systeme gleichermaßen zutreffend ist, nämlich dass die Menschen nicht die Möglichkeit hätten, die bestehenden Machtverhältnisse zu ändern, sagte Latuschka, der sich am Donnerstag und Freitag mit Politikern zu Gesprächen in Berlin traf.
Latuschka, der als Mitglied des Koordinierungsrates der belarussischen Opposition heute im polnischen Exil lebt, sieht Kasachstans Präsident Kassym-Schomart Tokajew unter Druck, Reformen anzustreben und die Beziehungen zu Europa auszubauen, wenn er nicht in eine ähnliche Isolation geraten wolle wie Lukaschenko.
Tokajew hatte im Zuge der teilweise gewaltsamen Unruhen mit vielen Toten und Verletzten den Langzeitherrscher Nursultan Nasarbajew als Chef des Sicherheitsrates und den Chef des Geheimdienstes Karim Massimow abgesetzt und wegen „Hochverrats“ inhaftiert. Expertinnen und Experten sprechen von einen Machtkampf an der Führungsspitze des Landes.
Die von Tokajew zu Hilfe gerufene Militärallianz unter Führung Russlands ist inzwischen auf dem Rückzug, nachdem sich die Lage zusehends stabilisierte. Letzten Angaben zufolge hat es mehr als 10.000 Festnahmen gegeben.